: Unterschätzte Angriffe
IT-Sicherheitsbehörde warnt: Die Bedrohungslage nehme zu und viele Firmen hielten sich für besser gerüstet, als sie es in Wirklichkeit seien
Die Gefahr von Cyberangriffen für Unternehmen wird nach Einschätzung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des TÜV unterschätzt. „Die deutsche Wirtschaft steht im Fadenkreuz staatlicher und krimineller Hacker, die sensible Daten erbeuten, Geld erpressen oder wichtige Versorgungsstrukturen sabotieren wollen“, erklärte TÜV-Chef Michael Fübig am Mittwoch. „Allerdings scheinen viele Unternehmen die Risiken zu unterschätzen.“
Fübig verwies auf eine Umfrage, die am Mittwoch gemeinsam vom BSI und vom TÜV vorgestellt wurde. Die Ergebnisse seien „in zweifacher Hinsicht besorgniserregend“, erklärte dazu das BSI. Zum einen nehme die Bedrohungslage zu, zum anderen hielten sich viele Firmen für besser gerüstet, als sie es in Wirklichkeit seien. Viele wögen sich in „trügerischer Sicherheit“.
Der Untersuchung zufolge sind im vergangenen Jahr 15 Prozent der Unternehmen Opfer eines Cyberangriffs geworden – das ist ein Anstieg von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Am häufigsten sind demnach Phishingangriffe. Dabei werden Mitarbeitende zum Beispiel via E-Mail oder Telefon dazu gebracht, persönliche Daten herauszugeben, die die Angreifer dann nutzen können. Die technischen Abwehrmaßnahmen der Unternehmen bewertet der TÜV als häufig unzureichend. Dennoch hielten sich 91 Prozent der Unternehmen für gut „geschützt“.
Auch spreche sich eine Mehrheit von 56 Prozent der Unternehmen für gesetzliche Cybersecurity-Pflichten aus. „Dennoch kennt nur die Hälfte der Befragten die NIS2-Richtlinie“, beklagt der TÜV. Dieses EU-Gesetz sieht solche gesetzlichen Pflichten vor. Die Richtlinie ist allerdings in Deutschland von der Bundesregierung noch nicht umgesetzt worden.
Die Studie zeige, „dass auf dem Weg zur Cybernation Deutschland noch eine Menge Arbeit vor uns liegt“, erklärte BSI-Präsidentin Claudia Plattner. Politisch gebe es noch Nachholbedarf, weil die NIS2-Richtlinie der EU wegen der vorgezogenen Neuwahlen noch nicht in deutsches Recht umgesetzt worden sei. Zugleich sei besorgniserregend, dass nur die Hälfte der befragten Unternehmen angegeben habe, das Gesetz überhaupt zu kennen, sagte Plattner. (afp)
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