Umstrittenes Gesetz in Großbritannien: London plant neues Asylrecht
Asylsuchende, die illegal ins Land kommen, sollen nur noch beschränkt unterstützt werden. Für legal Einreisende gibt es Erleichterungen.
Die Regierung, so Patel, wolle „das Geschäftsmodell des Menschenhandels zerstören“. Konkret bedeute dies, dass in Zukunft Menschen, die nicht über legale und sichere Wege ins Vereinigte Königreich eingereist sind, selbst bei erfolgreichen Asylanträgen nur mit beschränkter Unterstützung des Staates rechnen könnten und nur noch limitierte Rechte auf Familienzusammenführung hätten. Wer illegal ins Land reise, erhalte auch kein permanentes Aufenthaltsrecht mehr, sondern könne nur noch maximal 30 Monate im Land bleiben, bevor neue Anträge gestellt werden müssten.
Andererseits würden Programme ausgebaut werden, um die bisher so gut wie unmögliche legale Einreise von Flüchtlingen möglich zu machen. Derartige Flüchtlinge würden permanentes Bleiberecht erhalten sowie erweiterte Sprach-und Integrationshilfen.
In Zukunft soll es gegen die Ablehnung von Asylbescheiden nur noch eine einzige Berufungsmöglichkeit geben, und die momentan bestehende Möglichkeit, Abschiebungen kurzfristig durch eine einstweilige Verfügung zu stoppen, soll abgeschafft werden. Zudem soll das Strafmaß für Menschenhandel und für sich illegal in Großbritannien aufhaltende Personen erhöht werden.
Patels Pläne auf Prüfstand
Die Maßnahmen, behauptete die Ministerin gegenüber BBC, stünden in vollem Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention, dem internationalem Recht und der Europäischen Konvention für Menschenrechte, da sie sich auf Menschen konzentrierten, die aus bereits sicheren Ländern ins Vereinigte Königreich einreisen wollten.
Es sei nicht fair, dass junge Männer, die sich illegale Einreisen über Menschenschmuggel finanzieren oder unterwegs bereits in anderen sicheren Ländern Asyl hätten beantragen können, sich vor Frauen, Kindern und Familien drängelten, die in den verzweifeltsten Situationen steckten und nicht die gleichen Möglichkeiten hätten.
Seit 2015, so Patel, deren Eltern selbst einst als Flüchtlinge aus Uganda nach Großbritannien kamen, habe das Vereinigte Königreich 25.000 Schutzsuchende durch Resettlement-Programme bei sich aufgenommen. Das sei mehr als jedes andere europäische Land, behauptete sie. Als Beispiel für die geplanten neuen legalen Einreisemöglichkeiten nannte sie die 5 Millionen Hongkonger*innen mit britischen Überseepässen, denen neuerdings erstmals ein Bleiberecht zugestanden wird.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR versprach, die Pläne Patels zu prüfen. Verbesserte Systeme mit ausreichend Personal könnten zu faireren und schnelleren Verfahren führen, die weniger missbrauchsanfällig seien. „Flüchtlinge müssen nicht im ersten sicheren Land Asyl beantragen, haben aber auch kein unbeschränktes Recht, sich ein Land dafür auszusuchen“, so das UNHCR. Es gäbe jedoch legitime Gründe, wie familiäre oder andere Verbindungen, in bestimmten Ländern Schutz zu suchen.
Enver Solomon, Geschäftsführer der Hilfsorganisation Refugee Council, warf hingegen der Regierung vor, unrechtmäßig zwischen Flüchtlingen auf Basis der Art ihrer Einreise diskriminierend unterscheiden zu wollen. Labours Schatten-Innenminister Nick Thomas-Symonds kritisierte, dass Patel in einer langen Tradition inhumaner konservativer Asylpolitik stehe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance