Ukraine nach Trumps Wahlsieg: Schock und Freude
Ukrainische Politiker reagieren unterschiedlich auf das Wahlergebnis in den USA. Viele setzen auf die Solidarität der Republikaner.
In aller Ruhe hatte man die Kontakte zum demokratischen Establishment in den USA ausgebaut. Dass es beim jüngsten USA-Besuch von Präsident Petro Poroschenko zu keinem Treffen mit Präsidentschaftskandidat Donald Trump gekommen war, hatte niemanden interessiert.
Spätestens seit Trumps Ankündigung, er werde die Krim als Teil des russischen Staates anerkennen, und seinen Sympathiebekundungen für Russlands Präsidenten Wladimir Putin konnte sich niemand für den Outsider und Underdog im amerikanischen Wahlkampf erwärmen. Noch Ende Juli hatte Innenminister Arsen Awakow Trump als „gefährlichen Politiker am Rand des politischen Spektrums“ bezeichnet und an seinen Text eine Karikatur von Trump und Putin, die sich im Stil von Honecker und Breschnew küssen, angehängt.
Trump, so der Expremier Arsen Jazenjuk, sei mit seinen Äußerungen zur Krim eine Herausforderung für die gesamte freie Welt. Aufs falsche Pferd gesetzt hatte auch der Oligarch Wiktor Pintschuk. Der Mann, der sowohl den früheren Präsidenten Wiktor Janukowitsch als auch den Maidan finanziert hatte, dürfte es schwer haben, mit der neuen US-Administration ins Geschäft zu kommen. 25 Millionen Dollar hatte der Mäzen in den vergangenen Jahren an die Clinton-Stiftung gespendet.
Grund zum Lachen hat hingegen der vor Kurzem zurückgetretene Gouverneur von Odessa, Michail Saakaschwili. Stolz verkündete er am Morgen nach Trumps Wahlsieg, dass er mit Trump seit 20 Jahren befreundet sei. Und als Beweis seiner Freundschaft passte er noch am Mittwoch sein Facebook-Profil der neuen Lage an. Wer nun seine Seite besucht, sieht ihn neben dem neuen US-Präsidenten.
Persönlichen Faktor nicht unterschätzen
Freude über den Trump-Sieg herrscht auch beim Oppositionsblock, der Nachfolgepartei von Wiktor Janukowitschs Partei der Regionen. Dessen Führung, so die ukrainische Tageszeitung Westi, habe einen direkten Draht zu dem Trump-Berater Paul Manafort. Und dieser war vor nicht allzu langer Zeit noch Berater von Wikor Janukowitsch. Auch die Abgeordneten Wadim Rabinowitsch und Jewgenij Murajew, die Gründer der neuen Oppositionspartei „Für das Leben“, scheinen die Gunst der Stunde nutzen zu wollen.
Ihre derzeit täglichen Demonstrationen mehrerer Tausend Menschen gegen die Korruption im Zentrum von Kiew wollen sie nun in andere Städte ausdehnen. Über viel Sendezeit beim Kanal Newsone, dessen Besitzer Jewgenij Murajew ist, kann sich auch seit Neuestem Michail Saakaschwili freuen. „Hier entsteht ein neues Bündnis aus Politikern des Oppositionsblocks, Saakaschwili und Julia Timoschenko“, mutmaßt eine Zeitungsverkäuferin an der U-Bahn-Station „Teatralna“.
Es gibt aber im Establishment auch Stimmen, die in dem Sieg von Trump gar keinen Grund zur Beunruhigung sehen. „Man darf nicht vergessen, dass am Dienstag nicht nur ein neuer US-Präsident, sondern auch ein neuer Kongress gewählt worden ist“, erinnert der Politologe Sergei Postolowskij. „Und die Republikaner haben die Ukraine konsequenter unterstützt als die Demokraten.“
Auch der Republikaner John McCain, der sich für die Lieferung von letalen Waffen an die Ukraine einsetzt, sei wiedergewählt worden. Man dürfe auch den persönlichen Faktor nicht unterschätzen, stellt der frühere Abgeordnete Taras Tschornowil fest. Poroschenko und Trump seien als Geschäftsleute in die Politik gekommen. Trump habe keinen Respekt vor reinen Berufspolitikern.
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