Umbenennung verweigert: Schule steht zu nationalem Namenspatron
Das Osnabrücker Ernst Moritz Arndt-Gymnasium will sich nicht umbenennen. Dabei war dieser deutsche Historiker und Autor Nationalist und Antisemit.
Manche Schulnamen sind schon ein Kreuz. Hartmut Bruns, Leiter des Osnabrücker Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums weiß, was passiert, sobald der Name fällt: Arndt. Seit 1957 ist seine Schule mit Arndt geschlagen. Der deutsche Historiker, Autor und Politiker ist heute kaum noch jemandem ein Begriff. Wenn aber, dann wegen seines Antisemitismus und Nationalismus. „Alle paar Jahre flammt die Forderung auf, dass unsere Schule sich umbenennen soll“, sagt Bruns.
Neulich war es mal wieder soweit, durch zwei Osnabrücker Stadtratsfraktionen: Grüne und SPD. Anlass war der Beschluss der Uni Greifswald, den Namen Ernst Moritz Arndt abzulegen. Greifswald ist Osnabrücks Partnerstadt.
Thomas Klein, schulpolitischer Sprecher der Grünen, erklärt: „Arndt ist kein Vorbild. Gerade in den heutigen Zeiten, wo rechtsradikales Gedankengut wieder Zulauf hat, müssen wir uns deutlich bekennen.“ Aber die Schule mit 800 Schülern aus 54 Nationen steht zu ihrem Namen. Erst Ende 2016 hatte der Schulvorstand erneut die Beibehaltung beschlossen – Einstimmigkeit bei Kollegium, Schülerschaft und Eltern.
Dass Arndt kein Vorbild ist, ist auch Schulleiter Bruns klar: „Ein sehr schwieriger Namenspatron“ sei der, mit „Ansichten, die heute nicht mehr akzeptabel sind.“ Aber seinen Namen wechsle man nicht wie sein Hemd: Wichtiger sei, sich kritisch mit Arndt auseinander zu setzen, sagt Bruns. Und das tut sein Gymnasium. Auf seiner Website, im Unterricht. Das Schulmotto zum Beispiel: „EMA“. Es steht vor allem für „erfolgreich miteinander arbeiten“. So hängt es in jedem Klassenzimmer. Und bei Bruns im Büro.
An Ernst Moritz Arndt scheiden sich die Geister.
Der deutsche Historiker, Autor und Politiker hat von 1769 bis 1860 gelebt.
Die einen sehen in ihm den Freiheitskämpfer, nicht zuletzt gegen die Besetzung Deutschlands durch Napoleon.
Andere sehen ihn als Nationalisten („Die Deutschen sind nicht durch fremde Völker verbastardet“), Kriegstreiber („Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte“) und Judenfeind („unruhige, neugierige und alles betastende und umwühlende Hebräer“).
Die NS-Ideologen beriefen sich auf ihn – 1933 wurde die Greifswalder Universität nach ihm benannt.
An dem Gymnasium wird Integration gelebt, Vielfalt, Offenheit. Gerade stellt es sich wieder dem Wettbewerb um den Deutschen Schulpreis – 2015 kam es unter die besten 15. Es mag nur keinen Druck von außen. Von Arndts Hetzreden distanziert sich Bruns: „Absolut, wie alle hier.“ Käme die Forderung aus der Schule selbst, sähe es anders aus.
Auch Kira Frentrup, Kreisvorsitzende der CDU-nahen Schüler Union Osnabrück, ist gegen eine Umbenennung. „Gerade eine historische Persönlichkeit, die nicht zur Identifikation einlädt“ sei „förderlich für einen kritischen Umgang mit der Vergangenheit.“ SPD und Grüne sieht sie im „Umbenennungswahn“. Man übe Zwang aus und solle sich „um wichtigere Dinge kümmern“.
Wahn und Zwang? Die Grünen verstehen ihren Vorstoß als Diskussionseinladung: „Ohne oder gegen den Willen der Schule geht es nicht“, sagt Klein. Auch Heiko Schlatermund, SPD-Sprecher für Kultur- und Hochschulpolitik, sieht das so. Etwas vorschnell hatte er für die Kulturausschusssitzung vom 16. Februar einen Umbenennungsantrag formuliert, ihn aber zurückgezogen. Er habe darauf gezielt, dass sich die Schüler kritisch mit dem Thema Arndt beschäftigen. „Erst im Nachhinein habe ich realisiert, dass sie das schon lange tun“, sagt Schlatermund. SPD und Grüne werden dennoch nicht locker lassen.
Die Diskussionen um den Namen kennen auch andere Ernst-Moritz-Arndt-Schulen: In Bonn, Herzberg am Harz, Remscheid, Bergen auf Rügen oder in Köln.
Auch in der „Regionalen Schule Ernst-Moritz-Arndt“ in Greifswald, keinen Kilometer von der umbenannten Uni entfernt, an der Arndt einst studierte und lehrte, hat es schon Umbenennungs-Abstimmungen gegeben. Schulleiterin Angela Leddin erklärt aber: „Wir haben unseren Namen nie anstößig gefunden.“ Arndt sei für ihre Schule eine „Verpflichtung“: „Natürlich muss man ihn kritisch hinterfragen.“
Leddins Arndtschule liegt übrigens an der Arndtstraße. Fast dasselbe in Osnabrück: Bis die Räume zu klein wurden, lag auch das EMA-Gymnasium an der Arndtstraße – die zum Arndtplatz führt. Wo früher die Schule war, ist heute das Emma-Theater. Emma? Für Ernst Moritz Arndt. Nur mit einem Zusatz-M, damit man es besser aussprechen kann. Alles Kandidaten für die Umbenennung.
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