Urteil in den Niederlanden: Sea-Watch kann wieder retten

Der Versuch, den Seenotrettern die niederländische Flagge zu entziehen, hat das Schiff am Auslaufen gehindert. Jetzt will die NGO wieder fahren.

Ein Schlaucboot mit vielen Menschen, im Hintergrund nähert sich ein größeres Schiff

Sea-Watch im Einsatz Foto: ap

Das Schiff der Sea-Watch darf vorerst weiter unter niederländischer Flagge fahren. Die zivile Seenotrettungsorganisation klagte gegen neue Sicherheitsbestimmungen für die Schiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Diese gelten seit dem 2. April diesen Jahres, Sea-Watch wurde keinerlei Übergangszeit gewährt. Vor Gericht wurde der Organisation nun eine Übergangszeit bis Mitte August zugesprochen.

Die neuen Bestimmungen wurden vom niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft veranlasst und traten im April für sämtliche Nichtregierungsorganisationen in Kraft. Das Ministerium forderte strengere Sicherheitsvorkehrungen an Bord. Im Januar kontrollierte die italienische Küstenwache das Schiff Sea-Watch 3 und stellte nach eigenen Angaben entsprechende Mängel fest, die Sea-Watch umgehend behoben hätte.

Für die Umsetzung gewährte das niederländische Ministerium allen NGOs ein Jahr lang Zeit, für Sea-Watch sollten die Bedingungen unverzüglich gelten. Die Organisation sah darin politische Gründe als Teil einer „Kriminalisierungskampagne“ gegen die zivile Seenotrettung und klagte gegen die Anordnung.

Der Gerichtshof in Den Haag gab Sea-Watch am Dienstag nun teilweise Recht. Sea-Watch sei nicht ausreichend klar mitgeteilt worden, welche neuen Anforderungen das Schiff erfüllen müsse. Grundsätzlich könne das Ministerium zwar solche Verordnungen erlassen und habe dies auch ausreichend begründet, jedoch sei „nicht ausreichend konsequent und sorgfältig“ gegenüber Sea-Watch kommuniziert worden, teilte das Gericht mit.

Es geht sofort wieder los

So würden manche Sicherheitsvorkehrungen von der Anzahl der an Bord befindlichen Personen abhängen, doch Sea-Watch könne dies in ihrer Arbeit nicht vor jeder Fahrt genau bestimmen. Zudem wurde die sofortige Umsetzung aufgehoben und eine Übergangszeit bis zum 15. August gewährt.

„Wir fangen jetzt sofort an, Flüge für unsere Crew zu buchen“, sagt der Pressesprecher von Sea-Watch, Oliver Kulikowski, der taz. Kulikowski begrüßt das Urteil und spricht über die vorausgehende Repression angesichts des Gerichtsurteils von einer „rechtswidrigen Blockade“ der Seenotrettung. Eine Schiffsbesatzung solle möglichst zeitnah wieder im Mittelmeer aktiv werden.

„Ganz konkret wollen sie uns wohl an den Verhandlungstisch bekommen“, vermutet Kulikowski und kündigt an, dass Sea-Watch sich weitere rechtliche Schritte vorbehalte. Für Sea-Watch habe sich „die niederländische Regierung direkt mitschuldig an den Ertrunkenen der letzten Wochen und Monate“ gemacht, so Kulikowski.

Zivile Seenotrettungsorganisationen retten seit 2015 in Seenot geratene Schiffe mit Geflüchteten im Mittelmeer. Das Schiff der Sea-Watch fährt vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern. In den vergangenen Monaten wurde die Arbeit der Organisationen zunehmend erschwert. So wurden Kapitäne etwa wegen des Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung in Italien angeklagt und Rettungsschiffen mit Geflüchteten an Bord die Einfahrt in europäische Häfen verweigert.

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