Umstrittenes Bauprojekt: „Die Enten müssen nicht verhungern“

Das Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels – auch wenn die Arbeiten zeitweise die Tierwelt stören.

Ein Amtsflur, Zwei Türen, ein Schreibtisch und Aktenordner

Planungsunterlagen für den Fehmarnbelt-Tunnel im Bauamt Oldenburg Foto: Axel Heimken/dpa

LEIPZIG taz | Niederlage auf ganzer Linie: Das Bundesverwaltungsgericht hat alle Klagen gegen die Fehmarnbeltquerung abgewiesen. Mit dem Bau des Tunnels zwischen Dänemark und Deutschland kann nun auch auf deutscher Seite begonnen werden.

Sechs Kläger, unter anderem der Naturschutzbund (Nabu) und die Stadt Fehmarn, wandten sich gegen die Planfeststellung von Januar 2019. Weder die ökologischen noch die ökonomischen Einwände hatten Erfolg. „Die Planfeststellung hielt der Prüfung stand“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier gleich zu Beginn seiner knapp einstündigen Urteilsbegründung.

Der Nabu hatte unter anderem vor den Folgen der Bauarbeiten für die lärmempfindlichen Schweinswale in der Ostsee gewarnt. Doch das Gericht stellt fest, dass die festgesetzten Lärmgrenzwerte beim Tunnelbau niedriger liegen als der Lärm, der vom derzeitigen Fährverkehr ausgeht. Nach Eröffnung des Tunnels könne sich die Situation der Wale sogar verbessern, so Richter Bier, weil der laute Fährverkehr dann ja abnehme.

Auch der Schutz der Eiderenten sei gewährleistet, wenn in ihrem Siedlungsgebiet gebaut wird, so das Gericht. Zwar werde der Bestand an Miesmuscheln zurückgehen, „aber die Enten müssen nicht verhungern“, betonte Richter Bier, „denn sie können und sie werden auf andere Gebiete ausweichen.“

Prüfungen des Bauprojekts laut Gericht gründlich genug

Hoffnung hatte der Nabu vor allem, weil ein Forschungsprojekt der Uni Kiel noch nach dem Planfeststellungsbeschluss am Meeresboden neue Riffe fand. Doch auch dadurch werde der Planfeststellungsbeschluss nicht rechtswidrig, so Richter Bier. Die Planer hätten gründlich genug geprüft, eine wissenschaftliche Untersuchung wie die der Uni Kiel könne von ihnen nicht verlangt werden.

Zwar seien die neu entdeckten Riffe schutzwürdig, so Bier, doch wie mit ihnen umzugehen ist, das müsse nun in einem „ergänzenden“ Verfahren geklärt werden. Für den Nabu ist die Trennung ärgerlich, denn weil der Planbeschluss nun rechtmäßig ist, bleibt der Verband auf den Kosten eines der größten Umweltprozesse Deutschlands sitzen.

Protestiert hatten die Kläger zudem gegen die Art des Tunnels. Gewählt wurde ein „Absenkungstunnel“, der mit Bauteilen in einer Rinne am Meeresboden verlegt wird. Ein Bohrtunnel wäre zwar um ein Drittel teurer, aber umweltfreundlicher, so die Kläger. Allerdings, betonte das Gericht, habe es noch nie einen Bohrtunnel mit dieser Länge und diesem Wasserdruck gegeben.

Weder die ökologischen noch die ökonomischen Einwände hatten vor Gericht Erfolg

Auch die wirtschaftlichen Argumente des Nabu fanden bei den Leipziger Richtern kein Gehör. Der Verband hatte generell den Bedarf für den gigantischen Tunnel bestritten. Doch hier sah sich das Gericht an den deutsch-dänischen Staatsvertrag gebunden, der 2008 unterschrieben und 2009 ratifiziert wurde.

Dieser habe den Bedarf gesetzlich festgestellt. Dieser Bedarf sei auch nicht evident falsch, so Bier. Denn Maßstab könnten nicht die dicht befahrenen deutschen Autobahnen sein, sondern eher die Verkehrslagen im dünner besiedelten Skandinavien.

Die Kläger monierten auch, dass die Planung in Deutschland schon begann, obwohl beim EU-Gericht (EuG) in Luxemburg noch Klagen gegen die dänischen Subventionen für das Projekt anhängig sind. Das Gericht sah darin aber kein Problem.

Manchen Klagen wurde schon vor dem Urteil abgeholfen. Das schleswig-holsteinische Landesverfassungsgericht forderte zwischenzeitlich die Landesregierung auf, der Stadt Fehmarn die künftig hohen Kosten für die Tunnelfeuerwehr zu erstatten.

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