Urteil im Vatileaks-Prozess: Bewährungsstrafe für Programmierer
In der Vatileaks-Affäre ist ein Computertechniker verurteilt worden. Er soll beim Diebstahl von Dokumenten geholfen haben. Für den Vatikan darf er trotzdem weiter arbeiten.
ROM dpa | In der „Vatileaks“-Affäre ist der italienische Computertechniker Claudio Sciarpelletti (48) zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Tribunal des Vatikans befand ihn am Samstag nach nur zwei Verhandlungstagen der Begünstigung bei dem schweren Diebstahl von Vatikan-Dokumenten durch den inzwischen verurteilten päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele schuldig. Die juristische Aufarbeitung der Affäre um die Veröffentlichung teils brisanter Dokumente ist damit aber noch nicht abgeschlossen.
Die Strafe wird für fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt, in denen sich der Programmierer keines weiteren Vergehens schuldig machen darf. Das eigentliche Strafmaß von vier Monaten wurde gemildert, unter anderem, weil der Programmierer unbescholten war. Der Computer-Techniker muss aber die Prozesskosten übernehmen. Er arbeitet weiter für den Vatikan und wird wohl auch nicht entlassen.
Fünf Wochen nach der Verurteilung des Kammerdieners verurteilte das Tribunal unter Präsident Giuseppe Dalla Torre einen Mann, den der Vatikan zwar als Helfer, aber nicht als Komplizen eingestuft hatte. Das Gericht folgte dem Antrag des Staatsanwaltes Nicola Picardi. Verteidiger Gianluca Benedetti hatte auf umfassenden Freispruch plädiert und will in die Berufung gehen.
Der Programmierer des Staatssekretariats hatte sich während der Ermittlungen in Widersprüche verstrickt. In seinem Büroschreibtisch fanden die „Vatileaks“-Fahnder einen Umschlag mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich“. Darin waren Schriften, die allerdings keine sensiblen Informationen enthielten.
Kontakt zum Kammerdiener
Sciarpelletti machte während der Verhöre jedoch widersprüchliche Aussagen dazu, wie eng sein Kontakt zu dem damaligen Kammerdiener gewesen ist. Er konnte sich auch nicht genau erinnern, wie der Umschlag in seinen Besitz gekommen war. Am Ende des Prozesses war noch kurz von einem zweiten Umschlag die Rede.
Nach einem anonymen Hinweis aus dem Staatssekretariat des Vatikans wegen „häufiger Kontakte zwischen Gabriele und Sciarpelletti“ waren die Ermittlungen eingeleitet worden. Der Prozess gegen Sciarpelletti war von dem Verfahren gegen den früheren Kammerdiener abgetrennt worden. Gabriele wurde am 6. Oktober zu 18 Monaten Haft verurteilt. Er hatte bekräftigt, oft mit dem Programmierer gesprochen zu haben.
Der Kammerdiener hat seine Haft angetreten. Offen ist, ob und wann Benedikt Gabriele nach dem Diebstahl von geheimen Dokumenten unter anderem über Korruption und Vetternwirtschaft im Vatikan begnadigt. Italienische Medien spekulierten, der Papst habe sein Reuebekenntnis akzeptiert, er könne möglicherweise bis Weihnachten begnadigt sein.
Trotz Spekulationen in den Medien waren die Richter im Verfahren gegen den Kammerdiener zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser allein handelte und es keine Verschwörung gegeben habe. Die Untersuchungen zu der „Vatileaks“-Affäre dauern allerdings an, wobei noch mehrere Personen im Fokus der vatikanischen Ermittler stehen könnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten