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Ursprung von FronleichnamFrauen, glaubt an eure Visionen!

Ohne die Visionen der heiligen Juliana von Lüttich gäbe es Fronleichnam nicht. Die Kirche sollte auch heute wieder öfter auf Frauen hören.

Figur der Heiligen Juliana Foto: imago/imagebroker

In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und im Saarland ist heute Feiertag. Die Katholiken feiern Fronleichnam, auch „Fest des Leibes und Blutes Christi“ genannt. Laut biblischer Überlieferung soll Jesus beim letzten Abendmahl „Dies ist mein Leib“ beim Brotteilen und „Dies ist mein Blut“ beim Einschenken des Weins gesagt haben.

Genau das feiern Katholiken bei jeder Heiligen Messe in Form der Eucharistie und der Kommunion nach. Das Fest Fronleichnam soll nochmal besonders an das Abendmahl erinnern und die Eucharistie hervorheben. So weit, so schön.

Aber anders als viele andere seltsam anmutende Dinge in der katholischen Kirche ist Fronleichnam keine Erfindung irgendeines machtvollen Mannes innerhalb der hierarchischen Strukturen der Institution, sondern das Ergebnis von Visionen der heiligen Juliana von Lüttich.

Juliana lebte etwa zwischen 1192 und 1258 und kam schon im Kindheitsalter als Waise in ein Kloster. Als Jugendliche wurde sie selbst Augustinerin, besetzte bald verschiedene Führungsposten innerhalb ihres Ordens, war vielen Mitschwestern allerdings zu streng. Deshalb wurde sie zweimal aus dem Kloster vertrieben und lebte schließlich als Reklusin, also weltabgewandt und ganz für das Gebet.

Auch heute haben Frauen gute Visionen

Schon als Jugendliche hatte Juliana Visionen, bei der sie einen Mond mit einem Fleck darauf sah. Der Mond stehe für das Kalenderjahr, der Fleck dafür, dass was darin fehle – nämlich ein besonderes Fest für das Sakrament der Eucharistie, deutete sie. Voilá, die Idee für Fronleichnam ward geboren!

20 Jahre behielt sie diese Vision allerdings für sich, bevor sie Diakonen und Bischöfen davon erzählte. Im Jahr 1246 fand Fronleichnam dann das erste Mal im Bistum Lüttich statt. Nach Julianas Tod ordnete Papst Urban IV. im Jahr 1264 dann das Fest für die gesamte katholische Kirche an. Fast 800 Jahre später feiert die katholische Kirche Fronleichnam immer noch.

Die Geschichte der heiligen Juliana von Lüttich sollte nicht nur feministische Frauen innerhalb der heutigen katholischen Institution bestärken und motivieren, Kirche gestalten und verändern zu wollen. Frauen in allen Lebensbereichen können, nein sollten sich von Juliana inspirieren lassen: Sie hielt ihr Leben lang an ihren Visionen fest, auch wenn sie zwischendurch aus ihren Führungspositionen gedrängt wurde, und schaffte es sogar, eine männerdominierte Szene über Jahrhunderte hinweg zu prägen.

Vor allem sollte die Geschichte von Juliana aber Männern innerhalb der Kirche etwas sagen. Wie wäre es zum Beispiel, auch heute mal wieder auf Frauen zu hören? Da gäbe es auch so ein paar Visionen, Lockerung des Zölibat oder Öffnung der Weiheämter für Frauen zum Beispiel, die das Zeug dazu hätten, den Laden mal für die nächsten Jahrhunderte zu prägen.

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3 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...es gibt nur eine 'Lösung', den ganzen Laden abschaffen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Den Laden für die nächsten Jahrhunderte zu prägen?

    Nein danke, sage ich als Frau.

    Ohne diesen Laden geht es allen Frauen sehr viel besser, und damit meine ich nicht nur den katholischen.

    • @98589 (Profil gelöscht):

      Sagen Sie bitte: Sie hatten nicht zufällig auch eine Vision? Von einem Mond mit einem Fleck drauf beispielsweise?

       

      Ich mein ja nur: Frau kann sich irren. Und auch geirrt haben. Selbst wenn sie posthum zu einer Heiligen gemacht wurde aus lauter Dankbarkeit für eine Fehlinterpretation. Von (Kram-)„Laden“-Besitzern, die sie einst gedisst haben, als sie noch nicht so gut gepasst hat in den Kram.

       

      Wieso sollte der Mond denn für ein ganzes Jahr stehen und nicht für einen Monat? Und wieso muss der schwarze Fleck denn eine Fehlstelle (gewesen) sein? Wieso kann da nicht etwas einen langen Schatten werfen. Etwas, was eigentlich gar keinen Schatten werfen sollte, weil es angeblich gar nicht da ist…?

       

      Mit den Visionen ist das so 'ne Sache. Man weiß nicht, ob sie welche waren. Zumindest nicht, bis sie Realität werden. Man kann nur glauben – oder es bleiben lassen. Sogar als Frau. Grade als Frau. Als Mann hat man natürlich keine Wahl. Wobei: Was ist schon ganz „natürlich“ in einer Gesellschaft wie der unseren?

       

      Wie dem auch sei. Feiern kann man als Mensch ja kaum genug. Er sei den Katholiker also herzlich gegönnt, ihr angeblich feministischer Feiertag. Viele gibt's davon ja (noch) nicht.