Ungeklärter Todesfall in Gefängnis Kleve: „Einige hätten helfen müssen“
SPD und Grüne in NRW beklagen, die Polizei habe im Fall des verbrannten Amad Ahmad versagt. Die Aufklärung werde behindert.
Der hellhäutige Kurde Amad Ahmad hatte vom 6. Juli bis zum 17. September 2018 widerrechtlich in Haft gesessen, weil er mit einem schwarzen Mann aus Mali verwechselt worden sein soll. Dann wurde der damals 26-Jährige Ahmad beim Brand seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Kleve schwerst verletzt – 38 Prozent seiner Haut waren verbrannt. Am 29. September starb er nach einer Lungentransplantation.
Bis heute bleibt aber völlig unklar, wie und warum es zu der angeblichen Verwechselung gekommen sein soll. Laut Erklärung von Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul und dem ihm unterstellten Landeskriminalamt sollen Informationen, die in der landeseigenen Polizeidatenbank ViVA über Amad Ahmad gespeichert waren, mit denen vermischt worden sein, die in der INPOL-Software des Bundes über den Malier Amedy G. vorlagen.
„Bis heute wissen wir nicht: Wer hat das veranlasst, wer ist dafür verantwortlich“, sagte Stefan Engstfeld, Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, am Donnerstag.
Zurückgehaltene Akten
Klar ist aber: In ViVa lag ein Foto von Amad Ahmad und in INPOL ein Foto von Amedy G. vor. Verglichen hat sie offenbar niemand der mehr 20 Beamt*innen, die an dem Fall arbeiteten. „Eine Farce“ sei deshalb die „offizielle Version“, nach der Software-Probleme der noch von Innenminister Reuls SPD-Amtsvorgänger Ralf Jäger bestellten ViVa-Datenbank Grund für die massiven Polizeifehler gewesen seien: „Der Computer ist nicht Schuld“, sagt Wolf. Umso wichtiger bleibe die Arbeit des Untersuchungsausschusses, dessen Einstellung die CDU im Frühjahr bereits vorschnell gefordert hat.
Allerdings behinderten Reuls Innenministerium und das ebenfalls CDU-geführte Justizressort die Aufklärung, deuteten Wolf und Engstfeld an – wichtige Aktenbestandteile werden offenbar zurückgehalten.
Dabei geht es darum, dass Amad Ahmad in den ViVa-Daten gleichzeitig als „hellhäutig“ und „schwarzhäutig“ beschrieben wurde – was Polizist*innen hätte stutzig machen können. Den Nachweis über diesen unsinnigen Eintrag erhielt der Untersuchungsausschuss aber nicht aus NRW sondern fand ihn lediglich über Umwege in Unterlagen der Staatsanwaltschaft Hamburg. Die hatte den Malier Amedy G. per Haftbefehl gesucht und wurde deswegen aus NRW informiert, als Amad Ahmad verhaftet wurde.
Nötig sei deshalb, dass der Untersuchungsausschuss bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2022 weiterarbeitet, fordern Engstfeld und Wolf. Schließlich sind auch Ursache und Ablauf des tödlichen Zellenbrands weiter unklar. Ab Herbst sollen weitere Zeug*innen gehört werden – darunter Mitgefangene von Amad Ahmad, die gesehen haben wollen, wie der Kurde an einem Gefängnisfenster um Hilfe schrie.
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