Erinnerungstag des deutschen Fußballs: Sportlicher Retter

Der Polizist Jaap Knol, Olympionike im Jahr 1928 und Fußballer bei Ajax Amsterdam, bewahrte im besetzten Holland 22 Sinti vor der Deportation.

Schwarzweißfoto, Mann wirft einen Speer

Jaap Knol bei den Olympischen Spielen 1928. Später war er Polizist Foto: Stadsarchief Amsterdam

Etwa 40 Kilometer entfernt von der niederländisch-deutschen Grenze, nordwestlich von Meppen, liegt die Gedenkstätte Kamp Westerbork. Die deutschen Besatzer nutzten das Lager Westerbork ab 1940 als Durchgangslager für insgesamt etwa 107.000 Juden, die von hier aus per Zug in die Konzentrations- und Vernichtungslager im Osten deportiert wurden.

Eine aktuelle Ausstellung in der Gedenkstätte zeigt, dass von hier aus im Jahr 1944 auch 245 Sinti und Roma nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Von diesen haben lediglich 30 die Zeit des Nationalsozialismus überlebt. Beim Rundgang durch die Ausstellung in der Gedenkstätte fällt eine Bild-und-Text-Tafel besonders ins Auge. Anders als vergleichbare Ausstellungen über die Geschichte der Verfolgung der Sinti und Roma kann diese auch die Geschichte einer Rettung erzählen.

Viel verrät zwar auch diese Tafel nicht über den Polizisten Jaap Knol, und auch sonst gibt es sehr wenig, was bislang über ihn bekannt ist. Aber das wenige ist es wert, dem Vergessen entrissen zu werden. Denn Jaap Knol hat 22 Sinti vor der Deportation bewahrt.

„Knol war kein durchschnittlicher Polizist“, schreibt die Historikerin Angelique van der Pol, die die bislang bekannten Fakten der Geschichte recherchiert hat. „Er hatte eine großartige Karriere als Fußballspieler und Sportler.“ In der Saison 1919/1920 spielte er in der ersten Mannschaft von Ajax Amsterdam, und bei den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam trat er im Speerwurf an.

Mit Musik in die Freiheit

Im Jahr 1944 war er als Polizist im besetzten Amsterdam tätig. Mitte Mai erhielten die Polizeipräsidenten in 16 niederländischen Gemeinden den Befehl, Sinti und Roma ausfindig zu machen und zur weiteren Deportation nach Westerbork zu bringen. Was dabei als „Merkmale der Zigeuner“ anzusehen sei, war laut van der Pol eher vage. So gingen die einzelnen Gemeinden auch sehr unterschiedlich mit dem Befehl um.

Insgesamt wurden mit der Aktion 550 Menschen in das Lager Westerbork gebracht, von denen 245 nach einer weiteren Selektion am 19. Mai nach ­Auschwitz transportiert wurden. In Amsterdam sah Jaap Knol, wie 22 „Zigeuner“ in die Polizeizen­trale gebracht wurden. „Er ging zu Gaststätten, um Aussagen zu sammeln, dass die Gruppe aus niederländischen Musikern bestand, die für das Nachtleben in Amsterdam unverzichtbar waren“, schreibt van der Pol. Er habe gehofft, die deutschen Besatzer damit in einem schwachen Punkt zu treffen. Mit den gesammelten Aussagen ging Knol zu seinem Vorgesetzten, der den Sicherheitsdienst anrief und tatsächlich die Erlaubnis zur Freilassung erhielt.

Über die genauen Umstände gibt es laut van der Pol zwei Erzählungen. Nach einer mussten die Sinti am Telefon musizieren, um zu beweisen, dass sie echte Musiker sind. Nach der zweiten brach nach der Freilassung ein spontanes Freudenkonzert auf der Polizeistation aus. Auf jeden Fall überlebten alle 22 dank der Rettungstat von Knol den Krieg. „Schnurrbart und Koteletten rasieren“, hatte er ihnen noch geraten.

Jaap Knol selbst hat laut van der Pol nie öffentlich über die Motive seines Engagements gesprochen. Er ist am 8. Oktober 1975 im Alter von 78 Jahren in Amsterdam gestorben.

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