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Urteil im Altena-ProzessBewährungsstrafe für Attentäter

Der Mann, der den Bürgermeister von Altena mit einem Messer angriff, muss nicht ins Gefängnis. Die Richter verhängten eine Bewährungsstrafe.

Werner S. muss nicht ins Gefängnis Foto: dpa

HAGEN afp | Im Prozess um das Messerattentat auf den Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Altena ist der 56-jährige Angeklagte zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

Das Landgericht Hagen verurteilte Werner S. am Montag wegen gefährlicher Körperverletzung, nachdem die Staatsanwaltschaft vom ursprünglich erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes abgerückt war. Die Richter blieben beim Strafmaß unter der Anklageforderung von zweieinhalb Jahren Haft. Haftstrafen von mehr als zwei Jahren können nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Die Hagener Strafkammer hatte am Donnerstag den Haftbefehl gegen den Mann mit der Begründung aufgehoben, dass nicht mehr von einem Tötungsvorsatz des 56-Jährigen bei der Tat vom vergangenen November auszugehen sei.

Dem schloss sich die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer am Montag an: Der 56-Jährige habe Altenas Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU) nicht töten, sondern lediglich „in Todesangst versetzen“ wollen. Der geständige Angeklagte musste also nur noch mit einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung rechnen.

Vor der Tat in einem Dönerimbiss in Altena soll der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft den Bürgermeister mit den Worten „Ich steche Dich ab – Du lässt mich verdursten und holst 200 Ausländer in die Stadt“ angeschrien haben. Der für seine humane Flüchtlingspolitik bekannte Bürgermeister war bei dem Attentat leicht verletzt worden.

Der Angeklagte hatte in dem Hagener Prozess jede Tötungsabsicht und fremdenfeindliche Motivation bestritten. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich in ihrem Schlussvertrag überzeugt, dass es keine Anhaltspunkte für Verbindungen von S. in die rechtsextreme Szene gebe. Vielmehr habe der Angeklagte in wirtschaftlich „prekären Verhältnissen“ und sozialer Isolation gelebt.

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12 Kommentare

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  • Wer einen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, mit einem Messer bedroht und ihn, sei es auch nur leicht verletzt, braucht eine schärfere Breitseite als nur 2 Jahre auf Bewährung.

    Das Urteil ist eine Einladung, sowas wieder zu tun.

  • Das man wegen gefährlicher Körperverletzung Bewährung bekommen kann, bekomme ich einfach nicht richtig eingeordnet. Das Opfer vergisst diesen Angriff für den Rest seines Lebens nicht mehr.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Und wieder einmal bräuchte man LOWANDORDER um das Ganze einzunorden.

     

    Der liegt wohl nur noch auf der faulen Haut.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Ich mach das:

       

      Da mähste nix. Kerr. Jau. Ab dafür & Danke. Na - Si‘cher dat. Nomahl. Gellewelle. Dat blifft ook so.

      Liggers. Newahr. No. Dess paschd schonn. Njorp. Wollnichwoll. Gern&Dannichfür.

      Always at your service. Normal. Kerr.

  • Das ist wirklich schwer nachzuvollziehen, wenn man nur diesen Artikel liest. Wieso und weshalb genau die Staatsanwaltschaft dort umgeschwenkt ist, wird leider nicht erwähnt. Grob betrachtet wird ein Messerangriff auf Leib und Leben, wodurch auch immer motiviert, weniger hart bestraft (Bewährung...) als eine 84 -jährige Omi, die aus purer Not Waren im Wert von 70€ gestohlen hat (3 Monate Haft). Irgedwas mit Geld ist in diesem Land vielleicht schlimmer als die Gefährdung der Gesundheit?

    • 9G
      99337 (Profil gelöscht)
      @Pia Mansfeld:

      "Das ist wirklich schwer nachzuvollziehen, wenn man nur diesen Artikel liest."

       

      In diesem Satz steckt viel Wahrheit, denn die taz, die sich in vorangegangenen Artikeln auf eine fremdenfeindliche Tat festlegte, handelt wesentliche Teile der Urteilsbegründung mit nur einem Satz ab: "Vielmehr habe der Angeklagte in wirtschaftlich „prekären Verhältnissen“ und sozialer Isolation gelebt."

       

      Diese prekären Lebensumstände machten es für Staatsanwalt und Richter glaubhaft, dass es keine rechtsextreme Tat mit Tötungsabsicht war, sondern eine Verzweiflungstat ohne Tötungsabsicht.

       

      Dass es eben genau dafür deutliche Indizien gibt, wusste die taz übrigens bereits kurz nach der Tat, hielt aber am fremdenfeindlichen Hintergrund fest.

       

      Umgekehrt spekuliert die taz ohne Indizien, dass der mutmaßliche Angriff eines Flüchtlings gegen eine Polizistin eine Verzweiflungstat war.

      //http://www.taz.de/Kolumne-Minority-Report/!5509191/

       

      Ich bin ja schwer dafür, das psychosoziale Hintergründe sowohl bei der Prävention als auch bei der juristischen und öffentlichen Aufarbeitung von Straftaten einbezogen werden.

      Nur wäre es halt sinnvoll, wenn taz und viele Linke in solchen Fällen die gleichen Maßstäbe anlegen würden.

  • Die Worte "Attentat", "Gefährliche Körperverletzung" und "Bewährungsstrafe" möchte ich eigentlich zusammen nicht in einem Satz lesen.

     

    Solche Urteile sind für 90% der Bevölkerung nicht nachvollziehbar.

    • @modulaire:

      warum ?

      Wenn der Messerstecher das Messer wieder aus der Wunde zieht gilt das ja auch als "Rücktritt von der Tötungsabsicht" was die Strafe mindert.

      Gab erst vor kurzen so einen Fall.

       

      Pech natürlich wenn nach dem Entfernen des Messers das Opfer verblutet...

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @modulaire:

      „in Todesangst versetzen“

       

      scheint auch nicht so ein großes Ding zu sein.

  • Na das hätte sich mal ein Geflüchtetet erlauben sollen, den hätten sie 10 Jahre in den Knast gesteckt.

    • @planb:

      Meinen Sie so, wie im Prozess gegen zwei jugentl. Syrer, die in Cottbus wegen einer gemeinschaftlichen Messerattacke auf einen 15jährigen verurteilt wurden?

    • @planb:

      Vorurteil, ich hör dich kommen?