Konflikt um Sinti-und-Roma-Mahnmal: Gemeinsam für das Mahnmal einsetzen
Die Planungen zur S-Bahn-Linie 21 kollidieren mit dem Denkmal im Tiergarten. Gut, dass die Diskussion nun in Gang kommt.
Gedenken am Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma Foto: dpa
Es knirscht ganz schön bei den Planungen zur S-Bahn-Linie 21, die einmal den Hauptbahnhof mit dem Südring verbinden soll. Denn bisher ist der geplanten Trassenführung das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im Weg. Das Mahnmal wäre demnach beim Bau der Bahn nur eingeschränkt zugänglich, hätte teilweise gesperrt, in Teilen abgebaut oder im Ganzen versetzt werden müssen. Und falls Bahn und Verwaltung anfangs wohl wirklich dachten, dass sie dies ruhig vernachlässigen könnten, beeilen sie sich inzwischen nach Protesten von Sinti- und Roma-Selbstorganisationen sowie der Zivilgesellschaft damit, zu versichern, dass sie das Mahnmal nicht antasten und eine neue Lösung finden wollen.
Doch die ließ sich bisher nicht so einfach aus der Tasche zaubern. Also knirscht es weiter – und das ist auch gut so.
Hieß es Anfang der Woche noch, dass die Bahn eine alternative Routenführung prüfen wolle, bei der beide Tunnelröhren östlich des Reichstagsgebäudes verlaufen sollen, scheint dieser Entwurf nun schon wieder verworfen: Aus dem Bundestag verlautete am Freitag, man habe über diesen alternativen Plan der Bahn nur lachen können. Denn dann gäbe es eine riesige Baugrube direkt am Bundestag. Jedes einzelne Baustellenfahrzeug müsste aufwendig überprüft werden, der Betrieb des Parlaments würde dadurch wohl sehr erschwert.
Dass das Reichstagsgebäude für die Dauer der Bauarbeiten nur eingeschränkt zugänglich gemacht, teilweise gesperrt, in Teilen abgebaut oder im Ganzen versetzt wird – das ist bisher noch nicht Gegenstand der Planungen. Es ist auch unvorstellbar, dass das jemand ernsthaft in Erwägung zieht. Aber warum ist es bei dem Mahnmal nicht genauso?
Hier sollte es ebenso selbstverständlich sein – und es ist gut, dass die Diskussion nun in Gang kommt. Denn es handelt sich nicht um die Belange einer Minderheit gegenüber einem Zukunftsprojekt für den Berliner Nahverkehr, wie es teils dargestellt wurde – die Planungen gehen die ganze Gesellschaft etwas an.
Letztlich geht es um mehr als eine Baustelle und das Mahnmal
Denn letztlich geht es um mehr als eine Baustelle und das Mahnmal. In Schulbüchern kommt der Genozid an den Sinti und Roma meist kaum vor, wenn überhaupt nur in wenigen Sätzen, und so ist der Porajmos auch wenig im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert. Auch das ist etwas, was im Zuge der weiteren Debatte auf den Tisch kommen sollte. Denn gerade am sorglosen Planen der Bahn zeigt sich, wie dieser Teil der Geschichte und Schuld permanent übersehen wird.
Es ist allerdings nicht die Verantwortung der Sinti- und Roma-Selbstorganisationen, darauf hinzuweisen. Die Dominanzgesellschaft sollte sie den Kampf um einen Gedenkort und ein Mahnmal, das sich an alle richtet, daher auch nicht allein ausfechten lassen.
Konflikt um Sinti-und-Roma-Mahnmal: Gemeinsam für das Mahnmal einsetzen
Die Planungen zur S-Bahn-Linie 21 kollidieren mit dem Denkmal im Tiergarten. Gut, dass die Diskussion nun in Gang kommt.
Gedenken am Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma Foto: dpa
Es knirscht ganz schön bei den Planungen zur S-Bahn-Linie 21, die einmal den Hauptbahnhof mit dem Südring verbinden soll. Denn bisher ist der geplanten Trassenführung das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im Weg. Das Mahnmal wäre demnach beim Bau der Bahn nur eingeschränkt zugänglich, hätte teilweise gesperrt, in Teilen abgebaut oder im Ganzen versetzt werden müssen. Und falls Bahn und Verwaltung anfangs wohl wirklich dachten, dass sie dies ruhig vernachlässigen könnten, beeilen sie sich inzwischen nach Protesten von Sinti- und Roma-Selbstorganisationen sowie der Zivilgesellschaft damit, zu versichern, dass sie das Mahnmal nicht antasten und eine neue Lösung finden wollen.
Doch die ließ sich bisher nicht so einfach aus der Tasche zaubern. Also knirscht es weiter – und das ist auch gut so.
Hieß es Anfang der Woche noch, dass die Bahn eine alternative Routenführung prüfen wolle, bei der beide Tunnelröhren östlich des Reichstagsgebäudes verlaufen sollen, scheint dieser Entwurf nun schon wieder verworfen: Aus dem Bundestag verlautete am Freitag, man habe über diesen alternativen Plan der Bahn nur lachen können. Denn dann gäbe es eine riesige Baugrube direkt am Bundestag. Jedes einzelne Baustellenfahrzeug müsste aufwendig überprüft werden, der Betrieb des Parlaments würde dadurch wohl sehr erschwert.
Dass das Reichstagsgebäude für die Dauer der Bauarbeiten nur eingeschränkt zugänglich gemacht, teilweise gesperrt, in Teilen abgebaut oder im Ganzen versetzt wird – das ist bisher noch nicht Gegenstand der Planungen. Es ist auch unvorstellbar, dass das jemand ernsthaft in Erwägung zieht. Aber warum ist es bei dem Mahnmal nicht genauso?
Hier sollte es ebenso selbstverständlich sein – und es ist gut, dass die Diskussion nun in Gang kommt. Denn es handelt sich nicht um die Belange einer Minderheit gegenüber einem Zukunftsprojekt für den Berliner Nahverkehr, wie es teils dargestellt wurde – die Planungen gehen die ganze Gesellschaft etwas an.
Letztlich geht es um mehr als eine Baustelle und das Mahnmal
Denn letztlich geht es um mehr als eine Baustelle und das Mahnmal. In Schulbüchern kommt der Genozid an den Sinti und Roma meist kaum vor, wenn überhaupt nur in wenigen Sätzen, und so ist der Porajmos auch wenig im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert. Auch das ist etwas, was im Zuge der weiteren Debatte auf den Tisch kommen sollte. Denn gerade am sorglosen Planen der Bahn zeigt sich, wie dieser Teil der Geschichte und Schuld permanent übersehen wird.
Es ist allerdings nicht die Verantwortung der Sinti- und Roma-Selbstorganisationen, darauf hinzuweisen. Die Dominanzgesellschaft sollte sie den Kampf um einen Gedenkort und ein Mahnmal, das sich an alle richtet, daher auch nicht allein ausfechten lassen.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Uta Schleiermacher
Autor*in
Themen
mehr von
Uta Schleiermacher