Umstrittener Luftreinhalteplan: Saubere Luft in acht Jahren
Kritik der Umweltverbände BUND und Nabu am Entwurf des Senats. Für gesundes Atmen seien mehr Restriktionen im Hafen und im Straßenverkehr nötig
Mit deutlicher Kritik reagieren die Hamburger Umweltverbände BUND und Nabu auf den Entwurf des Luftreinhalteplans des Senats. Dieser sei „zu einseitig, zu langfristig und in Teilen ungeeignet“, urteilten die beiden Organisationen am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Der Plan gewährleiste nicht „die schnellstmögliche Einhaltung“ der Grenzwerte für Schadstoffe in der Atemluft, sagte BUND-Chef Manfred Braasch. Das hatte das Verwaltungsgericht gefordert (siehe Kasten). Der Senatsplan aber sieht dieses Ziel erst für 2025 vor: „Noch acht Jahre Warten ist eindeutig inakzeptabel“, findet Braasch.
Vor einem Monat hatte der grüne Umweltsenator Jens Kerstan einen Plan vorgestellt, der weder Fahrverbote, Umweltzonen noch eine City-Maut vorsieht. Bloß zwei Durchfahrtverbote für die gröbsten Dieselstinker solle es geben, eine Landstromanlage für Frachtschiffe im Hafen und ansonsten die Hoffnung auf emissionsfreie Kraftfahrzeuge in ferner Zukunft. „Wir verteilen die Schadstoffe von hoch belasteten Straßen so, dass andere Straßen mehr belastet werden, ohne die Grenzwerte zu erreichen“, erläuterte Kerstan die Maxime der Planungen. „Wir ergreifen alle Maßnahmen unterhalb von Fahrverboten.“
BUND und Nabu fordern nun in ihrer Bewertung, die der Umweltbehörde als Stellungnahme in Planungsverfahren zugestellt wird, wirksame Restriktionen im Hafenbetrieb und im Straßenverkehr. 80 Prozent der Stickoxide zwischen Hafen und Alster stammen aus dem Hafen „und stellen eine latente gesundheitliche Gefahr“ für die dort Beschäftigten sowie für die Anwohner in Altona, der Neustadt und der Hafencity dar, sagt Malte Siegert, Hafenexperte des Nabu. Nach Modellrechnungen seien Stickoxide jährlich für etwa 1.200 Todesfälle in Hamburg ursächlich – bei Verkehrsunfällen kamen im vorigen Jahr 29 Menschen ums Leben.
Das Urteil: Am 5. November 2014 verpflichtete das Verwaltungsgericht Hamburg den Senat, den bisherigen Luftreinhalteplan so fortzuschreiben, dass dieser „die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung“ des Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in der Atemluft einleitet.
Die Frist: Bis zum 30. Juni 2017 muss der Senat den neuen Luftreinhalteplan verabschieden. Wenn nicht, droht ihm die Zahlung eines Zwangsgeldes.
Der Entwurf: Am 2. Mai veröffentlichte der Senat den Entwurf eines neuen Luftreinhalteplans. Bis zum 8. Juni konnten Umweltverbände ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Diese sollen nun in die Endfassung eingearbeitet werden – oder auch nicht.
Zweiter Hauptverursacher der Emissionen ist der Straßenverklehr und hier sind es vor allem Dieselautos. Deshalb fordern Braasch und Siegert eine „Blaue Plakette“ innerhalb des Rings 2, gleichbedeutend mit Fahrverboten für alle Dieselautos unterhalb der Euro-Norm 6. Vorbild ist hier Stuttgart, dass diese Maßnahme 2018 einführen will. Ob sie ihre Forderungen notfalls vor Gericht einklagen wollen, lassen BUND und Nabu derzeit offen. „Wir warten auf den fertigen Plan – und tun dann, was notwendig ist.“
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