Umgang mit HIV-Infizierten: Das alte Bild von Aids
HIV-positive Menschen werden im Berufsleben weiterhin oft diskriminiert. Nun hat ein Feuerwehrmann erfolgreich gegen seine Nichteinstellung geklagt.
Der 1994 geborene Kläger bewarb sich im Frühjahr 2018 als Beamter für den feuerwehrtechnischen Dienst. Kurz zuvor hatte er erfahren, dass er HIV-positiv ist. In Therapie befand er sich noch nicht. Nach einem bei allen Bewerbern durchgeführten HIV-Test lehnte die Feuerwehr seine Bewerbung wegen des positiven HIV-Status mit der Begründung ab, dass er „dauerhaft feuerwehrdienstuntauglich“ sei. Der 28-Jährige klagte mit Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Im Urteil (VG 5 K 322.18) sprach ihm das Gericht eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro zu. Durch die Ablehnung der Einstellung allein wegen des positiven HIV-Status sei der Kläger diskriminiert worden.
Entscheidend war unter anderem, dass der Bewerber als „dauerhaft feuerwehrdienstuntauglich“ eingestuft wurde – entgegen dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand: Wäre die Feuerwehr davon ausgegangen, nicht der positive HIV-Status als solcher, sondern lediglich die (noch) unbehandelte HIV-Infektion stehe einer Feuerwehrdiensttauglichkeit entgegen, hätte es nahegelegen, den Bewerber als „feuerwehrdienstuntauglich“ und nicht als „dauerhaft feuerwehrdienstuntauglich“ einzustufen. Das Gericht berief sich im Urteilsspruch deshalb explizit auf die erfolgte Stigmatisierung durch die Berliner Feuerwehr.
Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe
Auch Vasili Franco, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (Grüne), kritisierte das Vorgehen der Feuerwehr scharf: „Es ist bedenklich, dass die Feuerwehr in ihrer Begründung die stigmatisierende Fehlannahme reproduziert, vom Kontakt mit HIV-positiven Menschen ginge eine Gefahr aus. Gerade eine Behörde, die eigentlich für medizinische Fachkenntnis steht und zudem unter massivem Personalmangel leidet, darf sich so etwas nicht erlauben.“ Er bedauerte, dass es erst ein Gerichtsurteil brauche, um diese Einstellungspraxis zu ändern.
Auch Vertreter der Berliner Feuerwehr zeigten sich in der Verhandlung einsichtig und machten deutlich, dass sie inzwischen davon ausgingen, dass der positive HIV-Status keinen absoluten Ausschlussgrund darstelle. Gegenüber der taz betonte Simone Rost von der Berliner Feuerwehr, bei der Untersuchung durch den Amtsarzt, ob die gesundheitlichen Anforderungen für die Laufbahn vorliegen, komme es immer auf den jeweiligen Einzelfall an. Mit Blick auf das Urteil ergänzte sie: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes schafft insoweit Klarheit für zukünftige Einstellungsverfahren, weshalb die Berliner Feuerwehr das Urteil grundsätzlich begrüßt.“
In bestimmten Bereichen sind Tests erlaubt
Allgemein gilt, dass – beruhend auf arbeitsrechtlichen Grundsätzen – im Einstellungsverfahren, aber auch später im Beschäftigungsverhältnis kein HIV-Test durchgeführt werden darf. Ausnahmen bilden neben dem Gesundheitscheck in der Pilot*innenausbildung sogenannte risikoreiche Tätigkeiten, wie sie die Richtlinien der virologischen Vereinigungen festlegen. Dazu gehören etwa Operationen, bei denen eine Eigenverletzungsgefahr besteht. Auch in diesen Bereichen können Menschen mit HIV allerdings tätig sein, sofern sie sich einer Therapie unterziehen.
Nach Ansicht von Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe gibt es immer noch zu viele Arbeitgeber im Gesundheitswesen, die – aus irrationalen Ängsten vor einer Ansteckung Dritter – denken, sie müssten ihre Bewerber*innen testen. „Fakt ist, dass HIV bei rechtzeitiger Therapie im Berufsalltag keine Rolle spielt“, so Wicht.
Dass dies immer wieder erstritten werden muss, zeigen diverse Gerichtsverfahren der letzten Jahre. So hat das Verwaltungsgericht Hannover 2019 entschieden, dass die Polizei in Niedersachsen einen Kommissaranwärter nicht grundsätzlich wegen seines positiven HIV-Status ablehnen darf. Die Polizei Berlin erklärte der taz, dass sich ihre Bewerber:innen keinem HIV-Test unterziehen müssen.
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