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Urteil des BundesverfassungsgerichtsKlimaschutzgesetz nicht ausreichend

Das Bundesverfassungsgericht gibt den Beschwerden mehrerer Klä­ge­r:in­nen Recht. Es fehlten ausreichende Vorgaben für die Emissionsminderung.

Bis ein Null-Emissions-Ziel erreicht ist, ist es noch ein weiter Weg Foto: picture alliance/dpa/Jonas Güttler

Karlsruhe dpa | Das Bundes-Klimaschutzgesetz greift aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts zu kurz. Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber am Donnerstag, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln. Verfassungsbeschwerden mehrerer Klimaschützer waren damit zum Teil erfolgreich.

Die zum Teil noch sehr jungen Beschwerdeführenden seien durch die Regelungen in dem Gesetz in ihren Freiheitsrechten verletzt, erklärten die Richter. „Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030.“

Einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie geplant auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar. „Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind“, heißt es in der Erklärung. Zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit hätte der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen müssen, „um diese hohen Lasten abzumildern“.

Bundestag und Bundesrat hatten Ende 2019 dem Klimapaket der Bundesregierung zugestimmt, nachdem Bund und Länder noch Kompromisse ausgehandelt hatten. Wesentlicher Punkt ist das Klimaschutzgesetz. Es legt für einzelne Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft oder Gebäude fest, wie viel Treibhausgase sie in welchem Jahr ausstoßen dürfen.

„Zweck dieses Gesetzes ist es, die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten“, heißt es dazu vom Bundesumweltministerium. Nach dem Pariser Klimaabkommen – das die Grundlage des deutschen Gesetzes bildet – soll der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden, um Folgen des Klimawandels so gering wie möglich zu halten.

Az.: 1 BvR 2656/18 u.a.

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11 Kommentare

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  • @FLY:

    "Individualverkehr nur noch für Reiche?"

    Solange wir uns an ungehemmten Kapitalismus festkrallen wollen wird's wohl so sein, ja.

    Deshalb sind ja Ende Gelände, FfF und all die, die denken können einigermassen kapitalismuskritisch bis antikapitalistisch.

    Was wiederum die viszeralen Antikommunisten, die nur mit ihrem McCarthy-Organ (wo sitzt das denn, anatomisch?) denken können auf den blindwütigen Plan ruft...

  • Eigentlich ist das ja ne Watschen. Eigentlich hat das Gericht gesagt, dass es nicht geht, dass man jetzt Versprechungen macht, die Belastungen daraus aber in die Zukunft bucht. Eigentlich wird der ganzen bisherigen Politik eine glatte Sechs gegeben. Eigentlich ist das ja noch nicht mal wirklich Politik im Sinne von Richtungsvorgabe, wenn man wie Merkel oder die FDP nur auf irgendwelche Wunderinnovationen hofft.

  • Jetzt wird die Bundesregierung sich erstmal entspannt in die Kissen sinken lassen; hat ja nun bis Ende 2022 Zeit. Auch die Herren Kanzlerkandidaten werden keine Dringlichkeit verspüren. Das erwartbare PR-Geschwurbel hat ja schon angefangen.

  • Hola. Aber schnell! - 🙀 - 😱 - 🧐



    www.bundesverfassu...24_1bvr265618.html



    1. Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schließt den Schutz vor Beeinträchtigungen grundrechtlicher Schutzgüter durch Umweltbelastungen ein, gleich von wem und durch welche Umstände sie drohen. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Sie kann eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen.



    2. Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz. Dies zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität.



    a - Art. 20a GG genießt keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Dabei nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu.



    b. Besteht wissenschaftliche Ungewissheit über umweltrelevante Ursachenzusammenhänge, schließt die durch Art. 20a GG dem Gesetzgeber auch zugunsten künftiger Generationen aufgegebene besondere Sorgfaltspflicht ein, bereits belastbare Hinweise auf die Möglichkeit gravierender oder irreversibler Beeinträchtigungen zu berücksichtigen.



    c. Als Klimaschutzgebot hat Art. 20a GG eine internationale Dimension. Der nationalen Klimaschutzverpflichtung steht nicht entgegen, dass der globale Charakter von Klima und Erderwärmung eine Lösung der Probleme des Klimawandels durch einen Staat allein ausschließt. Das Klimaschutzgebot verlangt vom Staat international ausgerichtetes Handeln zum globalen Schutz des Klimas und verpflichtet, im Rahmen internationaler Abstimmung auf Klimaschutz hinzuwirken. Der Staat kann sich seiner Verantwortung nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ Die "ganze" Welt gibt sich empört, was wohl bei taz.de nur stört: taz.de/Archiv-Such...&SuchRahmen=Print/



    "Geschmacklos". Naja. Aus Freiburg kommen ja nur Gute. 💣👹 🎃 “

  • Im Ergebnis höchstens ein Teilerfolg. Wenn man die Begründung des Beschlusses liest, stellt man fest, dass die angegriffenen Regelungen großenteils verfassungsgemäß sind; auch sind eine Reihe von Beschwerdeführerinnen nicht aktiv legitimiert. Im Kern ist eine Neugewichtung der Belastungen im Lichte des gesamten Zeitraums bis 2050 - und unter ausdrücklicher Beachtung der Freiheitsgrundrechte der Eigentumsgarantie - vorzunehmen.

    • @Trango:

      So ist es.



      Und damit wird es spannend.



      Denn das noch so schönste Gesetz, ausgedacht von der Regierung, muss in der Gesellschaft umgesetzt werden.

      Einschränkungen im Individualverkehr.

      Dämmung der Häuser.

      Reduktion von Zement.

      etc etc.

      Was, wenn die Bürger das nicht mittragen? Werden die dann aus de ungedämmten Eigenheimen entfernt?



      Klar, kann man alles über den Preis machen. Aber da kommt die soziale Komponente ins Spiel. Individualverkehr nur noch für Reiche?

      Auch die Kulturen der Pueblo-Indianer sind aus einer Kombi aus Klimaschwierigkeiten und sozialen Spannungen auseinandergebrochen.

      • @fly:

        @ Sehr gut erklärt.

  • Mit der Logik bitte weitermachen.

  • Na, das ist mal erfreulich :-)

    • @tomás zerolo:

      Ja. Als alter Fahrensmann - wg Betroffenheit - mit Schmunzeln gelesen*



      & für Neugierige weiterführend:



      www.bundesverfassu...021/bvg21-031.html - zum Beschluß —

      unterm——-* - 🤫 -



      “Weil wir das können!“ beschied unlängst eine karlsruher Primadonna - eine hell empörte Ba-Wü-Primeldonna -🤣 - wat höbt wi lacht.