Umgang mit US-Strafzöllen: Die EU setzt auf Frieden mit Trump
Im Handelskrieg mit den USA versucht Europa zu deeskalieren. Dennoch bereiten sich die Verantwortlichen auf verschiedene Szenarios vor.
„Wir müssen vernünftiger sein als die USA“, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat in Brüssel. Europa sei die größte Handelsmacht und müsse alles dafür tun, um eine Eskalation zu verhindern. Zudem solle man den aktuellen Streit nicht überbewerten, schrieb Ratspräsident Donald Tusk in seiner Einladung zum EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt.
„Als die Vereinigten Staaten 1930 ihre Zölle angehoben haben, hat das zu einem globalen Handelskrieg geführt“, heißt es in dem Schreiben. Damals sei aber auch ein Drittel des europäischen Handels betroffen gewesen. Die US-Zölle, die jetzt geplant seien, würden hingegen nur 1,5 Prozent des transatlantischen Handels treffen.
Versöhnliche Töne kamen auch aus Berlin. Man werde beim EU-Gipfel über jedes mögliche Szenario sprechen, hieß es in deutschen Regierungskreisen. Zugleich mache es aber keinen Sinn, über Gegenmaßnahmen zu spekulieren. Die Bemühungen für eine Einigung in letzter Minute liefen weiter und sollten nicht vorzeitig aufgegeben werden.
Liste mit Zöllen auf US-Produkte
Konkret werden in Brüssel drei Reaktionen vorbereitet. Bereits seit Tagen fertig ist die Liste mit EU-Zöllen, die auf US-Produkte wie Jeans, Whisky oder Motorräder erhoben werden könnten. Diese früh bekannt gewordene Liste war vor allem zur Abschreckung gedacht; ob sie nach der für Freitag erwarteten US-Entscheidung auch tatsächlich zum Einsatz kommt, ist offen.
Eine zweite Maßnahme betrifft den Schutz vor zusätzlichen Einfuhren von Stahl und Aluminium aus Drittländern wie China. Damit will die EU verhindern, dass Billigstahl die europäischen Märkte überschwemmt. Solche Maßnahmen fordert auch die Stahl- und Aluminiumindustrie. Für die sind die Zölle unmittelbar nicht weiter schlimm. Deutschland etwa exportiert jährlich 965.000 Tonnen Walzstahl in die USA, die gesamte Produktion liegt aber bei 40 Millionen Tonnen – betroffen sind also nur rund 2,5 Prozent.
Zudem sind Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte derzeit keine Seltenheit. Die Welt leidet unter Überproduktion. Auch in der EU laufen derzeit 24 Anti-Dumping-Verfahren in dem Bereich. Das bedeutet, dass Brüssel bei konkreten einzelnen Produkten untersucht, ob die Firmen von ihren Heimatstaaten subventioniert werden, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Allerdings gibt es für solche Verfahren genaue Regeln der Welthandelsorganisation WTO: Man muss die Gegenseite anhören, Zölle müssen genau begründet sein; die von Zöllen betroffenen Staaten haben sogar das Recht, über Kompensationen zu verhandeln. All das ignoriert die US-Regierung. „Wie man es dreht: Wir befinden uns hier in handelspolitischem Neuland und in WTO-rechtlichem Niemandsland“, schreibt das ifo-Institut. Entsprechend wäre der dritte Schritt der EU der Gang vor die WTO. Dabei ist jedoch nicht mit schnellen Entscheidungen zu rechnen.
Im Gespräch sind auch mehrere Charme-Offensiven. So erwägt die Bundesregierung handelspolitische Erleichterungen für Amerika. Damit reagiert sie offenbar auf Trumps Drohung, nach Stahl und Aluminium auch deutsche Autos mit Strafzöllen zu belegen. Der Importzoll auf Pkws ist in der EU höher als in den USA. In Brüssel betont man zudem die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Washington. Sie sei ein „Grundstein“ für Sicherheit und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks, schreibt Tusk in seinem Einladungsbrief für den EU-Gipfel. Daran dürften auch „jahreszeitlich bedingte Turbulenzen“ nichts ändern.
Ob das bedeutet, dass die EU-Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, blieb offen. Trump hatte dies als eine Bedingung für Ausnahmen von den US-Zöllen genannt. In Brüssel hieß es bisher immer, Handel und Verteidigung hätten nichts miteinander zu tun.
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