Ukrainischer Fußballprofi in Spanien: Prekäre Verehrung
In Spanien wird der ukrainische Fußballer Roman Sosulja als Nazi angefeindet. Die Regierung in Kiew feiert ihn als Patrioten.
Als Nazi ist der ukrainische Fußballnationalspieler Roman Sosulja in Spanien beschimpft worden. Es war beim Zweitligaspiel zwischen Rayo Vallecano und Albacete Balompié. Und nach den Rufen der Vallecano-Fans, die dem politisch linken Spektrum zugeordnet werden, brach der Schiedsrichter die Partie ab. Solch einen Vorfall gab es noch nie im spanischen Fußball.
Unterstützung erfuhr Sosulja sofort vom ukrainischen Außenministerium und dem Präsidenten Volodimir Selenski. „Du bist nicht nur ein klasse Fußballer, du bist auch ein echter Patriot“, textete der Präsident auf seiner Facebook-Seite. „Roman Sosulja, nicht nur deine Mannschaft steht hinter dir. Die ganze Ukraine steht hinter dir.“
Zuvor hatte das ukrainische Außenministerium die gezeigte „Intoleranz und verbalen Angriffe gegen unseren Fußballer Roman Sosulja“ verurteilt. Die Beleidigungen seien nicht nur haltlos, sie enthielten auch Denkmuster russischer Propaganda, so das ukrainische Außenministerium.
Sosulja sagt, er sei kein Nazi, sondern Patriot. Rassistische Äußerungen sind von ihm zwar nicht bekannt, er macht aber aus seiner Nähe zu dem rechtsradikalen Bataillon „Asow“ keinen Hehl. Im Netz finden sich Fotos, wie er sich mit Angehörigen von „Asow“ ablichten lässt. Auf anderen ist Sosulja mit einer Waffe oder neben einem Porträt von Stepan Bandera, dem wichtigsten Politiker der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und Partisanenführer der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), zu sehen.
Gerne werde heute übersehen, so Eduard Dolinsky, der Direktor des Kiewer Ukrainischen Jüdischen Komitees, dass die OUN eine fremdenfeindliche, antisemitische Ideologie hatte. Sowohl OUN- als auch UPA-Einheiten haben sich am Holocaust beteiligt, sie ermordeten mindestens 70.000 Polen, womöglich waren es 100.000, so Dolinsky. Amnesty International und Human Rights Watch werfen dem Bataillon Asow, das seit November 2014 in die Nationalgarde eingegliedert ist, schwere Menschenrechtsverletzungen – unter anderem Folter – vor.
Allerdings liegt Sosulja mit der Verherrlichung von Bandera im Trend. Anfang Dezember hatte ein Gericht eine Klage gegen die Umbenennung zweier Straßen in Kiew in Stepan Bandera und Roman Schuchewitsch Prospekt zurückgewiesen. Beide Namensgeber waren zeitweise Helfershelfer der deutschen Besatzungstruppen.
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