piwik no script img

Ukrainischer Präsident PoroschenkoVolksabstimmung zu Nato-Beitritt

Präsident Poroschenko will das Volk über einen Beitritt seines Landes zur Nato abstimmen lassen. In der Ostukraine wurden bei Gefechten zwei Soldaten getötet.

Kalt, Hunger, Kämpfe: Mittlerweile sind die Heizungen in Awdiiwka in Teilen wieder funktionstüchtig Foto: ap

Awdijiwka/Berlin dpa/rtr | Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat eine Volksabstimmung über einen Beitritt seines Landes zur Nato angekündigt. Poroschenko verwies in einem Interview der Funke Mediengruppe (Donnerstagausgaben) auf Umfragen, wonach 54 Prozent seiner Landsleute für eine Mitgliedschaft im westlichen Militärbündnis seien. Vor vier Jahren seien es noch 16 Prozent gewesen.

„Als Präsident richte ich mich nach der Meinung meines Volkes und werde eine Volksabstimmung über die Frage eines Nato-Beitritts abhalten“, sagte Poroschenko laut Vorabbericht. Sollten die Ukrainer dafür stimmen, werde er alles daran setzen, eine Nato-Mitgliedschaft zu erreichen. Jeder Schritt hin zu einer Aufnahme der Ukraine in die Nato würde allerdings die Spannungen mit Russland drastisch erhöhen.

Optimistisch äußerte sich Poroschenko über einen Beitritt seines Landes zur Europäischen Union. Es werde „nicht mehr allzu lange“ dauern, bis die Ukraine die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt erfülle. Die Regierung in Kiew habe bereits das Haushaltsdefizit und die Inflation spürbar verringert und eine „einzigartige Infrastruktur zur Korruptionsbekämpfung“ geschaffen. „Mehr als 70 Prozent der Ukrainer unterstützen die Europäische Union“, sagte der Präsident. „Das ist eindrucksvoll in Zeiten von Brexit und Rechtspopulismus.“

In der Ostukraine sind die Kämpfe zwischen Separatisten und Regierungstruppen in jüngster Zeit wieder aufgeflammt. Die Nato verurteilt dies und fordert von Russland, seinen Einfluss auf die prorussischen Rebellen zu nutzen, um die Eskalation zu stoppen. Die Ukraine und die Nato werfen Russland vor, die Separatisten mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Die Regierung in Moskau weist dies zurück.

Zwei Soldaten bei Gefechten getötet

Im Kriegsgebiet Donbass sind bei Gefechten gegen prorussische Separatisten zwei ukrainische Soldaten getötet und 14 weitere verletzt worden. Die Armeeführung in Kiew warf den von Moskau unterstützen Aufständischen am Donnerstag Angriffe mit Raketenwerfern und Artillerie vor. Den Separatisten zufolge wurden bei Attacken der Armee fünf Zivilisten verletzt. Auch bei der südlichen Hafenstadt Mariupol kam es zu Gefechten.

Die Behörden von Awdiiwka nördlich der Separatistenhochburg Donezk teilten mit, die Heizung in der umkämpften Stadt sei in Teilen wieder hergestellt. In den Wohnungen sei es bis zu 17 Grad warm. In der Industriestadt waren durch Beschuss großflächig Wasser-, Heizungs- und Stromversorgung ausgefallen – bei Außentemperaturen weit unter null Grad. Der Donezker Gouverneur Pawel Schebrowski sagte, um die Stromleitungen zu reparieren, müssten zunächst die Waffen schweigen.

Der Sondergesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Martin Sajdik, rief die Konfliktparteien auf, die Waffenruhe einzuhalten. Schweres Kriegsgerät solle bis zum Wochenende von der Front zurückgezogen werden, sagte er nach einer Sitzung der Kontaktgruppe am Mittwochabend. Das Gremium mit Vertretern der OSZE, Russlands und der Ukraine vermittelt in dem Konflikt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das Land sollte der Nato erst beitreten, wenn es eine vernünftige Lösung für seine Minderheitenfrage gefunden hat. Sonst importieren wir uns einen Konflikt mit Russland.

     

    In die EU? Bitte erst mal anständige Minderheitenpolitik anstreben, kann man sich bei diversen EU-Ländern eigentlich abgucken wie das geht (die Handhabung der Minderheitenrechte in Schleswig-Holstein wäre ein Beispiel). Solange man dort nicht in die Disco kommt, wenn man Russe ist, gibt es noch viel zu tun. Ohne den russischen Teil des Problems kleinreden zu wollen.

     

    Stimme zu, daß die Türkei nicht mehr in die Nato gehört. Leider scheint es da ja keine Mindeststandards zu geben.

  • "Es werde „nicht mehr allzu lange“ dauern, bis die Ukraine die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt erfülle."

     

    Spricht der Schokohase von dem Land, in dem er sich Präsident nennt oder gibt es 2 Gebilde namens "Ukraine"?

     

    PS: 54% für NATO Beitritt? Da kann er ja froh sein, dass der Donbass und die Krim nicht mit abstimmen.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Er zündelt schon wieder und ganz nebenbei spaltet er die Gesellschaft weiter - eigentlich vollkommen unnötig in diesen ohnehin schon unruhigen Zeiten.

  • Irgendwie hat die NATO momentan ganz andere Sorgen, als neue Mitglieder aufzunehmen glaube ich... Fängt beim Präsidenten des Landes an, das für grob geschätzt 80% ihrer Schlagkraft verantwortlich zeichnet und der sich womöglich aus ihr zurückzieht und endet mit der diktatorischen Türkei, die längst nicht mehr in die NATO gehört, aber immer noch drin ist..