Umstrittene Rückkehr-Kampagne: Ministerium will nicht dazulernen
Kampagne wirbt für „freiwillige“ Rückkehr von Geflüchteten. Nun lud das Innenministerium KritikerInnen der Aktion zum Gespräch.
Das Bundesinnenministerium muss für eine Plakatkampagne, die für die freiwillige Rückkehr von Geflüchteten in ihre Heimatländer wirbt, seit Wochen heftige Kritik einstecken. Am Montagnachmittag traf sich nun eine Abordnung aus dem Ministerium mit den InitiatorInnen einer Gegenkampagne: Die Online-Petition „Weg mit #RückkehrWerbung des BMI!“ fand innerhalb kurzer Zeit mehr als 30.000 UnterzeichnerInnen, unter anderem unterstützten die Berliner Ehrenamtlichenorganisation Moabit hilft und die Türkischen Gemeinde in Deutschland die Petition.
Es sei „ein gutes Gespräch“ gewesen, sagte Hannah Hübner, eine der InitiatorInnen, der taz. Konkrete Zusagen seitens des verantwortlichen Stabsleiters für Migration und Rückkehr, Christian Klos, habe es aber nicht gegeben: Weder werde die Kampagne vorzeitig beendet noch habe es die Zusage gegeben, bei zukünftigen Aktionen zum Beispiel Migrantenorganisationen mit einzubinden. Mit anderen Worten: Das Innenministerium steht weiter hinter der Kampagne – und der Willen dazuzulernen, scheint sich in Grenzen zu halten.
„Freiwillige Rückkehr. Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“, heißt es auf den Werbeplakaten. Unter dem Schriftzug fährt ein stilisierter Zug aus den Nationalflaggen verschiedenster Länder in Richtung einer Heimat, die auf jeden Fall woanders sein soll als in Deutschland. „Jetzt bis zum 31.12.2018 zusätzlich Kosten für die Wohnung im Herkunftsland sichern“, heißt es weiter. Konkret sind damit bis zu 3.000 Euro gemeint, die man zum Beispiel in eine „Grundausstattung für Küche oder Bad“ stecken kann.
„Weg mit #RückkehrWerbung des BMI!“, forderte daraufhin die Petition von Hübner und MitstreiterInnen auf der Onlineplattform change.org. Über 30.000 Menschen hatten bis Montagabend unterschrieben. Die Sprache, die die Rückkehr in oft unsichere Lebensverhältnisse im Stil eines Schnäppchens bewerbe, sei „blanker Hohn“. Zudem bestärke die Kampagne rechtspopulistische Propaganda.
Cihan Sinanoglu, der Sprecher der Türkischen Gemeinde in Deutschland, wiederholte am Montag die Kritik, dass sich auch türkeistämmige Menschen angesprochen fühlten – verständlich, da auch die türkische Flagge in dem Fahnenzug auf dem Plakat zu sehen ist. „Das erinnerte viele an die Rückkehrerprämien Anfang der 80er-Jahre.“
Tatsächlich will das Innenministerium laut eigener Aussage vor allem abgelehnte AsylbewerberInnen ohne Bleibeperspektive ansprechen. Viele von ihnen klagen derzeit vor den Verwaltungsgerichten gegen ihre Ablehnung. „In jedem Fall kann von ‚freiwillig‘ eigentlich nie die Rede sein“, sagt deshalb auch Diana Henniges von Moabit hilft, die das Gespräch am Montag so zusammenfasste: „Ziemlich ernüchternd.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau