Umstrittene Shopping-Plattform Temu: Online-Marktplatz im Visier
Verbraucherschützer haben Temu bereits abgemahnt. Nun fordert auch die Bundesregierung, das Recht durchzusetzen. Doch es gibt einen Haken.

Temu funktioniert wie ein klassischer Online-Marktplatz: Er bringt die Kund:innen mit den Händlern oder Herstellern in China zusammen. Wer kauft, bestellt direkt in China, von dort werden die Waren ohne Zwischenhändler an die Kund:innen versandt.
Laut einer Umfrage der Marktforschungsplattform Appino vom Dezember hat in Deutschland jede:r Vierte zwischen 16 und 65 Jahren in den vergangenen sechs Monaten bei Temu eingekauft. Dem Branchenportal Absatzwirtschaft zufolge liegt der Marktplatz damit an den Nutzerzahlen gemessen in einer Größenordnung mit Anbietern wie Otto.
Rohleder bezieht sich nun mit ihrer Kritik auf eines der EU-Plattformgesetze, den Digital Services Act (DSA). Dessen Vorgaben sind im Februar vollständig wirksam geworden und sehen unter anderem Regeln gegen manipulatives Design vor. Dieser Punkt ist es, den Rohleder kritisiert, auch die Abmahnung des VZBV stützt sich unter anderem darauf. Der Verband bemängelte unter anderem, dass die Plattform während des Bestellens zahlreiche Hinweise zeige wie „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“. Laut der zuständigen VZBV-Referentin Rosemarie Rodden hat Temu auf die Abmahnung reagiert und eine Unterlassungserklärung angeboten. Diese prüfe man derzeit.
Schwierige Aufsichtsfrage
Komplizierter wird es bei der staatlichen Aufsicht für die europäischen DSA-Regeln. Denn noch ist nicht klar, wer in dieser Sache letztlich für Temu zuständig ist. Die EU-Kommission kann die Aufsicht an sich ziehen, indem sie den Marktplatz als „Very Large Online Platform“ einstuft. Ansonsten weist eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums auf Anfrage darauf hin, dass die Zuständigkeit bei Irland liegt – hier hat Temu eigenen Angaben zufolge seinen Sitz.
Temu ist nicht nur in Deutschland im Visier. In Frankreich hatten im März die Abgeordneten der Nationalversammlung einem Gesetz zugestimmt, das gegen den Ultra-Fast-Fashion-Sektor vorgehen soll. In diesem Billigst-Modesegment spielen Plattformen wie Shein oder Temu eine wichtige Rolle. Das Gesetz sieht unter anderem Werbeverbote und Zuschläge für Unternehmen mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards vor. Unklar ist noch, wie letzteres durchgesetzt werden soll, weil Temu nicht als Hersteller oder Verkäufer, sondern als Marktplatz auftritt.
Temu widerspricht gegenüber der taz den Manipulations- und Preisdumpingvorwürfen: „Die angezeigten Bestands- und Kaufaktualisierungen spiegeln den tatsächlichen Lagerbestand wider.“ Viele der Lieferanten seien Hersteller, die traditionell stationäre Geschäfte belieferten. Auf der Plattform würden deren „empfohlene Verkaufspreise, die auf den Ladenpreisen basieren, als Referenzpunkt“ verwendet.
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