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Urteil nach Protest in LützerathMönch muss 140 Tagessätze à 30 Euro blechen

Der polizistenschubsende „Mönch von Lützerath“ wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Amtsrichter rechnet dem Aktivisten sein Geständnis hoch an.

Der Angeklagte Loic Schneider sitzt im Gerichtssaal Foto: Oliver Berg/dpa

Erkelenz taz | Der „Mönch von Lützerath“ ist am Mittwoch vom Amtsgericht Erkelenz zu 140 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt worden. Der Amtsrichter sagte: „Das Geständnis ist nicht hoch genug anzurechnen.“ Die Staatsanwältin hatte acht Monate Haft ohne Bewährung in dem Prozess gefordert.

Der Franzose, mit bürgerlichem Namen Loic S., 29 Jahre, hatte im Januar 2023 bei der großen Demo vor den Toren des besetzten Braunkohledorfs Lützerath in einer Franziskanerkutte Polizeibeamte in den Schlamm geschubst. Einem Polizisten soll er auch ein Bein gestellt haben.

Der Altenpfleger Loic S. hatte sein Tun zugegeben und auf die massive Polizeigewalt am selben Tag verwiesen. Die Ordenstracht habe er getragen, um damit „Spiritualität in den Widerstand“ zu tragen. Die Auseinandersetzungen um Lützerath seien für ihn Ausdruck eines „kollektiven Wagemuts gewesen, um das Dorf zu retten“.

Drei Polizeibeamte waren am Mittwoch als Zeugen geladen. Zwei hatten keine Verletzungen davongetragen. Einer entdeckte später „einen kleinen blauen Fleck an der linken Schulter“. Es blieb unklar, ob Loic S. dafür verantwortlich war. Eine Beamtin aus Magdeburg erzählte, sie habe „bis zu den Knien im Schlamm“ gesteckt: „Keine Verletzungen, keine Schmerzen, aber ich habe unter meinem Helm geweint, weil ich nicht rauskam“.

Zeuge spricht von prügelnden Beamten

Der Prozess kippte kurz in Richtung des Angeklagten, als Anselm Meyer-Antz, 65, aussagte. Der ehemalige Misereor-Mitarbeiter war für die Initiative „Kirche im Dorf lassen“ vor Ort. Er schilderte von prügelnden und beleidigenden Beamten. „Ich hatte den Eindruck, hier sollte eine Schlägerei initiiert werden.“ Auf einem Video im Gerichtssaal sah man später, wie Loic S. im Vorbeigehen von einem Polizeibeamten auf den Kopf geschlagen wurde.

Am nächsten Morgen, so Zeuge Meyer-Antz weiter, habe er im Camp nebenan in Keyenberg einen Gottesdienst geleitet: „Tiefe Bedrückung bei den jungen Menschen überall.“ Dann habe man das Mönchsvideo geguckt, da sei „ein Lächeln zurückgekommen“. Meyer-Antz: „Das ist der große Dienst, den der Mönch von Lützerath dem Land geleistet hat.“

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5 Kommentare

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  • "Er schilderte von prügelnden und beleidigenden Beamten. [,,,] Auf einem Video im Gerichtssaal sah man später, wie Loic S. im Vorbeigehen von einem Polizeibeamten auf den Kopf geschlagen wurde."

    Ich hoffe doch, keiner der pensionsberechtigten Beschützer wurde angeklagt oder am Ende gar zu 130 Tagessätzen verurteilt. Rechtsstaat. Rofl.

  • Wo kann man Geld für den jungen Mann spenden?

  • "Die Staatsanwältin hatte acht Monate Haft ohne Bewährung in dem Prozess gefordert."

    Das sagt vieles über unseren Staat !

  • taz: Der ehemalige Misereor-Mitarbeiter war für die Initiative „Kirche im Dorf lassen“ vor Ort. Er schilderte von prügelnden und beleidigenden Beamten. „Ich hatte den Eindruck, hier sollte eine Schlägerei initiiert werden.“

    Zum Glück werden solche Aussagen aber nicht beachtet und es wurde 'Recht' zugunsten des Kohlekonzern RWE Power 'gesprochen'. Das wäre ja auch noch schöner, wenn junge Klimaschützer nicht nur frech eine Zukunft für sich einfordern, sondern auch noch Polizeibeamte in den Schlamm schubsen.

    taz: Drei Polizeibeamte waren am Mittwoch als Zeugen geladen. Zwei hatten keine Verletzungen davongetragen. Einer entdeckte später „einen kleinen blauen Fleck an der linken Schulter“.

    Ein 'blauer Fleck', also eine entsetzliche Verletzung für so einen armen Polizisten, der noch sein ganzes Leben vor sich hat und durch den 'blauen Fleck' vielleicht niemals wieder den netten Kohlekonzern RWE Power vor solchen gewaltbereiten Aktivisten schützen kann. Und eine Beamtin habe sogar unter ihrem Helm geweint, weil sie nicht aus dem Schlamm herauskam. Wie man sieht, sind da fürchterliche Dinge vorgegangen.

    Selbst Ironie macht diese ganze Idiotie nicht besser. Es ist nur noch erbärmlich.

  • 8 Monate ohne Bewährung war eine völlig überzogene Forderung seitens der Staatsanwaltschaft.



    140 Tagessätze ist immer noch sehr viel meinem Verständnis nach - zumal selbst die betroffenen Beamten ausgesagt haben, dass sie, vom blauen Fleck und ein paar Tränen abgesehen, ohne körperliche Schäden geblieben sind. Das Urteil hat den Beigeschmack der späten staatlichen Rache.



    in Lützerath haben aus meiner Sicht sich Aktivisten wie Polizei gegenseitig hochgeschaukelt - das nun einseitig auf den Mönch abzuwälzen verträgt sich nicht mit meiner Auffassung vom Demonstrationsrecht.



    Kein gutes Urteil.