Umgang mit Sinti und Roma: Gedenken ohne erstarrte Rituale
Die Regierung hat eine Gedenkfeier für ermordete Sinti und Roma geschwänzt und wurde kritisiert. Romani Rose vom Zentralrat nimmt diese in Schutz.
Zuvor hatte die taz über die Gedenkveranstaltung berichtet, die der Zentralrat anlässlich des 77. Jahrestags des sogenannten Auschwitz-Erlasses in der Gedenkstätte Sachsenhausen ausgerichtet hatte. 1942 hatte SS-Führer Heinrich Himmler die Deportation und Ermordung der europäischen Sinti und Roma angeordnet. Auf der Veranstaltung am vergangenen Donnerstag sprach unter anderem Bundesratspräsident Dietmar Woidke, SPD. Die Bundesregierung war dagegen nicht vertreten. Die Bundestagsabgeordnete Filiz Polat (Grüne) bezeichnete dies in der taz als „erschütternd“.
„Die im Bericht der taz zitierte Kritik der Bundestagsabgeordneten Filiz Polat an der Bundesregierung geht fehl“, schrieb daraufhin Rose in seinem Brief. „Das Gedenken an die Opfer darf gerade nicht zu Ritualen erstarren, bei denen allein um die protokollarische Anwesenheit von Repräsentanten gehadert wird. Die Opfer des Völkermords dürfen nicht als politische Manövriermasse missbraucht werden.“
Mit Merkel in Auschwitz
Die jährliche Gedenkveranstaltung in Sachsenhause folge „seit Jahren der Gedenkstunde im Bundesrat“, mit der die Länderkammer jeweils im Dezember an den Völkermord erinnere. Mit der Bundesregierung werde es „am 27. Januar, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, in diesem Jahr anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz, entsprechendes Gedenken geben“.
Schon Anfang Dezember hatte Kanzlerin Angela Merkel die Auschwitz-Gedenkstätte besucht und sich dabei unter anderem von Rose begleiten lassen. Zudem sei die Bundesregierung, so der Zentralratsvorsitzende, „am Gedenken für die Opfer des Holocaust an den Sinti und Roma am 2. August in Auschwitz-Birkenau jedes Jahr hochrangig vertreten“.
Lobend verwies Rose auf die Gedenkrede von Woidke, in der der Bundesratspräsident „eindrucksvoll Zeugnis davon“ gegeben habe, „was Gedenken und Erinnern heute bedeuten muß“. Der SPD-Politiker hatte gesagt, es sei „unsere Verantwortung, Rassismus und Antiziganismus mit aller Kraft entgegenzutreten“. Freiheit und Demokratie hätten nur dann wirklich einen Wert, „wenn diese Grundsätze im täglichen Leben angewendet werden und für alle Menschen gelten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz