Ungeräumte Radwege in Hamburg: Radfahren fällt aus

Hamburgs Radwege bleiben vielfach ungeräumt. Fahrradverbände kritisieren, dass die Stadtreinigung zu spät reagiere.

Ein Radfahrer fährt über einen zugeschneiten Radweg.

Hier muss man seine Radspur selber finden: Schneetreiben auf Hamburgs Radwegen Foto: Angelika Warmuth/dpa

HAMBURG taz | Hamburg wird Fahrradstadt. So ehrgeizig steht es im Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung vom vergangenen Jahr. Sie will das Radfahren in Hamburg komfortabler und sicherer machen. Neue Radwege sollen gebaut und bestehende erneuert werden. Hafenmetropole, Musical-Hochburg – Fahrradstadt. Das neue Label klingt gut. Zumal in Pandemiezeiten, in denen die Bür­ge­r:in­nen öffentliche Verkehrsmittel meiden sollen. Allerdings fiel der Radverkehr für viele Ham­bur­ge­r:in­nen in den letzten Tagen aus. Denn mit dem ersten Schneefall erwiesen sich viele Radwege als unbefahrbar.

Seitdem muss sich die mutmaßliche Fahrradstadt gegen Vorwürfe von Rad­fah­re­r:in­nen wehren: Die Stadtreinigung räume zu wenige Radwege – und die auch noch zu spät. „Noch immer wird der Schnee von der Fahrbahn nach rechts auf den Radstreifen geschoben“, sagt Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Hamburg. Das mache das Radfahren gefährlicher. „Das ist inakzeptabel. Die Stadt muss sich überlegen, wo sie den Schnee hinräumt. Jedenfalls nicht auf die Geh- und Radwege,“ so Lau.

Außerdem würden viele der abgesetzten Radwege, also diejenigen, die nicht auf der Straße verlaufen, gar nicht geräumt werden. Lau fordert deshalb, die Fahrradstreifen konsequenter vom Schnee zu befreien: „Und zwar dann, wenn es geschneit hat. Und nicht erst Tage später.“

Bei der Hamburger Stadtreinigung verweist man auf das Regelwerk: Der Einsatz von Streusalz ist auf Rad- und Fußwegen verboten – zu umweltschädlich. Man arbeite deshalb mit Kies. Den könne man allerdings erst streuen, wenn der Schnee liegt. Stadtweit sind dann zwölf Räumfahrzeuge im Einsatz, um Schnee zu entfernen und Kies zu verteilen.

Andree Möller, Stadtreinigung

„Wir können nicht jederzeit für schwarze Fahrradwege sorgen“

Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung, macht aber auch deutlich: „Wir können nicht jederzeit für schwarze Radwege sorgen.“ Dirk Lau vom ADFC nimmt daher die Politik in die Verantwortung. „Die Stadtreinigung macht einen Knochenjob und bemüht sich nach Kräften“, stellt er fest. Es fehle jedoch an Personal, Ausstattung und den richtigen Maschinen. Die zwölf Räumfahrzeuge hält Lau für zu wenig. Es brauche deutlich mehr, um gerade die Velorouten, Hamburgs stadtweites Radnetz, zuverlässig befahren zu können.

Auf Nachfrage verweist die Verkehrsbehörde darauf, den Winterdienst für Radwege in den vergangenen Jahren ausgeweitet zu haben. Die Zahlen der Stadtreinigung bestätigen diese Aussage zunächst: Die Stadt hat in den letzten vier Jahren 52 Kilometer an Radstreifen, die auf der Straße verlaufen, neu in ihren Winterdienst aufgenommen. Die Stadtreinigung führt sie unter „Mitnahmeeffekt Fahrbahn Winterdienst“. Somit wird die Hälfte der Hamburger Radwege als Mitnahmeeffekt geräumt.

Die andere Hälfte bilden die abgesetzten Radwege. Und bei ihnen ist keine positive Entwicklung zu erkennen: Seit 2017 wurden lediglich vier neue Kilometer ins Winternetz der Stadtreinigung aufgenommen. Ein Blick auf das Winternetz verrät zudem, dass in manchen Stadtteilen nicht ein abgesetzter Radweg geräumt wird. In Bramfeld, Eidelstedt oder Niendorf mussten Rad­fah­re­r:in­nen am Wochenende also auf der Straße fahren – oder gar nicht.

Als Fußnote: Der Copenhagenize Index zur Fahrradfreundlichkeit von Städten hat schon 2017 angemahnt, die Radwege in Hamburg besser zu räumen. Seitdem ist die Stadt noch einmal um zwei Plätze zurückgefallen – auf Rang 20.

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