Umbruch in der Ukraine: OSZE schickt Beobachter
Außenminister Frank-Walter Steinmeier reist zu Gesprächen nach Kiew und Donesk. Auch die OSZE will bald vor Ort sein. Allerdings nicht auf die Krim.
KIEW/SEWASTOPOL dpa | Einen Tag nach Abschluss des Abkommens über engere Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine ist Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu politischen Gesprächen nach Kiew gereist. In der ukrainischen Hauptstadt wollte er am Samstag dem amtierenden Regierungschef Arseni Jazenjuk und Interimspräsident Alexander Turtschinow weitere Unterstützung bei der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes zusichern.
Anschließend war ein Besuch in Donezk im überwiegend russischsprachigen Osten der Ukraine geplant. In der Industriestadt mit rund einer Million Einwohnern hatte es gewaltsame prorussische Demonstrationen gegeben, bei denen mindestens ein Mensch ums Leben kam.
Die ukrainische Regierung und der Westen befürchten, dass Russland auch auf dieses Gebiet Anspruch erheben könnte. Der russische Präsident Wladimir Putin hat allerdings erklärt, dass er sich mit der Annexion der Halbinsel Krim zufriedengeben wolle.
Unmittelbar vor der Abreise Steinmeiers hatte der Ständige Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach zähem Ringen mit der Stimme Russlands eine Beobachtermission in der Ukraine gebilligt, die aber nicht die Krim umfasst. Anfangs werden rund 100 Experten der Mission angehören, es können aber bis zu 500 Experten werden. Deutschland hat in Aussicht gestellt, sich mit bis zu 20 Fachleuten zu beteiligen.
Steinmeier war zuletzt Mitte Februar in Kiew und vermittelte dort zwischen dem inzwischen entmachteten und nach Russland geflüchteten Präsidenten Viktor Janukowitsch und der damaligen Opposition. Am Freitag hatte die EU bei ihrem Gipfel in Brüssel mit Jazenjuk den ersten Teil eines Assoziierungsabkommens unterzeichnet, das die Ukraine politisch enger an die Europäische Union binden soll. Darin verpflichtet sich Kiew unter anderem zur Respektierung der Menschenrechte und der freien Marktwirtschaft. Der wirtschaftliche Teil soll später folgen.
Ukrainisches U-Boot besetzt
Unterdessen hat die russische Marine hat auf der Krim nach einem Fernsehbericht das einzige ukrainische U-Boot übernommen. Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte hätten in der Strelezki-Bucht bei Sewastopol die „Saporoschje“ umzingelt und mit dem Abwurf von Blendgranaten zur Aufgabe gezwungen, berichtete der 5. Kanal. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es am Samstag zunächst nicht. Wie das russische Portal flot.com berichtete, habe die „Saporoschje“ mit 78 Mann Besetzung einer Übernahme durch die Schwarzmeerflotte zugestimmt. Bereits am Donnerstag hatten russische Marinekräfte drei ukrainische Korvetten auf der Krim besetzt.
Freies Geleit sollen jedoch 61 Soldaten einer Luftlandebrigade bekommen, die ihren Dienst in der ukrainischen Armee fortsetzen wollen. Die moskautreue Krim-Führung hatte im Gegenzug für den Abzug verlangt, dass die Militärs ihre Ausrüstung zurücklassen. Nun befahl der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, die Soldaten könnten mit eigenen Fahrzeugen abrücken. Sie sollen bis zur Grenze von russischer Militärpolizei eskortiert werden.
Der kommissarische ukrainische Verteidigungsminister Igor Tenjuch warf Kommandeuren auf der Krim „schwache Moral“ vor. „Männer heulen nicht“, entgegnete Tenjuch dem Befehlshaber einer Armee, der sich über mangelnde Unterstützung und fehlende Anordnungen des Generalstabs beklagt hatte. Das meldete die Agentur Unian am Samstag.
Die Armee sei in den vergangenen Jahren schlecht ausgebildet und nicht auf den Ernstfall vorbereitet gewesen, kritisierte Tenjuch. Marinechef Sergej Gajduk betonte, die Soldaten auf der Krim müssten ihre Kriegsschiffe und Stützpunkte sichern. Ein Abzug komme nicht infrage, sagte Gajduk in einer Sendung des Fernsehkanals TSN.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben