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Umgang mit RechtspopulistenHass bei Pegida-Dialogversuchen

Hofiert die sächsische Landeszentrale für politische Bildung Rassisten? Die Opposition warnt vor „Foren für Hassausbrüche“.

Sachsens BzpB-Chef Frank Richter hat schon 1989 vermittelt. Aber klappt das mit Pegida? Foto: dpa

Dresden taz | Die Parlamentsferien in Sachsen sind eingeläutet, aber die Abgeordneten nehmen in den Urlaub ein Problem mit, das noch in den letzten Sitzungstagen für Gesprächsstoff sorgte. Es geht um das Aufgabenverständnis der sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung und den Kurs ihres Direktors Frank Richter.

Seine Diskussionsveranstaltungen begannen Ende 2014 als Dialogversuch zwischen Pegida-Sympathisanten und der Politik in Sachsen. Obschon diese überall festgefahren sind, setzt Richter seinen Kurs fort. In einem Brief an ihn machten nun die SPD-Abgeordnete Hanka Kliese und ihr ehemaliger Grünen-Kollege Karl-Heinz Gerstenberg deutlich, dass sie „in dem Format keinen Nutzen für die politische Bildung im Freistaat erkennen können“.

Den Anlass lieferte Mitte Juli eine Veranstaltung unter dem Titel „Die zornigen alten Männer und die Politik“, zu der beide Politiker eingeladen waren. Der Titel bezog sich darauf, dass die Statements bei den Bürgerforen überwiegend von Herren reiferen Alters abgegeben werden.

Drei von ihnen – ein Unternehmer, ein katholischer Diakon und ein Historiker – kamen eingangs zu Wort. Sie kritisierten unter anderem die „unsägliche Einwanderungspolitik“, die zur Untätigkeit verführe, oder verbreiteten Stereotype über handwerklich begabte, aber sonst wenig qualifizierte und demokratieunfähige Afrikaner.

Politiker niedergebrüllt

Kliese und Gerstenberg, die sich anschließend mit den Äußerungen auseinandersetzen sollten, schlug purer Hass entgegen. Mit Rufen wie „Halt’s Maul“ und „Mikrofon aus“ sollten die Politiker am Ausreden gehindert werden. Einer der Besucher zielte mit einer symbolischen Erschießungsgeste auf den Grünen. Dem langjährigen Vorsitzenden des Dresdner Ausländerrats und einem ehemaligen Journalisten erging es ähnlich. Auch der Beifall für die moderaten Äußerungen des ehemaligen CDU-Landtagsfraktionschefs Steffen Flath fiel sparsam aus. Umso stärker war der für Frauke Petry, als ihr einer der alten Herren zum AfD-Bundesvorsitz gratulierte. Petry und Flath waren ebenfalls eingeladen, auf die „zornigen Männer“ zu erwidern.

Das Gegenteil von politischer Aufklärung

Brief an Frank Richter

Das Podium war kein Einzelfall: Eine deutliche Mehrheit der Gäste dieser Veranstaltungen der Landeszentrale kommt inzwischen aus einem ultrakonservativen Spektrum. Petry bedankte sich prompt in der letzten Landtagssitzung bei Richter: Es sei ein Fehler gewesen, im AfD-Wahlprogramm 2014 die Abschaffung der Landeszentrale zu fordern.

Kliese und Gerstenberg dagegen kritisieren, dass ein wirklicher, sachlicher Diskurs nicht mehr stattfinde. Wenn objektiv rassistische Äußerungen unerwidert stehenblieben, sei dies „das Gegenteil von politischer Aufklärung“, heißt es in ihrem Brief. Auch Linken-Landeschef Rico Gebhardt warnt, die Landeszentrale müsse aufpassen, „dass sie nicht Foren für Hassausbrüche organisiert“.

Richter will vermitteln – wie 1989

Frank Richter will die Vorwürfe nicht gelten lassen: „Jeder kann kommen, und es kann auch einmal etwas schiefgehen!“ Richter beruft sich auf seine Erfahrungen als Initiator der vermittelnden „Gruppe der 20“ in den Oktobertagen 1989 und als Moderator der „IG 13. Februar“, die einen Minimalkonsens im Umgang mit den jüngsten Nazi-Aufmärschen zum Dresdner Zerstörungsgedenken herstellen konnte. Es gebe keinen Königsweg im politischen Disput, so Richter. Solche Veranstaltungen seien aber vor allem in der Landeshauptstadt parteipolitisch überlagert, weshalb er sich künftig auf ländliche Räume konzentrieren wolle. „Dort bekommen wir durchweg gute Noten.“

Für Befremden sorgte auch Richters Erklärung, er würde unter ähnlichen Umständen wie im Januar 2015 wieder der Pegida-Spitze seine Räume für eine Pressekonferenz zur Verfügung stellen. Immerhin steckt Pegida-Führer Lutz Bachmann auch hinter der Hetze gegen ein Asylbewerberheim in Richters Wohnort Freital. Dort hatte sich der Direktor klar gegen die Scharfmacher ausgesprochen. Auf den Landtagsfluren erklärt man sich Richters sturen Kurs mit dem missionarischen Geist des früheren Pfarrers, keines seiner Schäfchen zurückzulassen. Dieser Weg ist allerdings auch unter den Mitarbeitern der Landeszentrale höchst umstritten.

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1 Kommentar

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  • Als wäre es kein "Königsweg", kein "Schäfchen zurückzulassen"!

     

    Sind das wieder nur die Spiegelneuronen. Wenn es "keinen Königsweg" gibt, dann ist das je doch eine ziemliche Kränkung für all jene, die gern König wären. Weil sie genau zu wissen meinen, wer Schaf ist und wer Wolf und was das Beste ist für Schafe für Wölfe. (Schafe müssen eine Weile friedlich grasen dürfen, bevor sie geschoren oder geschlachtet werden. Wölfe muss man gleich von ihrem Leid erlösen.)

     

    Ich fürchte, es gibt nicht nur Grenzen des Wachstums im Kapitalismus. Es gibt auch Grenzen der Führung. "Die zornigen alten Männer" wurden nun mal nicht dazu erzogen nachzugeben. Sie haben gelernt zu dominieren. Dass ihr Wissen einmal überholt sein könnte und dass sie irgendwann nichts mehr zu sagen haben würden, haben ihre Lehrer ihnen wohl nicht rechtzeitig gesagt. Nun lernen sie es auf die harte Tour. Das macht sie wohl sehr wütend.

     

    Frauke Petry ist wohl nicht nur clever sondern auch konservativ genug, die wütenden alten Männern einzubinden. Sie braucht in ihrer "Partei" nicht bloß glatzköpfige, unterbelichtete Schläger, sie braucht auch Leute, die drei Sätze unfallfrei aufsagen können vor einer Kamera. Die zornigen Alten sind zu eitel um zu merken, dass Frau Pertry sie missbraucht ("Wen? Mich? Nein!"). So fügt sich eins zum Anderen.

     

    Offen ist, wie viele glatzköpfige, unterbelichtete Schläger und wie viele zornige alte Männer (und Frauen) übrig bleiben nach Abzug der verirrten Schafe. Kann Frauke Petry die 5%-Hürde überwinden, wenn es Frank Richter gelingt, einen Teil ihrer Anhänger abzuspalten? Dass eine SPD-Abgeordnete und ein ehemaliger Grüner "keinen Nutzen […] erkennen können" in dem, was Richter tut, hat nicht sehr viel zu sagen. Es geht nicht um Totalvernichtung in einer Demokratie. Es geht darum, die Mehrheit zu gewinnen. Wenn die Landeszentrale das vermitteln könnte, hätte er schon viel erreicht.