Umweltzerstörung in China: Autoshow vor dem Ende
Nirgends verdienen die deutschen Autobauer so viel Geld wie in China. Und sie wollen weiter investieren. Dabei steht ein Ende des Booms unmittelbar bevor.
PEKING taz | Draußen herrscht dichter Smog, die Autochefs lassen sich ihre Show dennoch nicht nehmen. Am ersten Tag der Peking Autoshow herrscht in den Hallen am Stadtrand der chinesischen Hauptstadt eine Megastimmung. China feiert, denn die Peking Autoshow hat sich binnen weniger Jahre zur Leitmesse der Branche in Asien entwickelt – und damit zu einer der wichtigsten der Welt.
Am besten gelaunt sind die deutschen Autobauer. Volkswagen werde in diesem Jahr mehr als 3,5 Millionen Autos auf dem weltgrößten Automarkt verkaufen, verkündet Martin Winterkorn, Chef von Europas größtem Autokonzern. „Große Autos sind in China wichtig“, sagt BMW-Vorstandsmitglied Ian Robertson und präsentiert eine von der Fachpresse als „9er BMW“ beschriebene extralange Edelkarosse.
Auch Daimler ist zufrieden: Der schwäbische Konzern peilt für 2014 ein noch stärkeres Wachstum als die elf Prozent des vergangenen Jahres an und will 100 neue Vertriebsstätten eröffnen. In keinem anderen Land verdienen die deutschen Hersteller derzeit so viel Geld wie in der Volksrepublik. Die Zahl der von ihnen in China verkauften Fahrzeuge hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht: von 1,1 auf 3,7 Millionen Autos. Spätestens 2015 soll die Volksrepublik Europa als größten Absatzmarkt für deutsche Autobauer abgelöst haben.
Dabei ist ein Ende des Booms längst absehbar. Der Grund: China versucht, die Luftverschmutzung zu verringern. Die Verdreifachung der Zahl der Autos seit 2008 hat die Luft vielerorts verpestet. Die Autolobbyisten behaupten zwar, der extreme Smog in Peking, Schanghai und inzwischen Hunderten weiteren Städten gehe überwiegend auf die Kohleindustrie zurück. Bei den Autos hingegen gelte längst die höchste Abgasnorm. Sie würden kaum zur Feinstaubbelastung beitragen.
Doch chinesische Wissenschaftler haben erst zu Jahresbeginn eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass es in den Städten die Autoabgase sind, die den durch Kohleverbrennung verursachten Feinstaub binden – und dadurch erst den giftigen Luftmix entstehen lassen.
Chinas Premierminister Li Keqiang hat diesen Zusammenhang erkannt – und Fahrverbote und eine deutliche Reduzierung der Autozahl angekündigt. Die Folge: Panikkäufe der Chinesen und ein äußerst erfolgreiches erstes Quartal 2014 im Automarkt. Wenn die Beschränkungen tatsächlich in Kraft treten, wird der Verkauf allerdings auf einen Schlag drastisch sinken.
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