Unruhen in Senegals Hauptstadt Dakar: Oppositionsanhänger randalieren
Der populistische Oppositionsführer Sonko, wegen Vergewaltigung angeklagt, wird unter Hausarrest gesetzt. Er ruft zu "Widerstand" auf.
BERLIN taz | In Senegal bahnt sich eine gewaltsame Konfrontation zwischen der Staatsmacht und der Anhängerschaft des populistischen Oppositionsführers Ousmane Sonko an. Sonko, der mit antiwestlicher Rhetorik gegen die Regierung von Präsident Macky Sall die frustrierte Jugend des Landes begeistert, rief in der Nacht zu Dienstag „die gesamte Bevölkerung“ dazu auf, „gegen die Diktatur von Macky Sall aufzustehen“ und „Widerstand“ zu leisten, „um unsere Demokratie zurückzuholen“. In der gleichen Nacht kam es zu Unruhen in der Hauptstadt Dakar.
Sonko führt die Oppositionspartei Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) und will an deren Spitze 2024 die Präsidentschaftswahl gewinnen. Er wurde allerdings vor Kurzem wegen Verleumdung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, und aktuell läuft gegen ihn ein Prozess wegen Vergewaltigung.
Sonko boykottiert den Vergewaltigungsprozess, der am 16. Mai eröffnet wurde. Am 23. Mai wurde die Anklageschrift verlesen, und der Vorsitzende Richter lehnte eine weitere Vertagung ab – trotz fortdauernder Abwesenheit des Angeklagten. Der blieb in seiner Villa im südsenegalesischen Ziguinchor verschanzt, wo er der gewählte Bürgermeister ist. Seine Anhänger halten die Vergewaltigungsvorwürfe für politisch motiviert, ein Vorwand, um ihn mundtot zu machen.
Sonko entschied sich zur öffentlichen Rückkehr in die Hauptstadt Dakar in Form eines Autokonvois, er selbst fahnenschwingend auf einem offenen Fahrzeug
Am vergangenen Freitag entschied Sonko sich zur öffentlichen Rückkehr in die Hauptstadt Dakar in Form eines Autokonvois, er selbst fahnenschwingend auf einem offenen Fahrzeug. Die Route der „Freiheitskarawane“, wie Sonkos Anhänger den Konvoi nannten, führte quer durch das Land – eine klare Demonstration der Stärke.
Senegal ist ein verlässlicher Partner des Westens
Am Sonntag stoppte die Gendarmerie schließlich den Sonko-Konvoi im Ort Koungheul, gut 200 Kilometer östlich von Dakar, verfrachtete den Oppositionsführer in die Hauptstadt und stellte ihn in seinem dortigen Haus unter Arrest. In seinem Auto seien Waffen gefunden worden, erklärte das Innenministerium. Sein Wohnviertel Keur Gorgui in Dakar wurde abgeriegelt.
Das angebliche „Verschwinden“ Sonkos rief am Montag dessen Anhänger in Dakar auf den Plan. Oppositionspolitiker kündigten an, Sonko in seinem Haus besuchen zu wollen. Sicherheitskräfte setzten gegen sie Tränengas ein und nahmen einige fest, etwa den bekannten Oppositionellen Aliou Sané, Leiter der Bürgerbewegung „Y’en a marre“ (Es reicht). Am Abend zündeten wütende Demonstranten Autos an und plünderten Geschäfte, vereinzelt gab es Straßenschlachten.
Die Lage in Dakar blieb am Dienstag zunächst ruhig. Doch die Vorfälle zeigen, dass ein Funke genügt, um Senegal in Aufruhr zu versetzen. Das Land ist einer der wenigen verlässlichen Partner des Westens in der westafrikanischen Sahelzone, aber gerade das stößt vielen Jugendlichen auf, die trotz hohen Wirtschaftswachstums und eines Baubooms in Dakar keine Arbeit finden, von der sie leben und eine Familie gründen können.
Die Spannung dürfte in den kommenden Tagen weiter steigen. Am Donnerstag wird das Urteil im Vergewaltigungsprozess gegen Sonko erwartet. Bei einem Schuldspruch könnte er nicht mehr zur Präsidentschaftswahl antreten. Und die Wut seiner Anhänger würde weiter wachsen.