Umwelthilfe siegt gegen Daimler-Anwalt: Die Meinungsfreiheit überwiegt

Ein Erfolg für die Umwelthilfe: Die Richter heben eine einstweilige Verfügung auf. Damit darf ein Drohbrief von Daimler wieder veröffentlicht werden.

Im Kammergericht Berlin. Die Richter sitzen, die Anwälte stehen.

Der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch (3 v. r.) darf sich über den Ausgang des Prozesses freuen Foto: Malte Kreutzfeldt

BERLIN taz | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat einen Erfolg gegen den Daimler-Anwalt Christian Schertz errungen. Das Kammergericht Berlin hob am Dienstag eine Einstweilige Verfügung gegen den Verband auf. Darin war es der DUH untersagt worden, aus einem Drohschreiben zu zitieren, das Schertz dem Verband im Auftrag von Daimler geschickt hatte. Die Meinungsfreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit seien in diesem Fall höher zu bewerten als das Recht des Anwalts am eigenen Wort, sagte eine Gerichtssprecherin.

Schertz hatte vor einer Pressekonferenz der DUH mit Schadenersatzforderungen gedroht, falls durch die Öffentlichkeitsarbeit des Umweltverbands auch nur „der Eindruck entstehen“ sollte, dass Daimler Abgaswerte manipuliere. Zugleich verbot der bekannte Medienanwalt, dieses Schreiben „ganz oder in Teilen“ zu veröffentlichen. Als die DUH dies ignorierte und das Schreiben mit geschwärzten persönlichen Daten ins Netz stellte, erwirkte er eine einstweilige Verfügung, die nun aufgehoben wurde.

Schertz' Kanzlei-Kollege Sebastian Gorski hatte vor dem Kammergericht argumentiert, dass die Veröffentlichung das „Selbstbestimmungsrecht“ über das eigene Wort verletze. Mit der Veröffentlichung gegen den erklärten Willen habe die DUH „Häme über den Antragsteller ausgeschüttet“. Zudem sei die „Berufsfreiheit“ des Anwalts bedroht, weil Mandanten abgeschreckt werden könnten, wenn Schreiben veröffentlich werden.

Die Anwältin der DUH, Christine Danzinger, hatte hingegen erklärt, das Schreiben sei eine „Drohgebärde“, mit der Druck ausgeübt werden sollte. Darüber müsse der Empfänger die Öffenlichkeit informieren dürfen. Ein generelles Verbot, aus anwaltlichen Schreiben zu zitieren, gebe es nicht. Dem schloss sich das Gericht am Nachmittag an. Eine schriftliche Begründung liegt noch nicht vor.

Der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, zeigte sich hoch erfreut über die Entscheidung. „Daimler ist kolossal gescheitert mit dem Versuch, einen Umwelt- und Verbraucherverband einzuschüchtern und das auch noch geheimhalten zu wollen“, sagte er der taz. Das Schreiben von Schertz wurde unverzüglich wieder online gestellt.

Medienanwalt Schertz erklärte hingegen, er sei „überrascht“ von der Entscheidung. „Wir werden die Begründung prüfen und über Rechtsmittel nachdenken“, sagte er. Die endgültige Entscheidung sei zudem noch offen, so Schertz. Denn neben der einstweiligen Verfügung sei wegen der Veröffentlichung des Schreibens ein weiteres Verfahren beim Landgericht Hamburg anhängig.

Hintergrund des umstrittenen Schreibens war eine Pressekonferenz, in der die DUH Messergebnisse vorgestellt hatte, bei denen ein Mercedes-Modell die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten hatte, wenn der Testzyklus mit warmem Motor oder auf der Straße statt im Labor gefahren worden war.

Daimler hatte damals jegliche Manipulation der Abgasreinigung bestritten. Inzwischen hat das Unternehmen eingeräumt, dass diese „flexibel geregelt“ werde, um Schäden am Motor zu verhindern, was als Ausnahme erlaubt sei. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hält das Vorgehen von Daimler hingegen für illegal.

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