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Baugrundstück in Greifswald Foto: Gunthard Stübs

Umstrittenes Bauvorhaben in GreifswaldBürger ohne Stimme

In einem historischen Viertel in Greifswald soll ein Renditeobjekt platziert werden. Der Bürgermeister ist der einzige grüne OB Ostdeutschlands.

D er Ryck ist kaum dreißig Kilometer lang, in Greifswald aber fahren auf dem Flüsschen schon Schiffe und an einer Hafenmole machen sich Rammen zu schaffen. Lärm hallt über das Wasser. Hinter einer Brücke beginnt die Steinbeckervorstadt, der älteste Vorort von Greifswald. Rechts liegt der Museumshafen, doch Ines Yitnagashaw schenkt dem maritimen Flair keine Blicke. Sie lenkt ihren Schritt auf ein verlassenes Autohaus zu, das gleich hinter dem Fluss an einer Straßenecke liegt – verstaubtes Glas, schiefe Hinweistafeln und ziemlich viel Graffiti bekunden, dass der Fahrzeughandel verzogen ist.

Ines Yitnagashaw hat die Schultern hochgezogen, als müsste sie sich gegen etwas wappnen. Das Autohaus schloss Ende Juli, beginnt sie. Bald soll es abgerissen werden, obwohl das unscheinbare Ensemble durchaus denkmalwürdig wäre. Zur Zeit der Schwedenherrschaft, vor über zweihundert Jahren, war die geduckte Kate ein Gasthof. Noch früher war hier, vor der Stadt, ein Hospital mit Kirche und Friedhof. Wenn Bagger die Tiefgarage ausschachten, dürften Reste von Gräbern ans Licht kommen, prophezeit Yitnagashaw.

Aber wer braucht eine Tiefgarage? Wer braucht 48 Wohnungen auf fünf Etagen? Wer braucht einen Wohnblock, der auf einen Schlag die Einwohnerzahl der kleinen Vorstadt um die Hälfte vergrößern würde? Wer braucht so einen Bau mit historisierenden Gauben an diesem zentralen Platz zwischen Altstadt, Museumshafen und Steinbeckervorstadt, einem Viertel, das sich doch behutsam entwickeln soll?

Die Tücken des Baurechts

Masterplan: Ein Masterplan ist ein Instrument der Stadtplanung, der mit Bürgerbeteiligung erarbeitet werden kann. Er wird von der Gemeindevertretung angenommen, hat aber keine Rechtskraft.

Bebauungsplan: Der Masterplan wird Grundlage für den Bebauungsplan (B-Plan). In ihm sind Vorgaben festgesetzt (unter anderem zur Traufhöhe, Anzahl der Geschosse). Er wird von der Gemeinde beschlossen und hat Rechtskraft.

Baugesetzbuch: Liegt kein B-Plan vor, werden Anträge nach Baugesetzbuch (BauGB) entschieden. Sein Kern: Ein Bau ist zulässig, „wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“.

Gemeindliches Einvernehmen: Das BauGB gibt der Gemeinde das Recht, ein Bauvorhaben auch abzulehnen. Geschieht dies rechtswidrig, kann es eine übergeordnete Behörde genehmigen. (taz)

„Wir fühlen uns verarscht!“ Ines Yitnagashaw wird laut. Sie leitet in der 60.000-Einwohner-Stadt ein Architektenbüro und ist ehrenamtlich Vorsitzende der Altstadtinitiative, eines Vereins, der sich schon seit 1989 für die Erhaltung historischer Häuser einsetzt. So viel ist klar, der geplante Bau widerspricht allen Zielen des Vereins. Im Juni beantragte sie, den ehemaligen Gasthof auf die Denkmalliste zu setzen. Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege bescheinigte dem Ensemble zwar im Kern die vermutliche Herkunft aus dem 18. Jahrhundert. Doch das allein rechtfertige keinen Denkmalrang. Die Bagger können anrollen. Greifswald wird wieder ein Stück seiner baulichen Identität verlieren.

Ein Masterplan, der nur auf dem Papier steht

Doch es sind nicht allein der Abriss und der viel zu große Neubau, die Ines Yitnagashaw so sehr in Rage versetzen. Solchen Frevel hat sie schon oft erlebt. Diese Zerstörung hat noch eine andere, größere Dimension. Warum will die Stadtverwaltung hier einen Bau genehmigen, der das Engagement von Anwohnerinnen und Anwohnern zunichtemacht? Seit Mai 2018 haben sie in einem Masterplanverfahren mit der Stadt eine Vision für ihr Quartier entworfen. Eine Steinbeckervorstadt mit gemeinwohlorientierten Wohnprojekten und bezahlbaren Wohnungen für Familien, mit Platz für Wohngemeinschaften und Baugruppen, mit einer kleinteiligen Struktur, mit autofreien Straßen, mit einer Mobilitätsstation, mit Kulturangeboten, mit Initiativen, mit Gärten und Grün und renaturierten Mooren ringsum.

Die Greifswalder Bürgerschaft hat den 35-Seiten-Plan im August verabschiedet. Tage später machte die Nachricht von dem kolossalen Bau die Runde. Wer wird beim nächsten Aufruf zur Bürgerbeteiligung noch folgen, wenn am Ende Frust steht? Und das alles unter Stefan Fassbinder, dem einzigen grünen Oberbürgermeister in ganz Ostdeutschland.

Ines Yitnagashaw (l.) und Juliane Kahl wollen ihre Vorstadt retten Foto: Thomas Gerlach

Ines Yitnagashaw schiebt eine Plane beiseite, inspiziert den Hinterhof. Dahinter öffnet sich der Blick auf Wiesen und Gräben. Das Niveau liege teilweise unter dem Meeresspiegel, erzählt sie. Die Moore ringsum sollen wieder gewässert werden, als Biotop für Insekten, Vögel und Amphibien – und als CO2-Speicher. Auch das sind Ziele im Masterplan. Was aber, wenn die Tiefgarage das Grundwasser senkt? Wenn das Haus mit den üblichen klimaschädigenden Materialien, Zement und Stahl, errichtet wird? „Sie könnten doch wenigstens was aus Holz bauen!“ Es klingt wie ein Stoßgebet an die Investoren, zwei Greifswalder Unternehmer, der eine aus der Immobilien-, der andere aus der Pharmabranche.

Das Stiefkind der Stadt

Die Steinbeckervorstadt war lange ein Stiefkind der Stadt, erzählt Ines Yitnagashaw. Vieles ist ungeordnet. Garagen aus DDR-Zeiten, ein silbergrauer Getränkemarkt, ein Recyclinghof, ein Parkplatz, eine Tankstelle, dazwischen Baulücken. Aber es gibt auch verwilderte Gärten, am Hafen die Promenade mit Restaurants, Liegeplätzen, eine historische Bootswerft. Die Grundstruktur hat sich seit Jahrhunderten nicht verändert. Und das alles zwischen der Altstadt mit ihren Backsteinkirchen, Kneipen, Fakultäten und Instituten und herrlich weiter pommerscher Landschaft. Fünf Kilometer von hier plätschert die Ostsee.

Hier könnte sich ein ideales städtebauliches Projekt entwickeln, familienfreundlich, ökologisch, sozial gemischt. Eigentlich ein Traum für jeden grünen OB. „Wo ist der Gestaltungswille?“, fragt Ines Yitnagashaw und redet sich schon wieder in Fahrt. Jetzt, da es kaum noch Baugrund in der Innenstadt gebe, geraten die Vorstädte in den Blick. Die Renditeaussicht steigt. Eine Immobiliengesellschaft hat erst im September hier knapp 15.000 Quadratmeter für 1,8 Millionen Euro versteigert, obwohl das meiste davon Moorboden ist. Goldgräberstimmung. Und bald soll hier ein hochpreisiges Gebäude mit reichlich Zweizimmerapartments und Balkonen aus Glas stehen. „Da sitzt dann die Schickeria und blickt herab.“ Ines Yitnagashaw winkt ab. „Ich bin enttäuscht von unserem Bürgermeister.“

Von dem zukünftigen Bauplatz ist es eine Viertelstunde bis zum Markt mit den restaurierten Giebelhäusern. Doch vorher erzählt die Innenstadt eine andere, verstörende Baugeschichte. Zwar hatten couragierte Einwohner die Stadt im Jahr 1945 kampflos der Roten Armee übergeben und so vor der Vernichtung bewahrt, anders als das benachbarte Anklam. Trotzdem scheint es, als hätte auch in Greifswald eine Schlacht getobt, der Hunderte Gebäude zum Opfer fielen.

In Wahrheit hatte die DDR kein Interesse und keine Mittel, die Altstadt zu erhalten. Mithilfe eines „Aufbaugesetzes“ wurde großflächig enteignet und abgerissen. Die Hälfte der historischen Bausubstanz ging verloren, ersetzt durch „industriellen Wohnungsbau in der Innenstadt“, wie es in der DDR hieß. Und so sehen dort Straßenzüge aus wie Plattenbauviertel in Miniatur, Dreigeschosser mit Mansarde, als Hauptgestaltungselement Quadrate aus Beton. Die junge Architektin Yitnagashaw, einen Abschluss aus Weimar in der Tasche, wollte gar nicht mehr zurück in diese Einöde. Dann aber war sie Mitgründerin der Altstadtinitiative, die 1989 erstmals Häuser vor der Zerstörung rettete.

Der Bürgermeister und das Baurecht

Das Rathaus ist vorbildlich restauriert. Auf der langen Diele im Obergeschoss blitzt das Parkett. Die schwere Tür am Ende ist reichlich verziert, dahinter aber liegt nur ein nüchterner Tagungsraum. Oberbürgermeister Stefan Fassbinder stellt die kleine Runde vor: Bausenatorin Frau von Busse, Herr Kaiser vom Bauamt, dazu die Pressesprecherin. Fassbinder – silbrige Haare, silbriger Bart, silbrige Brille, die Augen freundlich. Er stammt aus Baden-Württemberg, ist 54 Jahre alt. Im Jahr 1999 zog der Historiker nach Greifswald, engagierte sich in der Kommunalpolitik und beendete 2015, getragen von einem Bündnis aus Grünen, SPD, Linkspartei und Piraten und mit der hauchdünnen Mehrheit von nur 15 Stimmen, die 25-jährige CDU-Herrschaft im Rathaus.

„Wir sind stolz auf den Masterplan“, eröffnet der OB freudestrahlend, „und ich fände es schade, wenn dieses Bauvorhaben den ganzen Masterplan entwerten würde.“ Fassbinder scheint die ganze Aufregung nicht zu verstehen. Zumal der Bau doch nur 1 Prozent des gesamten Bereiches umfasse, wie er vorrechnet. „Dass ein Bauvorhaben im Anmarsch ist und dass das nicht so einfach werden würde, war uns klar“, räumt er dann aber ein. Doch jeder Mensch könne nun einmal einen Bauantrag stellen, habe auch ein Recht auf Verschwiegenheit und darauf, dass er nach geltenden Gesetzen behandelt werde. Kurzum – es gehe um ein privates Bauvorhaben „wie jedes andere“. Ein Bauvorhaben allerdings, das die Stadt über Jahrzehnte hinaus prägen würde. Die Gestaltung spiele für einen Bauantrag keine Rolle, betont Fassbinder. Auf ästhetische und städtebauliche Diskussionen lässt er sich nicht ein. „Wir müssen den Antrag bearbeiten.“ Sollte man die Baugenehmigung versagen, könnten sich die Bauherren das vor Gericht erstreiten.

„Das Baurecht gibt den gesetzlichen Rahmen“, übernimmt jetzt Jeannette von Busse, Bausenatorin und Vizebürgermeisterin von der CDU. Der Masterplan sei nun einmal kein Baurecht. Das leite sich nur aus dem Baugesetz her. Da es für das Areal keinen Bebauungsplan gebe, habe ein Antragsteller Anspruch darauf, die Baugenehmigung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch erteilt zu bekommen. Der Bauamtsleiter wirft noch ein: „Wir haben nicht genug Wohnraum“, und die Pressesprecherin legt Wert darauf, dass nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner der Steinbeckervorstadt so ablehnend seien. „Die Bürger haben Anspruch darauf, dass nach Recht und Gesetz gearbeitet wird“, schließt Fassbinder. „Alles andere wäre Willkür.“ Sein Lob auf den Rechtsstaat fällt staatstragend aus. Als ob in der Steinbeckervorstadt Putschisten wären.

Juliane Kahl ist keine Putschistin. Sie will nur, dass sich der OB einsetzt, dass es bei der behutsamen Entwicklung des Stadtteils bleibt und kein überdimensionierter Neubau entsteht. Dafür engagiert sie sich in der Bürgerinitiative Steinbeckervorstadt. Die junge Landschaftsökologin erscheint als eine geradezu typische Anhängerin der Grünen. Bei der letzten Kommunalwahl habe sie auch für diese Partei gestimmt, erzählt sie. Wer sonst steht für eine klimafreundliche Politik, Bürgerbeteiligung, sozial ausgewogene Stadtplanung und moderne Mobilität? Juliane Kahl war am Vormittag mit dabei, als Ines Yitnagashaw durch die Vorstadt führte. Jetzt geht Kahl über die Hafenpromenade, auf der im Sommer reichlich Touristen flanieren. Und ganz gleich, an welcher Stelle man sich befindet, der Neubau am Beginn der Flaniermeile wäre stets im Blick.

Massiv: Dieses Wohnhaus (Animation) soll zwischen historische Gebäude platziert werden Foto: Braun & Fehlhaber GbR

Die 33-Jährige lebt mit Mann und Kind in einer der beiden Groß-WGs im Viertel, nicht weit von hier. Sie erzählt kurz vom Familienleben in einer Kommune mit 70 Erwachsenen und Kindern, direkt neben dem zukünftigen Neubau. Es wird Konflikte geben mit den neuen Nachbarn. Die Lebensweisen werden nicht zusammenpassen, die Geldbeutel auch nicht, bei einem vermuteten Quadratmeterpreis zwischen 8,50 bis 10,50 Euro Kaltmiete. Hier die Geselligkeit, dort die Absonderung. Hier die Fahrräder, dort die Tiefgarage. Hier die Moorwiesen, dort der Tennisrasen. Und dazwischen ein Bürgermeister, der stoisch einen Bauantrag verteidigt, der in Wahrheit den Masterplan ruiniert, auf den der OB so stolz ist.

„Sensation! Fassbinder gewinnt mit 15 Stimmen Vorsprung“, titelten die Regionalzeitungen im Mai 2015, als nach der Stichwahl der Sieger feststand. Sein Amt konnte Fassbinder allerdings erst im November antreten. Der unterlegene CDU-Kandidat war so bestürzt, dass er Einspruch einlegte, weil eine Fußmatte zeitweilig eine Tür zu einem der Wahllokale blockierte und so die Wahl verfälscht haben könnte. Erst im Februar 2016 verzichtete der Unterlegene auf den Gang zum Oberverwaltungsgericht. Der „Fußmattenstreit“ war Geschichte, die CDU erstmals besiegt.

Die Christdemokraten in Vorpommern gelten als stramm konservativ. Trotzdem war ihr bundespolitisches Aushängeschild 25 Jahre lang Angela Merkel. Doch seitdem die AfD bei Landtagswahlen die CDU in Vorpommern überflügelt hat und in manchen Gemeinden über 40 Prozent holt, ist es der Wunderknabe Philipp Amthor, der die Partei zu neuer Größe führen soll. Allerdings hat sich Amthor wegen Lobbyismusvorwürfen erste Blessuren eingehandelt. Auf den CDU-Landesvorsitz musste er vorerst verzichten.

Mitstreiter Amthors ist der Jurist Sascha Ott, der 2016 das Justizressort in Schwerin übernehmen sollte. Weil der designierte Minister auf Facebook Sympathie für die AfD hatte erkennen lassen, zog die Landes-CDU die Personalie zurück. Ott beklagte daraufhin die fehlenden konservativen Werte in seiner Partei und gründete im selben Jahr mit Gleichgesinnten den „Konservativen Kreis“, eine Art regionale „Werteunion“, mit Amthor an seiner Seite. Die beiden sind außerdem Mitglieder im Kreistag von Vorpommern-Greifswald. CDU-Fraktionsvorsitzende ist dort Jeanette von Busse, hauptamtlich Bausenatorin und Greifswalder Vize­bür­ger­meiste­rin. Die Frau, der das Bauamt unterstellt ist und die OB Fassbinder bei der Frage so tatkräftig den Rücken gestärkt hat, warum das Bauvorhaben in der Steinbeckervorstadt quasi unabwendbar ist.

Oberbürgermeister Stefan Fassbinder beruft sich aufs Baurecht Foto: Stefan Sauer/dpa

„Dass die CDU beim nächsten Mal wieder den OB stellen will, ist vollkommen verständlich“, sagt Jörn Kasbohm, Fraktionschef der Linken in der Bürgerschaft. An Überlegungen, ob die CDU dabei auch die Diskreditierung des amtierenden OB im eigenen Milieu in Kauf nähme, will sich Kasbohm nicht beteiligen. Er hält sich an Fakten, und was die kommunalpolitische Zustimmung betrifft, sitzen Linke und CDU im selben Boot, überrascht er. Beide Parteien haben seit 1990 bei Kommunalwahlen kontinuierlich an Stimmen verloren. Greifswald mit seiner Universität wird grüner. Die Steinbeckervorstadt als ökologisches Vorzeigequartier wäre da geradezu ein Traum. Oder ein Albdruck. Je nachdem.

Noch ist nicht entschieden

Über den Bauantrag ist noch nicht entschieden. Einen Hebel hat die Bürgerschaft noch, erzählt Kasbohm, er heißt „gemeindliches Einvernehmen“, eine Prüfung, ob ein Bauvorhaben zulässig ist, allerdings nur in engem rechtlichem Rahmen. Die Kernfrage: Fügt sich der Neubau, etwa bei Geschosshöhe und Volumen, in die nähere Umgebung ein? Nein, sagt Kasbohm und mit ihm die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen, die gemeinsam Bürgermeister Fassbinder 2015 ins Amt halfen und seitdem stützen. Die drei Fraktionen wollen mit ihrer knappen Mehrheit dieses Einvernehmen versagen. Dass die Bauherren angekündigt haben, auf einen flachen Kegel auf dem Dach und damit auf etwa zwei Meter Höhe zu verzichten, ändert daran nichts. Der Hebel ist allerdings äußerst fragil. Kasbohm sagt, dass die Greifswalder Baubehörde den Antrag trotzdem genehmigen könnte. Am Ende müsste möglicherweise die Justiz ein Urteil fällen.

„Fakt ist, dass zwei Greifswalder Einwohner und Unternehmer einen Bauantrag […] mit einem womöglich genehmigungsfähigen Bauvorhaben eingereicht haben“, schreibt Sebastian Braun. Braun ist selbst einer der beiden „Einwohner“ und Spross eines Unternehmerpaares, das 1992 aus Frankfurt am Main nach Greifswald kam. Inzwischen hat die Familie in der Region ein Imperium aufgebaut, das auf der Produktion von Kochwürsten, Käse, Schinken und Maschinen, vor allem aber auf Medizinprodukten fußt. Flaggschiff ist ein Pharmaunternehmen in Greifswald mit rund 250 Beschäftigten und einem Umsatz von 400 Millionen Euro im letzten Jahr, Geschäftsführer ist Sebastian Braun.

Aus seiner Mail spricht eine gewisse Ermattung, was Fragen zu dem Bauvorhaben betrifft. Er, Braun, möchte nicht zum wiederholten Mal in die Vergangenheit blicken. Er warte auf den Bescheid gemäß der aktuellen Baugesetzgebung und zieht es vor, zu schweigen. Es bleibt sein Geheimnis, warum er es nicht für nötig hielt, sich am Masterplan zu beteiligen.

Waghalsig ist der Aufstieg auf den Turm von St. Nikolai. Der Greifswalder Dom ist das höchste Bauwerk der Stadt. Doch die 262 Stufen lohnen sich. Über die Dächer der Stadt geht der Blick übers Pommernland dorthin, wo die Ostsee glitzert. Irgendwo da hinten hat Caspar David Friedrich vor zweihundert Jahren die Silhouette seiner Heimatstadt verewigt. Bis heute hat sie sich kaum verändert. Die Steinbeckervorstadt, viel zu geduckt, gehörte nicht zu dem Panorama. Jedenfalls bis jetzt. Der Caspar-David-Friedrich-Blick dürfte sich verändern, wenn der Neubau mehr als 18 Meter in die Höhe ragt. Dass das einmal unter einem grünen Bürgermeister geschah, wird keiner ernsthaft glauben.

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27 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Der grüne Oberbürgermeister reißt sich für seine Wählerschaft in der Steinbecker Vorstadt in der Regel das Futter aus dem Jackett. In der Vergangenheit grenzte das im Einzelfall an Amtsmissbrauch.



    Das Geschrei der links-grünen Anwohnerschaft und Freunden dieses Klientels hat einzig und allein einen Grund: sie wollen tatsächlich nichts mit dem Klassenfeind zu tun haben und nicht mit "Bürgerlichen" Tür an Tür leben. Wo sie doch Unkraut und Unordnung so lieben. Es könnte Sauberkeit und getrimmter Rasen ihr Auge erzürnen. Die viel beschworene Toleranz für anders Lebende und Denkende versagt an dieser Stelle. Zu behaupten, dass man in der Nachbarschaft nicht miteinander klar kommen könnte, zeugt doch von Intoleranz und Aggressivität.. Der Slogan der Initiative Steinbecker Vorstadt lautet demzufolge auch "Einmischen und Mitreden". Schon das Wort "Einmischen", aufgrund meiner bürgerlichen Erziehung emotional negativ besetzt, illustriert den Charakter und das Auftreten dieser Bürgerinitiative. In der Stralsunder Straße stehen vor den Wohnprojekten die ältesten Diesel-Dreckschleudern (T4 Diesel) .. Ein Klassiker. Da würde natürlich ein Hybrid mit Stern auf der Motorhaube sauer aufstoßen.

    • @Katrin Bürger:

      oh mein G...



      es geht um ein Haus...



      das durch bauliche Tricks die Umgebungsbebauung überragen wird, das gesamte Hafengelände dominieren wird. Möglicherweise die Stadtsilhouette überragt, der Caspar David Friedrich Blick auf HGW (genau das, wo die "Bürgerlichen" sonst auf die Barikaden gehen) verbaut wird.



      Ein Haus, das sich mitnichten in die Umgebungsbebauung einfügt, eine Genehmigung aufgrund einer wirklich weiten Auslegung von §34.



      Wer darin wohnt, da machen wir uns nichts vor hat sowieso Geld, ob nun in diesem Raumschiff oder in einem angepassterem Gebäude und ist letztlich auch egal. Und es ist auch nicht Sinn der Stadtplanung bestimmte Bevölkerungsgruppen fern zu halten, obwohl das öfters dennoch passiert, aber eher in die andere Richtung, nach unten.

      • @nutzer:

        Ich bin ganz Ihrer Meinung : das geplante Haus ist unmöglich. Es ähnelt eher einer geriatrischen Einrichtung, ein einfallslos geplanter Klotz, 90er Style, absolut seiner Lage nicht würdig... Leider geht es den Akteuren der Steinbecker Vorstadtinitiative nur zu einem Teil um die Gestaltung und Form des Hauses. Erstmal dagegen sein! Aus Prinzip. Aber es klang in dem Artikel ja wenigstens ehrlich durch, dass sie einen ganzen Stadtteil am liebsten okupieren und unter sich bleiben möchten. Gut, dass auch andere Bürger die Chance bekommen, sich dort anzusiedeln. Das "Kämpfen für eine bessere Welt" liest man in dieser Vorstadt ja gern mal auf Plakaten. DIESE bessere Welt mag ich nicht mehr bewohnen.

        • @Katrin Bürger:

          ich sehe das so, dieses Haus ist so unmöglich, da braucht es alle Gegenstimmen. Die Frage, wer darin wohnt darf erst einmal in den Hintergrund treten. Für ausreichend Kritik ist für jede polit. Richtung was dabei.



          Den Anblick und die Auswirkungen müssen schließlich alle ertragen.



          Mich wurmt vor allem, das durch bauliche Tricks die Maximalhöhe stark überschritten wird und das von der Baubehörde so hingenommen wird.



          4 Vollgeschosse haben schon die Höhe der Nachbarsbebauung, dann noch 2 Halbgeschoße oben drauf, weils ja baurechtl. interpretabel ist, von der überdimensionierten Grundfläche ganz zu schweigen.

          Es wäre absolut schade, wenn über den Streit untereinander keine vernünftige Gegenwehr zu stande käme.

          Ihre Einschätzung der Steinbecker Vorstadt teile ich nicht, auf`s Ganze bezogen sind die studentischen Wohnformen auch da in der Minderzahl, es gibt aber ein paar herausstechende Häuser.



          Die "Gefahr" das die gesamte Vorstadt "alternativ" wird, sehe ich auch nicht, allein, das das neue Bauareal für sehr viel Geld versteigert wurde, wird das nicht ermöglichen.



          Die Gefahr besteht eher, das ein neues architektonisches Disaster mit Renditeimmobilien aus Styropor Plastikluken und aufgeklebten Steinplatten entsteht. Für Besucher ist dieses Viertel für Greifswald absolut prägend, Sollte sich HGW das antun?

  • Mich beschäftigt an der ganzen Sache am meisten, dass hier mal etwas anderes entstehen könnte als das Gängige, die Vision von dem beschriebenen Quartier. Das wäre doch mal ein echtes Projekt. Die ganzen rechtlichen Machenschaften kann ich als Normalbürger kaum nachvollziehen, mir bleibt nur die Erkenntnis, dass alternativ anderes Wohnen und Leben vom Profitdenken immer wieder verhindert wird.



    Die Fußmattengeschichte erinnert mich sehr an „Trump in der Provinz“.

  • Die Partei des OB ist belanglos, entscheidend ist die Baudezernentin, zufällig CDU - die Partei des Geldes.



    Wenn die ihrem OB sagt, ist so, dann müsste der schon echt aktiv werden, um dagegen anzukommen.



    Will er scheinbar nicht.



    (schwach, aber ist ihm halt nicht so wichtig)



    Wenn der Rat handeln will, dann muss eben ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden. Das reicht vorläufig, und kann sofort wirken.



    Außerdem könnte es sich lohnen, wenn eine Ratsfraktion sich mal ein vernünftiges Rechtsgutachten über die Zulässigkeit ohne Plan einholt. Das kostet nicht die Welt und liefert Fakten, die der Verwaltungsposition entgegen gehalten werden können.



    Den anderen Foristen stimme ich zu - das Sieht schon sehr zweifelhaft aus...

    • @mensch meier:

      wenn die Bürgerschaft einen Masterplan verabschiedet der genau das Gegenteil beinhaltet und dann das Baudezernat solchen einen Plan durchwinken will, wäre das nicht der Zeitpunkt für einen OB da sich zu positionieren? Er wurde ja schließlich nicht gewählt, weil grün eine schöne Farbe ist, sondern wegen der Hoffnung auf eine andere Politik im Rathaus.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Ist jetzt nicht so die Perle. Hab da selber in der Gegend ein Denkmal und kenne Ruinen, die man sanieren könnte, die mehr her machen. Aber stehen zum Beispiel neben Schweineställen oder in Windkraftanlagen Gebieten. Die kauft oder verkauft niemand. War Greifswald nicht Mal fest in der Hand von Burschenschaften? Ernst Moritz Arndt?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Langjährige zähe Arbeit hat ja tatsächlich dazu geführt dass Burschenschaften in Greifswald zwar noch immer gefährliche Netzwerke spinnen - Initiativen und politische Gruppierungen durch das Studentische Leben allerdings mehr Zulauf haben und die Stadt kulturell und Bildungspolitisch Weltoffener geprägt ist also noch vor 10 Jahren. Das macht Greifswald mit seiner geographischen Lage zu einer kleinen ,alternativen‘ Oase. Keine Verharmlosung an dieser Stelle: Nazis gibts hier noch genug!



      Dies müsste einem grünen OB bewusst sein, wie wichtig eine solche Stadt im Gesamtkontext als gelebte Alternative sein kann. Mal abgesehen davon dass 3 Steinwürfe weiter ebenfalls am Hafen schon reihenweise Protzbauten entstehen, welche der ebenfalls von Gentrifizierung betroffenen Stadt nicht helfen angemessenen Wohnraum zu kultivieren. Das Quartiersprojekt wäre somit zumindest eine Alternative zu den bereits entstandenen Bauten die sich wenige Menschen leisten können. Die Umsetzung des Baus wäre in der Tat eine weitere Aufspaltung in Das reiche Hafengebiet und eben den Rest a la deine Schicht ist dein Wohnraum: Platte - Innenstadt - Hafen

      • @outsourced:

        nur weil es rechtsextreme Burschenschaften in HGW gibt kann man nicht pauschal auf HGW schließen. Burschenschaften sind ein Problem, die andere Seite ist das Greifswald seit der Wende die einzige Stadt im östl MV war, wo Nazis nicht wirklich den Fuß auf den Boden gekriegt haben, Es gab und gibt eine starke linke Szene und die Uni hat auch ihren Teil dazu beigetragen ein anderes Klima in der Stadt zu schaffen.



        Fahrten aus HGW übers Land in den 90er waren immer eine Freakshow Bushaltestellen mit Nazis in jedem Dorf, ein Aussteigen hat sich da verboten, da war HGW schon eine Ausnahme, ganz nazifrei war es aber auch nicht, aber zumindest gab es auch Dresche für die Nazis und nicht nur von den Nazis.



        Die linke Gegenkultur gibt es nicht erst seit 10 Jahren, das kann nur aus einer Zugezogenenperspektive behaupten.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @outsourced:

        Danke für die Informationen. Ja, an der OstOstsee kann man sehen, wie viel Geld in Deutschland unterwegs ist und was es anrichtet. Zum Schluss sieht's aus wie an der Westostsee. Aber das können wir nicht aufhalten, dann lieber Immobilien etwas weiter im Innenland erhalten. In meinem Dorf wird da allerdings auch von den "Alternativen" gesündigt, die Waldorfschule und weiteren Gebäude sehen aus wie aus Schwaben nach MV versetzt.



        Und nach zweihundert Jahren, haben die Ureinwohner hier auch eigentlich keinen Bock mehr auf den alten Kram und wollen einen Steingarten.

  • Es ist eben ganz egal, wer regiert...

  • Drittens: Gestaltungssatzung müsste eigentlich auch gehen; wobei ich da jetzt nicht sicher bin ob das im BauGB oder in den Landesbauordnungen geregelt ist. Wenn das im MV bisher nicht möglich ist, sollte man mal in Schwerin lobbieren.

  • Ich kenne die Rechtslage in M-V nicht, aber in NRW könnte die Gemeinde eine Denkmalbereichsatzung am BauGB vorbei beschließen.

    Zweitens: Warum beschließt man denn nicht einfach den Ferien Bebauungsplan?

    • @Ruhrpott-ler:

      Fehlenden.

  • Für alle Nichtgreifswalder es geht um die 2 niedrigen Häuser links im Hintergrund hinter den Booten auf diesem Bild:



    (dort stelle man sich einmal das im Artikel abgebildete Haus vor)

    media-cdn.tripadvi...f/museumshafen.jpg

    • @nutzer:

      Danke für die Ergänzung.

  • Die Farbe des Bürgermeisters ist zweitrangig, wenn es um Geld geht.

    Ich lebe in Stuttgart. Hier gibt es ein kleines, Stadtnahes Gewerbegebiet, indem dereinst ein privat geführter Baustoffhandel ansässig war. Dieser wollte - um im Wettbewerb bestehen zu können - seine Fläche vergrößern. Dies wurde ihm verweigert - wegen des Masterplans, der kleinteiliges Gewerbe vorsah - und so musste er schließen.

    Direkt nach dem Auszug entstand dort ein OBI. Größer übrigens, als die Fläche, die der Vorgänger belegen wollte.

    Juristisch alles ganz tippi toppi, eh klar. Diese "Masterpläne" sind nur für die kleinen da. Die sollen nicht im Wege stehen, wenn die großen ihre Pläne umsetzen.

  • RS
    Ria Sauter

    Ich bin total geschockt, wenn diese schöne Hafenumgebung so verschandelt wird. Wenn Grüne an der Macht sind, wird es mittlerweile schwarz für die Bevölkerung. Hessen ist ein Beispiel, Hartz IV und die Kürzung des Rentenniveaus.



    Lässt nichts Gutes hoffen im Bund!

    • @Ria Sauter:

      Ich bin mit den Grünen in Hessen ziemlich zufrieden und werde ihnen auch höchstwahrscheinlich bei der nächsten Landtagswahl meine Stimme geben.

  • Da fragt sich doch, wozu braucht es einen grünen OB, wenn der sich weigert eine andere Politik zu machen und sich hinter Vorschriften versteckt?

    Davon einmal abgesehen, ist dieses Haus architektonisch eine Zumutung, Protz und Anheimelndes gehen hier eine unheimliche Mischung ein, aber das ist zugegeben eine persönliche Empfindung Allein durch seine schiere Größe würde dieses Gebäude den gesamten Hafenbereich, der jetzt eher ruhig und beschaulich ist dominieren. Es gibt kein vergleichbar hohes oder großes Gebäude in der weiteren Umgebung.

    Wie kann es ohne B-Plan eine Baugenehmigung nach §34 geben, wo man sich doch an der Nachbarbebauung zu orientieren hat...?

    Da gibt es bestimmt noch Möglichkeiten eine Genehmigung anzufechten, hoffentlich!

    • @nutzer:

      "Da fragt sich doch, wozu braucht es einen grünen OB, wenn der sich weigert eine andere Politik zu machen und sich hinter Vorschriften versteckt?"

      Ein OB ist, wie der NAme verrät, OB -- er ist eben nicht Chef des Bauamtes und daher auch nicht zuständig für die Genehmigung oder Ablehnung eines Bauantrages.

      Dass der OB von den Grünen gestellt wird, ändert auch nichts daran, dass er ebenso an Recht und Gesetz gebunden ist wie es die anderer Parteien wären.

      Dass der OB bei dieser Frage überhaupt verantwortlich ist, bezweifele ich stark. Daran ändert auch das Parteibuch nichts.



      Mir erscheint der Artikel als unsinnige Übersimplifizierung komplexer Sachverhalte und Reduktion auf Personen.

      Warum gibt es keinen Bebauungsplan?



      Wieso ist das Vorhaben angesichts des Lage (direkt am Ryck, moorig) genehmigungsfähig?

      Und andersherum:



      Warum ist die Höhe problematisch?



      Der dahinterliegende Klinikblock in direkter Sichtachse ist nicht niedriger noch sind es die Jahrhundertwende-Mietshäuser auf der anderen Strassenseite oder die (Neu-)Bauten an der Salinenstrasse.

      Nicht dass ich den geplanten Bau als Bereicherung oder nur akzeptabel empfände, aber mit seiner Mischung aus Grünen-Bashing, Romantisierung und Gentrifizierungs-Gespenst ist der Artikel jedenfalls wenig hilfreich.

      • @flip flop:

        nun, wenn Politiker nur noch Verwaltungsvorgänge umsetzen sollen dann brauchen wir doch nicht mehr wählen gehen.



        Es ist doch ein Märchen, das Bebauungspläne und Genehmigungen nur neutral begutachtet und genehmigt werden. CDU Politiker haben keine Probleme damit Ihre Ansicht zu Projekten zu äußern, was auch völlig legitim ist, dafür wurden sie ja gewählt. Grüne und Linke fallen jedoch regelmäßig damit auf, sich zu kontroversen Bauten und Planungsverfahren hinter Verfahrensregeln zu verstecken.



        Ganz so, als ob Politik nichts zu entscheiden hätte.

        Versuchen Sie einmal eine Baugenehmigung für ein 4 1/2 geschossiges Mietshaus in einer mehrheitlich 1 1/2 geschössigen Umgebung mit einem einzigen 3 1/2 geschössigen Haus in der Umgebung zu bekommen. Dann werden Sie merken, wie viel politischer Wille da nötig ist um das zu ermöglichen, auch wenn es nach §34 gerade noch zulässig wäre. Wenn die Entscheider da nicht wollen bewegt sich nichts. Es stimmt einfach nicht das da nur objektive Kriterien zählen.

        • @nutzer:

          zu den einzelnen Punkten:



          Warum gibt es keinen Bebauungsplan?

          Das gibt es ziemlich häufig, lohnt sich nicht, ist den Kommunen zu teuer und bindet über lange Zeit Verwaltungskraft.



          In einer Stadtlage in der rein nach Wahrscheinlichkeit kaum Veränderung passieren wird, ist den Kommunen der Preis und Aufwand zu viel.



          Es wäre besser es gäbe einen B-Plan, ist aber leider keine Ausnahme.

          Wieso ist das Vorhaben angesichts des Lage (direkt am Ryck, moorig) genehmigungsfähig?

          Das Grundstück ist quasi Innenstadtlage innerhalb geschlossener Bebauung. Stadtlage rings um den Hafen.



          Der Untergrund hat damit nichts zu tun.



          Die gesamte Vorstadt ist auf moorigem Gelände errichtet und wird demnächst sogar noch einmal in der Fläche verdoppelt werden.

          Warum ist die Höhe problematisch?

          Es ist die gesamte Größe des Projekts, die es absolut unpassend zur Nachbarsbebauung macht. Es geht übrigens um die Häuser auf dem Artikelbild.



          Die Klinik gehört optisch nicht mehr zum Hafen, die erwähnte Sichtachse ist rein hypotetisch, Faktisch jedoch nicht gegeben. Die Gründerzeithäuser in der Nachbarschaft sind 2 1/2 geschossig, ebenso wie die Neubauten von vor 20 Jahren. Lediglich ein Haus ist 3 1/2 geschossig, in der Gesamthöhe jedoch nicht höher als die Gründerzeithäuser mit 2 1/2 Etagen.



          Die unmittelbare Nachbarschaft in der Straßenfront ist teilweise noch niedriger. Ein 4 1/2 geschössiges Haus mit der Breite von ehemals 2-3 Häusern gibt es dort nicht.

          • @nutzer:

            Allein durch die schiere Größe schafft es dieses Projekt, den Hafen zukünftig zu dominieren, liegt es doch zentral am Ende des Hafen und bildet einen optischen Abschluß. Man hat dann polemisch gesagt einen pitoresken Hafen mit touristischen Ambitionen und ein Raumschiff am anderen Ende.

            Das Ganze hat starke Anklänge an die Dompassagen, für die nach der Wende ein ganzes Innenstadtquartier abgerissen wurde und seitdem als Verkaufsstandort dahinsiecht.



            Interessanterweise waren sich gleichzeitig alle einig wie schlimm der Abriß der Innenstadt zu DDR Zeiten war...

            Über Geschmack kann man streiten und das ist meine ganz persönliche Polemik:

            das Beispielbild ist ein typisches Beispiel für die Nachwendearchitektur in HGW, absolut uninspiriert lediglich ergänzt um einen Mittelteil, der aus irgendeinem Centerpark zu stammen scheint.



            Ein weiteres Raumschiff in der Stadt. Ein weiterer Versuch die Stadt in die erste Reihe der architektonischen Provinz zu katapultieren.



            In der Nachwende wurde sich viel Mühe gegeben HGW architektonisch einem durchschnittlichem dt. Kleinstädtchen mit zugeklebten Fassaden und möglichst viel Plastikfenstern ohne Profil anzupassen. Und den optischen Abstand zu Stralsund maximal zu vergrößern.

            Wie sich Greifswald weiterhin das Stadtbild am Stadthafen so dermaßen zerschießen kann, ist mir unverständlich.

            Aber mit der anstehenden Erweiterung der Steinbecker Vorstadt um die doppelte Fläche wird das wohl erst der Startschuß sein.

            Wieso Touristen nach Greifswald kommen habe ich mich schon oft gefragt, aber die kommen auch oft wegen der Wiecker Brücke, aber selbst da steht jetzt ein Raumschiff aus Styropor und mit Plastikluken und mit Steakrestaurant.

    • @nutzer:

      halt nein, es gibt das Krankenhaus, einen Klinkerbau der vorletzten Jahrhundertwende, das ist ähnlich dimensioniert, aber das kann es ja nicht sein. Zumal es nicht zum Hafen zu rechnen ist...eher weitere Umgebung.

  • RS
    Ria Sauter

    Ich kenne und liebe diese Stadt. Ich hoffe sehr, dass dieser Wahnsinn noch gestoppt wird.