Umstrittene Justizreform in Israel: Massenproteste und Petition
Ein Kernelement der Justizreform wurde verabschiedet. Tausende protestieren dagegen. Die Opposition will eine Petition beim Obersten Gericht einreichen.
Bei einer Kundgebung in einem Ort nördlich von Tel Aviv raste ein Auto in die Menge. Drei Demonstranten wurden dabei laut Polizei verletzt. Die Sicherheitskräfte nahmen den Fahrer, dessen Motiv am Abend zunächst unklar war, nach einer Fahndung fest.
Am Dienstag will die Opposition eine Petition dagegen beim Obersten Gericht einreichen, um die einseitige Aufhebung des demokratischen Charakters des Staates Israel u verhindern. Der Chef des Gewerkschaftsverbands Histadrut, Arnon Bar-David, stellte am Montag einen Generalstreik in Aussicht. Jeder „einseitige Schritt“ der Justizreform hätte „schwerwiegende Folgen“, sagte er. „Falls nötig“ werde es einen Generalstreik geben.
Israels Parlament hatte am Montag ein Kernelement der umstrittenen Justizreform gebilligt. 64 von 120 Abgeordneten stimmten für einen Gesetzentwurf, der die Handlungsmöglichkeiten des Höchsten Gerichts einschränkt. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Das Gesetz ist Teil eines größeren Pakets. Kritiker stufen es als Gefahr für Israels Demokratie ein. Gegen das Vorhaben der rechts-religiösen Regierung gibt es immer wieder Massenproteste. Die nun verabschiedete Änderung ist der erste wichtige Bestandteil der Justizreform, der Gesetz wird. Vor der Abstimmung hatte die Knesset mehr als 24 Stunden lang über das Gesetzesvorhaben debattiert.
Netanjahu verteidigt die Verabschiedung
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Billigung eines entscheidenden Teils der umstrittenen Justizreform durch das Parlament verteidigt. Netanjahu bezeichnete die ungeachtet internationaler Einwände und massiver Proteste im Inland abgehaltene Abstimmung am Montag in einer Fernsehansprache als „notwendigen demokratischen Schritt“. Die Bundesregierung drückte ihr Bedauern über das Scheitern der Verhandlungen zwischen Israels Regierung und der Opposition aus.
Netanjahu sagte, die sogenannte Angemessenheitsklausel sei verabschiedet worden, damit die „gewählte Regierung“ ihre Politik „in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Mehrheit der Bürger des Landes“ umsetzen könne.
Die Angemessenheitsklausel ist einer der umstrittensten Bestandteile der Justizreform. Diese zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Kritiker fürchten infolge der Schwächung der Justiz um die Demokratie in Israel. Befürworter argumentieren hingegen mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Gewaltenteilung.
Kritik aus den USA und Deutschland
Deutliche Kritik äußerte auch die US-Regierung. Es sei „bedauerlich“, dass sich bei der Abstimmung in der Knesset die „kleinstmögliche Mehrheit“ durchgesetzt habe, erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Präsident Joe Biden habe „öffentlich und vertraulich die Ansicht geäußert, dass größere Veränderungen in einer Demokratie auf einem möglichst breiten Konsens beruhen müssen, um Bestand zu haben“, erklärte Jean-Pierre zudem.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Montag: „Wir bedauern sehr, dass die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition unter Vermittlung von Staatspräsident Isaac Herzog vorerst gescheitert sind.“ Deutschland blicke „mit großer Sorge auf die sich vertiefenden Spannungen in der israelischen Gesellschaft“.
Die Justizreform spaltet die israelische Bevölkerung, seit 29 Wochen protestieren Menschen landesweit gegen das Vorhaben. Auch am Wochenende protestierten Zehntausende. Es versammelten sich jedoch auch Unterstützer der Reformpläne.
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