Unep-Studie zur Erderwärmung: Die Menschheit hat noch zwölf Jahre
Laut UN ist die 2-Grad-Schwelle bald überschritten. Ab 2030 müssten die Emissionen auf null sinken. Leider wäre das unrealistisch und teuer.
Die Menschheit hatte Anfang 2017 noch ein Restguthaben für den Erhalt der Atmosphäre von 800 Milliarden Tonnen CO2 (800 Gigatonnen). Werden mehr Treibhausgase emittiert, lässt sich die Erderwärmung nicht mehr auf 2 Grad begrenzen.
Derzeit liegen die globalen Emissionen jedoch bei 52 Gigatonnen pro Jahr. Dank dem Pariser Klimaabkommen werden sie bis zum Jahr 2030 immerhin nur auf 53 Gigatonnen ansteigen. Dann sind aber bereits über 80 Prozent des verbleibenden CO2-Budgets aufgebraucht. Um das in Paris festgeschriebene 2-Grad-Ziel zu erreichen, müssten die Emissionen nach 2030 also extrem schnell auf null absinken. Das ist unrealistisch und wäre extrem teuer.
Die Menschheit muss daher jetzt ihre Emissionen deutlich schneller senken, als dies die nationalen Klimapläne des Pariser Abkommens vorsehen. „Wir tun bei Weitem nicht genug“, sagte Erik Solheim, Chef des UN-Umweltprogramms Unep, bei der Vorstellung eines Berichts zum Klimawandel.
Statt auf 53 Gigatonnen zu steigen, müssten die Emissionen bis zum Jahr 2030 auf 42 Gigatonnen fallen. Oder anders: In den nächsten zwölf Jahren müssen die globalen Emissionen um 20 Prozent sinken, wenn die Klimakatastrophe verhindert werden soll.
Bezahlbar wäre ein langsames Senken
Das ist nicht nur machbar, sondern auch bezahlbar, wie der Unep-Bericht zeigt. Zentral ist eine Reduktion des Kohleverbrauchs: Zwischen 80 und 90 Prozent der weltweiten Kohlereserven müssen laut Bericht im Boden bleiben. Bei Öl (35 Prozent) und Gas (50 Prozent) liegt dieser Wert deutlich niedriger. Folglich sollten keine neuen Kohlemeiler mehr genehmigt und bestehende möglichst schnell stillgelegt werden. Erreichen lässt sich dies mit einem CO2-Mindestpreis oder einem „Ausstiegsgesetz“ – Maßnahmen, die die Grünen in den aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin fordern.
Um die Lücke von 11 Gigatonnen zu schließen, reicht ein weitgehender Kohleausstieg bis 2030 nicht aus. Zusätzlich erforderlich sind: der Ausbau von Solar- und Windenergie, energieeffiziente Haushaltsgeräte und Autos sowie ein Ende der Entwaldung sowie die Wiederaufforstung geeigneter Flächen. Mit diesen sechs Maßnahmen ließen sich die Emissionen bis 2030 um 15 bis 22 Gigatonnen reduzieren, rechnet der Bericht vor, und zwar „mit bescheidenen Kosten und bewährten Politikansätzen“.
Erik Solheim, Chef des UN-Umweltprogramms Unep
„Indem wir unsere Abhängigkeit von fossilen Energien reduzieren, bauen wir inklusivere und robustere Volkswirtschaften“, sagte Solheim. In der kommenden Woche beginnt eine neue Runde der Weltklimaverhandlungen in Bonn.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“