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Unabhängigkeitsbewegung in KatalonienEx-Minister im Hungerstreik

Vier katalanische Politiker in Haft protestieren gegen das spanische Verfassungsgericht. Dieses ignoriert angeblich bewusst ihre Beschwerden.

Katalanische Demonstranten mit Fotos der gefangenen Ex-Minister Foto: imago/Matthias Oesterle

Madrid taz | Vier der neun inhaftierten katalanischen Unabhängigkeitsaktivisten sind in den unbefristeten Hungerstreik getreten. Seit Dienstag verweigern die beiden Ex-Minister der katalanischen Regierung – der Minister für Territorialfragen und Nachhaltigkeit, Josep Rull, und der Innenminister, Joaquim Forn – im Gefängnis von Lledoners in der Provinz von Barcelona jegliche Nahrungsaufnahme. Sie schließen sich damit dem Protest des Ex-Vorsitzenden der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), Jordi Sànchez, und des Ex-Sprechers der katalanischen Regierung, Jordi Turull, an.

Sie protestieren mit der Aktion gegen das spanische Verfassungsgericht. Das verschleppe absichtlich alle Einsprüche der Gefangenen im Ermittlungsverfahren wegen „Aufstand“, „Rebellion“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober vergangenen Jahres, behaupten die Inhaftierten.

Die Abstimmung wurde trotz Verbot durch die Zentralregierung in Madrid durchgeführt. Den Angeklagten, unter denen sich zahlreiche Minister des ins Ausland geflohenen ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puig­demont befinden, drohen – so die Forderung der rechtsradikalen Partei VOX – bis zu 55 Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 25 Jahre. Die vier wurden im vergangenen Dezember auf der Liste von „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat) von Puigdemont ins katalanische Parlament gewählt. Sànchez und Turull kandierten gar für den Posten des Regierungschefs. Insgesamt haben die Anwälte der Angeklagten ein Dutzend Beschwerden beim Verfassungsgericht eingelegt. Das hat alle akzeptiert, aber bisher keine Entscheidung gefällt. Gegen Urteile des obersten Gerichtshofs kann keine Berufung eingelegt werden.

Es bleibt nur der Gang nach Europa. Und dieser ist verbaut, solange das spanische Verfassungsgericht nicht entschieden hat. Die erste Beschwerde ging am 22. November 2017 ein. Unter anderem haben die Angeklagten mehrere Richter als befangen abgelehnt. Knapp 160.000 Menschen haben sich per Online­petition mit Sànchez und Turull solidarisiert. Neben den katalanischen Parteien stellte sich auch die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, und ihre linksalternative „En Comú“ hinter die Hungerstreikenden.

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3 Kommentare

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  • Danke :) Mich mach das immer wahnsinnig!



    Zu erwähnen wäre, dass sich mittlerweile über 203.000 Menschen per Onlinepetition mit ihnen solidarisiert haben. Genauso wie der Vizepräsident Belgiens und über 40 EU-Abgeordnete. Die Tatsache, dass Einsprüche seit über einem Jahr nicht bearbeitet wurden, obwohl nach der bisherigen Rechtssprechung des Verfassungsgerichts ein Einspruch nach spätestens 30 Tagen bearbeitet worden sein soll (und was oft innerhalb von 24 Stunden geschieht, wenn es dem Staat nützt), kann man nur damit erklären, dass die Bearbeitung absichtlich verschleppt wird, um den Weg zu europäischen Gerichten zu verzögern.

    • @Joanet:

      Daß friedliche Aktivisten und Politiker in U-Haft sitzen, ist auch weder nachvollziehbar noch gerechtfertigt. Diese ganze Justiz-Farce ist Resultat einer nicht aufgearbeiteten Diktatur und eines autoritären Staates, welcher verzweifelt versucht, seine Pfründe zu retten.



      Die EU sollte Druck machen, daß hier in Zukunft EU-Standards respektiert werden.

  • Es heißt nicht "katalOnisch", es heißt "katalAnisch".



    Liebe Grüße aus Barcelona, der katalAnischen Hauptstadt KatalOniens.