Fast Fashion in Frankreich: Gesetz gegen Wegwerfmode

Zu Tiefstpreisen können auf Online-Plattformen wie Shein oder Temu Kleider bestellt werden. Frankreich will das nun teurer und unattraktiver machen.

In den Verkaufsräumen von Primark

Viel, schnell, billig, fragwürdige Standards – eine Primark-Filiale in Le Havre Foto: Tesson/Andia.fr/imago

PARIS taz | Frankreich wird als erstes Land mit einem Gesetz gegen Umwelt- und Sozialdumping des Ultra-Fast-Fashion-Sektors vorgehen. Einstimmig haben die Abgeordneten der Nationalversammlung einer Vorlage zugestimmt, die jetzt noch vom Senat gebilligt werden muss. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Kon­su­men­t*in­nen besser darüber informiert werden müssen, wie sich die Dumpingpreise auf Umwelt und Arbeitsbedingungen auswirken.

Der Begriff Ultra Fast Fashion bezeichnet ein Modesegment mit extrem niedrigen Preisen und gleichzeitig extrem schnellen Produktionszyklen. Neue Modelle kommen hier teilweise im Minutentakt auf den Markt, Waren wie Schuhe oder Abendkleider gibt es für weniger als 10 Euro. Populärster Händler ist die chinesische Plattform Shein. Unternehmen wie H&M oder Zara zählen dagegen zum Fast-Fashion-Sektor.

Der französische Gesetzgeber will Ultra Fast Fashion nun eindämmen. Für die schlimmsten Umweltsünder unter den Online-Textilunternehmen soll ein Werbeverbot gelten. Auch Influencer sollen nicht mehr für Produkte dieser Hersteller werben dürfen. Zudem sollen die geringen Preise der Unternehmen durch Zuschläge ausgeglichen werden, die die Umwelt- und Sozialstandards bei der Produktion berücksichtigen.

Die genauen Zahlen werden erst in den Ausführungsbestimmungen stehen, wenn das Gesetz in Kraft tritt. In die Debatte hatte die Regierung aber einen Zuschlag von 50 Prozent des Verkaufspreises eingebracht: Ein T-Shirt würde dann, so die Händler die Preise weitergeben, statt 5 Euro 7,50 Euro kosten. Ein Shein-Sprecher kritisierte daher, das französische Gesetz werde zu Lasten der Kaufkraft der Kunden gehen.

Drei Händler im Visier

„Die Textilindustrie gehört zu den größten Verschmutzern und ist für 10 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich“, erklärte die Abgeordnete Anne-Cécile Violland von der Regierungspartei „Horizons“ im Rahmen der Debatte vor der Nationalversammlung. Wenn nichts geschehe, steige dieser Anteil bis 2050 auf 26 Prozent.

Und das rücksichtloseste Geschäftsmodell setzt sich durch: „Heute kommen 7 von 10 Kleiderartikeln aus dem Lowcost-Bereich, wir sind mit einer Quasi-Hegemonie der Tiefstpreismode konfrontiert“, sagt Julia Faure, Gründerin der Modefirma Loom. Die Firma ist auch Mitglied des von mehreren NGOs gegründeten Kollektivs „En Mode Climat“, das sich für eine umweltverträglichere Textilproduktion einsetzt und das nun abgestimmte Gesetz unterstützt. Die Initiative bemängelt allerdings, dass mit den darin vorgesehenen Kriterien nicht auch für Modeketten wie Zara oder H&M Zuschläge vorgesehen sind.

Im Visier der französischen Gesetzgebung stehen vor allem drei Händler: Temu, Shein und Primark. Nicht nur jüngere Fashion-Addicts kennen diese Firmen. Die ersten beiden funktionieren als reine Online-Plattformen, Primark betreibt auch Filialen.

Dank aggressiver Marketing-Methoden stößt man ständig auf ihre preislichen Tiefstangebote. Bezahlt von den Unternehmen tragen zahlreiche Influencer das Ihre bei, um das laufend wechselnde und erweiterte Angebot der Online-Kataloge einem möglichst breiten Konsumentenkreis zugänglich zu machen. Schätzungsweise 7.000 neue Artikel werden darin pro Tag aufgeführt.

„Von 2,8 Milliarden neuen Bekleidungsartikeln für das Jahr 2022 sind wir in nur einem Jahr auf 3,3 Milliarden angelangt“, sagte der französische Umweltminister Christophe Béchu. Immer mehr Kleider und ständig schlechtere Produktionsbedingungen bedeuteten eine exponentielle Steigerung der Umweltbelastung.

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