Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Ankauf von Staatsanleihen war legal
Ein billionenschweres Programm der Euro-Staaten verstößt nicht gegen EU-Recht, sagt das Gericht. Damit ist das Thema aber noch nicht erledigt.
Seit März 2015 kaufte das Eurosystem, zu dem die Zentralbanken aller Euro-Staaten gehören, Staatsanleihen im Wert von bislang rund 2,6 Billionen Euro auf. Das Programm heißt PSPP (Public Sector Purchase Programme) und dient laut EZB geldpolitischen Zielen. Es soll bei Banken Liquidität freisetzen und damit Kreditvergabe und Wirtschaft ankurbeln. Dies verhindere eine Deflation, die wiederum zu Kaufzurückhaltung führen könne, so die Meinung der Zentralbanken.
Euro-Kritiker wie Bernd Lucke (Ex-AfD) und Peter Gauweiler (CSU) hatten dagegen beim Bundesverfassungsgericht geklagt. Sie halten die EZB-Begründung für vorgeschoben. Die EZB betreibe unerlaubt Staatsfinanzierung und Wirtschaftspolitik. Denn der Aufkauf von Staatsanleihen ermögliche stark verschuldeten EU-Staaten eine zinsgünstige Refinanzierung.
Auch die Verfassungsrichter sahen „gewichtige Anhaltspunkte“, dass die EZB ihr Mandat überschritten hat. Sie legten deshalb im Sommer 2017 dem zuständigen EuGH die Frage vor, ob auch er die EU-Verträge verletzt sieht.
Der EuGH erklärte nun, das PSPP-Programm verstoße nicht gegen EU-Recht, insbesondere verstoße das Programm nicht gegen das Verbot, Staaten über die Notenpresse zu finanzieren. Die Zentralbanken kauften die Anleihen ihrer Staaten nicht direkt, sondern erst nach einer gewissen Zeit auf dem Sekundärmarkt und auch nur maximal ein Drittel einer Anleihe. Ein privater Käufer könne sich also nicht darauf verlassen, dass die Zentralbank ihm das Papier abkaufe. Das Aufkaufprogramm sei auch nicht auf Dauer angelegt und gebe den Euro-Staaten damit keinen Anreiz zu einer unsoliden Haushaltspolitik.
Das Programm verfolge auch währungspolitische und keine wirtschaftspolitischen Ziele, so der EuGH. Der Ankauf von Staatsanleihen sei nicht deshalb unzulässig, weil man damit auch wirtschaftspolitische Ziele verfolgen könnte. Der EuGH weist zudem darauf hin, dass die Anleihen aller Euro-Staaten aufgekauft werden, nicht nur der Staaten „mit besonderem Finanzierungsbedarf“. Das PSPP-Programm soll Ende des Jahres auslaufen und wurde schon stark reduziert. Derzeit stecken die Zentralbanken monatlich noch 15 Milliarden Euro in Staatsanleihen. Ende 2017 waren es noch 60 Milliarden Euro pro Monat.
Im nächsten Schritt muss das BVerfG über die konkreten Verfassungsbeschwerden entscheiden. Falls die Karlsruher Richter dann das EuGH-Urteil für falsch erklären, hätte die EU einen neuen großen Konflikt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen