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Umgang mit EnthüllungenMaaßen kritisiert Geheimnisverrat

Der Präsident des Verfassungsschutzes übt Kritik an den Medien. Die Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ fordert Schutz für Whistleblower.

Will, dass heikle Informationen hinter verschlossenen Türen bleiben: Hans-Georg Maaßen Bild: dpa

BERLIN epd | Die Enthüllungen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden vor rund einem Jahr sorgen weiter für eine heftige Debatte über den Umgang mit brisanten Informationen. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, fordert von Journalisten mehr Verantwortung im Umgang mit Staatsgeheimnissen. Journalisten sprechen sich für einen besseren Schutz von Hinweisgebern aus.

Informationen über einen Agentenaustausch zum Beispiel seien vielen eine Schlagzeile wert, könnten aber bei Veröffentlichung die Arbeit der Geheimdienste stark behindern, sagte Maaßen am Montagabend in Berlin. Es gelte sorgfältig abzuwägen, was nach außen gelange, erklärte er bei einer Veranstaltung des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, des Deutschen Journalisten-Verbands und der Organisation „Reporter ohne Grenzen“.

„Die Medien haben ein großes Interesse an Geheimnissen“, sagte Maaßen. Dabei gehe es ihnen meist darum, die Auflage zu steigern. Die Sicherheit des Landes stehe für sie nicht im Mittelpunkt.

Der Leiter des gemeinsamen Recherche-Teams von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, Georg Mascolo, kritisierte die Haltung Maaßens. „Der Staat schuldet dem Bürger Transparenz“, sagte der ehemalige Spiegel-Chefredakteur. Es gebe in vielen Ländern ein großes Interesse der Mächtigen, Staatsgeheimnisse zu verbergen.

„Der Computerspezialist hat die NSA ausgeplündert“

Mascolo betonte jedoch, dass es Aufgabe der Journalisten sei, sorgsam zu schauen, was berichtet werden könne und was nicht. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Wiki-Leaks-Dokumente. Die Namen von afghanischen Bauern, über die sich westliche Ermittler Zugang zu den Taliban verschafft hatten, seien nicht veröffentlicht worden. Auch bei den Unterlagen, die der Computerspezialist Edward Snowden an Journalisten weitergegeben hat, sei eine Fülle an Informationen nicht genannt worden.

Maaßen entgegnete, er könne die Beweggründe Snowdens nicht verstehen. Der IT-Spezialist sei ein schillernder Typ, den er nicht einschätzen könne. Verständnis habe er allerdings für die Haltung der Amerikaner, Snowden als „Verräter“ zu bezeichnen: „Der Computerspezialist hat die NSA ausgeplündert. Sie ist blank.“

Torsten Krauel, Chefkommentator der Welt-Gruppe, hob hervor: “Snowden hat mehr veröffentlicht, als er hätte veröffentlichen sollen.“ Auch das Terrornetzwerk Al-Kaida habe nun gelernt, über welche Leitungen die Amerikaner sie abgehört hätten. Krauel zufolge beeinflusst die Digitalisierung die Verbreitung von Informationen enorm: „Das Internet ist die größte Spionageoperation seit dem Zweiten Weltkrieg.“

Michael Rediske, Sprecher des Vorstands von „Reporter ohne Grenzen“, plädierte dafür, Informanten nicht länger als Kriminelle zu behandeln. „Whistleblower brauchen einen angemessenen Schutz“, sagte Rediske. Informanten seien unentbehrlich für den investigativen Journalismus.

Auch Verfassungsschützer Maaßen unterstützt die Arbeit von Hinweisgebern, wenn sie auf ein rechtswidriges Verhalten aufmerksam machen. „Diese Einzelfälle müssen aufgearbeitet werden“, sagte Maaßen. In seiner Behörde gebe es beispielsweise die Möglichkeit, Missstände an das Parlamentarische Kontrollgremium zu melden. Allerdings sei seines Wissens von diesem Instrument noch kein Gebrauch gemacht worden, räumte er ein.

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10 Kommentare

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  • @ Slobo 29.4.2014, 14.31 Uhr:

     

    Das passiert doch schon, mit der Installation. Und zwar dann, wenn ich mir wg. "Verschleißerscheinungen" und zwecks Wirtschaftswachstum einen neuen Prozessor, Monitor, Stick, Updates etc. kaufen muß. Oder einen neuen oder kleinen Flachbildfernseher für das Schlafzimmer oder die Küche aus ähnlichen Gründen.

     

    Deswegen strecke ich seit einiger Zeit ab und zu die Zunge in Richtung der neuesten Elektronik raus! Oder mache Winke-Winke. Sogar auf dem Klo!

  • Der Kritik von Georg Mascolo stimme ich zu!

     

    Dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen muß ich widersprechen:

     

    Es geht investigativen Journalistinnen und Journalisten und "Reporter ohne Grenzen" keineswegs "meist darum, die Auflage ihres Mediums zu steigern"!

     

    Das ist eine gemeine und ungerechte Verleumdung und Meinungsmache gegen den Journalismus - und ein klammheimlicher sowie nicht angemessener Angriff auf die Pressefreiheit- und Informationsfreiheit, ein Angriff auf die Würde und auf den Ehrenkodex von nationalen und internationalen Presseleuten.

     

    Außerdem eine Verhöhnung all der Journalistinnen und Journalisten, die bei ihrem beruflichen Einsatz und ihrem privaten Wirken für ihre journalistischen Aufgaben zwecks Aufklärung und Information getötet, ja sogar ganz gezielt getötet und damit mundtot gemacht wurden!

  • Weiss einer zufällig, was diese Person monatlich verdient?

    • @Wiliam grudier:

      Das ist natürlich geheim! Ein Abteilungsleiter im Verfassungsschutz verdient 80.400€ im Jahr (Quelle: Focus) zzgl. Sicherheitszulage. Das entspricht so etwa der Besoldungsgruppe A16. Der Präsident des Verfassungsschutzes wird vermutlich nicht unter dem Gehalt eines Bischofs (8.000 -12.000€/mtl.) liegen.

  • "Maaßen entgegnete, er könne die Beweggründe Snowdens nicht verstehen. Der IT-Spezialist sei ein schillernder Typ, den er nicht einschätzen könne. Verständnis habe er allerdings für die Haltung der Amerikaner, Snowden als „Verräter“ zu bezeichnen: „Der Computerspezialist hat die NSA ausgeplündert. Sie ist blank.“

     

    So - jetzt mal Butter bei die Fisch.

    Es reicht.

     

    Dieser Herr ist ja spätestens seit seinem maßgeblichen Einsatz, bar jeglicher rechtlicher Fundierung - von Menschlichkeit erst gar nicht zu reden - in der Steinmeier/Kurnaz-Affäre completely out of bounds.

     

    Und seine auch hier wieder zutage tretende

    rechts-resistente - "staatstragende" -

    Haltung ist kein Zufall, nein sie hat Gründe.

     

    Er ist in seiner rechtlichen Grundierung nämlich durch die

    Profs. Schiedermaier jr. und sr. geprägt;

     

    insbesondere letzterer war in Norwegen als typischer Vertreter der NS-Funktionselite unterwegs und hatte post WK II die Stirn, als Präsident des Verwaltungsgerichts Würzburg seine Brötchen zu verdienen - bis obiges aufkippte;

    und zudem eben diesen bekannt reaktionären Ausländerrechtskommentar zu verzapfen; mit der darin vertretenen Rechtsauffasung dieser Herr Maaßen

    - und nicht zu vergessen ihm folgend Herr Steinmeier - in der Sache Kurnaz vorgegangen sind.

     

    Das Verwaltungsgericht Bremen hat sodann der Bundesrepublik eben dies derart um die Ohren gekloppt, daß sie dann lieber doch nicht ins Rechtsmittel gegangen ist.

     

    Was Herrn Maaßen aber nicht davon abgehalten hat, kackfrech diese rechtskräftige, total im mainstream aller Verwaltungsgerichte liegende Entscheidung als "singulär" zu bezeichnen.

     

    Noch Fragen?

  • Wann werden eigentlich (neben der Telco-Überwachung) flächendeckend Kameras und Mikros in jedem Haushalt installiert? Es kann doch nicht sein, dass es Räume gibt, die der Staat nicht überwachen kann. Das gefährdet unsere Sicherheit. Flächendeckende Überwachung und verpflichtend subkutane Ortungschips für alle! Jetzt!

     

    Die einzige Gefährdung ist Maaßen und sein totalitärer Stasi-Apparat.

  • Wenn die Öffentlichkeit auf die Veröffentlichungen von geflohenen Spionen und Enthüllungsjournalisten angewiesen ist, ist längst etwas völlig schief gelaufen. Die Geheimdienste müssen von den Volksvertretern und der Bevölkerung in einem, selbstverständlich abgestuften Verfahren, das kontrollierenden Zugriff auf ALLES geheidienstliche Handeln hat, so kontrolliert werden, dass solche Systembrüche gar nicht nötig sind.

    Die Äußerungen von Herrn Maaßen zeigen eine selbstherrliche Attitüde, die gefährlich ist, da sie mit der Forderung des Art. 20 überhaupt nicht in Einklang zu bringen sind. Wenn er Journalisten vorwirft "Die Sicherheit des Landes stehe für sie nicht im Mittelpunkt. " reklamiert er damit für sich und seinen Dienst die Deutungshoheit, was Sicherheit überhaupt bedeutet und wie sie herzustellen ist. Dies ist aber keineswegs ausgemacht und muss öffentlich und politisch in einem permanenten Diskurs ausgehandelt werden. Deutsche sind um eine 100-faches stärker an Leib und Leben dadurch bedroht, dass in Krankenhäusern (bedingt durch strukturelle Probleme) Menschen aufgrund von Fehlleistungen oder Unterlassungen den Tod finden oder schwere Schäden erleiden. Da läge ggf. eine Aufgabe für den Verfassungsschutz (Art.2 Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit). Oder wie wäre eine engmaschige Überwachung von Monsanto und Co., die sich daranmachen, die physischen Lebensgrundlagen aller Menschen (und damit aller Deutschen) privatrechtlich anzueignen und unter ihre Kontrolle zu bringen? Da ist die Sicherheit des Landes aber mal locker gefährdet. Aber auf solche Zusammenhänge kommen diese Leute nicht. Daher die Forderung Sinn und Zweckbestimmung des Verfassungsschutzes wirklich mal einer öffentlichen Diskussion zu unterziehen um ihn in eine Richtung zu entwickeln, die wirklich der breiten Bevölkerung dient.

  • Dass Journalisten/die Medien sich an Ihrer Informationsaufgabe für das Gemeinwesen orientieren sollten und nicht an bloßer Auflagenmaximierung ist natürlich richtig, aber die echten Probleme liegen woanders.

    Die Geheimdienste müssen dringend ganz neu gedacht werden, und zwar im Sinne des Artikels 20 des GG wo u.a. drinsteht:"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." und zwar uneingeschränkt ALLE, nicht "alle Staatsgewalt außer dem Treiben der Geheimdienste". Dies ist dann unbedingt mit einer engen Kontrolle der Geheimdienste zu verbinden, die nicht außerhalb des Rechtsstaates stehen dürfen - mit "Aussageverboten" und ähnlich abstrusen Konstruktionen der Verschleierung, die nicht die Sicherheit des Landes schützen, sondern potentiell einzelne Straftäter sowie deren Auftraggeber und Nutznießer.

  • Ist der Verfassungsschutz noch Teil des Deutschen Staates? Oder ist er Staat im Staate, der sich von uns Steuerzahlern aushalten lässt. Nicht nur die NSA ist durch Snowden blank geputzt worden. Auch der Deutsche Verfassungsschutz muss seine Rolle in den zurückliegenden Jahren hinterfragen. Das kungeln mit der NSA geht so nicht weiter, weil der NSA Arbeitgeber, die US-Regierung, gefährlich für den Weltfrieden geworden ist. Sollte der Verfassungsschutz noch Teil des Deutschen Staates sein, dann muss das an seinem Handeln zum Schutz des Grundgesetzes deutlich werden. Das ist im Moment leider nicht der Fall.

  • Die NSA hat die ganze Welt ausgeplündert. Sie ist blank.

    Es gibt längst keine Geheimnisse mehr, also wozu noch Geheimdienste?