Umstrittener US-Moderator: Fox News entlässt Tucker Carlson
Er gehörte zu den größten Stars in der rechtskonservativen US-Medienszene: Fox News lässt Quotengarant Tucker Carlson fallen.
Auch Carlson selbst dürfte kaum damit gerechnet haben, hatte er sich in der finalen Sendung von „Tucker Carlson Tonight“ am Freitag noch mit den Worten „wir werden am Montag zurück sein“ verabschiedet.
Einen Grund für die Trennung gab der Nachrichtensender nicht bekannt. In der offiziellen Stellungnahme bedankte sich Fox News lediglich bei Carlson für dessen Verdienste als Moderator und zuvor als Gast-Kommentator.
Auch Carlson selbst hat sich zuerst nicht zu seiner Entlassung geäußert. Mit durchschnittlich knapp drei Millionen Zuschauern war „Tucker Carlson Tonight“ bis zuletzt ein Quotenhit. Keine andere Primetime-Nachrichtenshow auf den Konkurrenzsendern CNN und MSNBC konnte auch nur ansatzweise solche Zahlen erreichen.
Klage gegen Fox News vor einer Woche beigelegt
Mit Berichten beispielsweise über illegale Einwanderung und die Gefahr durch liberale Eliten machte er viele Themen der rechten Szene salonfähig. Die Entscheidung von Fox News, sich von einem ihrer größten Stars zu trennen, erfolgte weniger als eine Woche, nachdem der Sender eine Klage wegen Verleumdung beigelegt hatte.
Dominion Voting Systems, Hersteller von elektronischen Wahlmaschinen, hatte Klage gegen Fox News erhoben, da der Sender bewusst falsche Behauptungen über Wahlmanipulation in Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl 2020 ausgestrahlt habe und damit den Ruf der Firma schädigte. Fox News einigte sich mit Dominion auf einen Vergleich sowie eine Zahlung von mehr als 787 Millionen Dollar.
Auch Carlson und seine Sendung wurden in diesem Zusammenhang genannt. Gerichtsdokumente zeigten, dass Carlson selbst nicht an Wahlbetrug glaubte, er jedoch in seiner Sendung die Lügen von Ex-Präsident Donald Trump ohne große journalistische Aufarbeitung verbreitete, um keine Zuschauer zu verlieren.
Sexismus- und Belästigungsvorwürfe gegen Carlson
Der Star-Moderator ist zudem Gegenstand einer weiteren Anklage. Abby Grossberg, eine ehemalige Mitarbeiterin von Carlsons Show, wirft dem 53 Jahre alten Moderator und Fox News Sexismus sowie Belästigung vor.
„Es ist eine kleine Art von Gerechtigkeit für die amerikanische Bevölkerung und für Fox-News-Zuschauer, die über Jahre hinweg manipuliert und belogen wurden, nur um die Quoten und die Einnahmen des Senders zu steigern“, sagte Grossberg über Carlsons Entlassung in einer Stellungnahme.
Carlsons steiler Aufstieg deckte sich mit dem von Ex-Präsident Donald Trump. Die gleichen populistischen Themen und kulturellen Missstände, die Trump zur Präsidentschaft verhalfen, katapultierten auch Carlson nach oben. Während Trumps vier Jahren im Weißen Haus wurde „Tucker Carlson Tonight“ zu einer Must-see-TV-Show für dessen Anhänger.
Trumps enge Beziehung mit Fox News kühlte sich spätestens mit seiner Wahlniederlage spürbar ab. Der Ex-Präsident bevorzugt seither andere Medien, die noch weiter rechts und noch konservativer agieren als Fox News.
In einem Interview mit Newsmax am Montagabend zeigte sich Trump erstaunt über Carlson Entlassung: „Ich bin schockiert und überrascht“, sagte Trump, bevor er hinzufügte, dass Carlson über das vergangene Jahr hinweg großartig zum ihm gewesen sei.
Diese Worte des Ex-Präsidenten dürften hilfreich für Carlsons Zukunft sein. Viele ehemalige Kollegen, die Fox News in den letzten Jahren verlassen mussten, haben es geschafft, mit Hilfe von Podcasts und Streaming-Plattformen zumindest in der konservativen Medienwelt relevant zu bleiben.
Demokraten wie die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez feierten hingegen das Ende von Carlson bei Fox News. „Es hätte keinen Besseren treffen könnten“, sagte die 33-Jährige in einem Instagram Live-Post.
Auch andere Organisationen begrüßten das Ende von Carlsons Zeit bei Fox News. Dennoch sollte die Entscheidung nicht überbewertet werden, warnte die politisch linksorientierte Medienbeobachtungsgruppe Media Matters.
„Auch ohne Tucker Carlson ist Fox News noch immer Fox News“, sagte die Gruppe in einer Pressemitteilung. „Der Sender ist weiterhin das zentrale Propagandaorgan der Republikanischen Partei.“
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