Unterbringung von Wohnungslosen: Bald wird es viel heimeliger
Durch zentrale Steuerung soll die Unterbringung von Wohnungslosen künftig leichter werden. Ziel ist auch eine bessere Qualitätskontrolle.

Bessere Zustände: Das bräuchten Unterkünfte für Wohnungslose in Berlin dringend. Foto: Unsplash / Alexander Possingham
Stellen Sie sich vor, einer Familie mit zwei Kindern droht der Verlust ihrer Wohnung. Die Familie geht zum zuständigen Amt. In Berlin sind das die „Sozialen Wohnhilfen der Bezirke“. Dort schaut der/die SachbearbeiterIn in den Computer, gibt die Daten ein – und die Software spuckt aus, wo in Berlin ein Platz frei ist, etwa in einem Heim für wohnungslose Familien. So weit, so normal, meinen Sie?
Nicht in Berlin. Niemand in der Stadt weiß genau, welcher Bezirk wo Zugriff auf Heime, Trägerwohnungen, Zimmer in Hostels oder Hotels hat. Wird jemand obdachlos und geht zum Amt, beginnt die Telefoniererei. Und wenn der Mensch Pech hat, bekommt er/sie am Ende doch nur einen Zettel mit Hostels, die er/sie bitte schön selbst abklappern muss.
Damit sich das ändert, hat der Senat am Dienstag den Projektauftrag „Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung von Wohnungslosen“ (GUST) beschlossen. Ziel sei, bis 2020 eine zentrale Stelle zu schaffen, die mit entsprechender IT alle Bedürftigen „per Knopfdruck“ in qualitätsgeprüfte und bedarfsgerechte Unterbringungen zu vermitteln, erklärte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) im Anschluss an die wöchentliche Sitzung des Senats.
Damit soll ein großes Problem der Wohnungslosenhilfe Berlins zumindest teilweise ausgeräumt werden: das Zuständigkeitschaos.
Oft mehr Betten als erlaubt
Das Land respektive das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) ist für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig. Die Bezirke dagegen müssen sich um bereits anerkannte Geflüchtete sowie um „normale“ (deutsche und andere) Wohnungslose kümmern. Allerdings haben die Bezirke noch mehr als das LAF das Problem, überhaupt Plätze für die steigende Zahl von Wohnungslosen zu finden. Aktuell bringen sie laut Breitenbach rund 37.000 Menschen unter.
„Allerdings sind das teils wirklich elende Unterkünfte“, sagte die Senatorin. Nicht selten stopften die Betreiber von Hostels oder Hotels mehr Betten als erlaubt in die Zimmer, um mehr Geld vom Amt zu kassieren. „Wir haben ein großes Qualitätsproblem“, so Breitenbach – zumal die Menschen dort mangels Alternativen oft sehr lange bleiben müssten und keine weitere Betreuung und Beratung bekämen.
Bisher ein Problem: Das Zuständigkeitschaos
In dem nun aufzubauenden „zentralen Portfolio“ der Stadt mit Behausungen für Wohnungslose soll so etwas nicht mehr möglich sein. „Wir müssen uns jede Unterkunft anschauen, ob sie in unser Portfolio soll“, so Breitenbach – Qualität und Preise müssten künftig ebenso einheitlich geregelt werden.
Das dürfte wegen des erwähnten Zuständigkeitsgerangels nicht einfach werden. Bislang kontrollieren die Bezirke ihre Unterkünfte nach taz-Informationen gar nicht. Auch der Senat ist von einem organisierten Beschwerde- und Kontrollwesen für die LAF-Heime noch weit entfernt – obwohl das Ziel eines „Heim-TÜV“ schon im Koalitionsvertrag steht. Immerhin gibt es seit rund einem Monat ein Pilotprojekt dazu in fünf Flüchtlingsheimen.
In der Tat sei das Ziel guter Unterkünfte nicht leicht zu erreichen, so Breitenbach, zumal es ohnehin zu wenig Unterkünfte – wie auch Wohnungen – für Bedürftige gibt. „Aber ich möchte das auch nicht länger so lassen.“
Leser*innenkommentare
Markus Franzen
Sehr geehrte Mitarbeiter*innen der taz,
mir ist heute beim Lesen der taz online aufgefallen, dass Sie manchmal einige Fremdwörter gebrauche, die selbst ich als ehemaliger Lateinstudent nicht verstehe, wie z.B. "Portfolio". Viktimisierung ist auch so ein Wort, dass ich aber auf Grund meines Studiums kenne. Ich weiß nicht, ob sich Leser*innen Ihrer Zeitung darüber wundern oder sie nicht mehr lesen.