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Überwachung von Linke-AbgeordnetenDie Bundesländer spitzeln mit

Mitglieder der Linkspartei werden in sieben Bundesländern nachrichtendienstlich ausgeforscht. In Niedersachsen wurde die gesamte Landesliste beobachtet.

Viele Linkspolitiker im Visier: Auch Gregor Gysi wurde überwacht. Bild: dapd

BERLIN taz | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Liste der vom Verfassungsschutz beobachteten Bundestagsabgeordneten der Linkspartei überprüfen lassen. Dies kündigte er am Mittwoch an. Ausschlaggebend solle sein, ob ein Mitglied eine führende Stellung in der Partei innehabe oder einer extremistischen Teilvereinigung innerhalb der Partei zugerechnet werden könne.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) beobachtet derzeit 27 der 76 Mitglieder der Fraktion der Linken im Bundestag und zusätzlich 11 Landtagsabgeordnete - angeblich nur über öffentlich zugängliche Quellen wie Zeitungsberichte.

Mehrere Länder allerdings handhaben das anders und forschen die Partei auch verdeckt aus. Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel erklärte am Mittwoch: "Sieben Länder beobachten mit nachrichtendienstlichen Mitteln den ganzen Landesverband oder nur Splittergruppen wie die Kommunistische Plattform."

Zu geheimdienstlichen Mitteln gehören das Abhören von Telefonaten, das Öffnen von Briefen oder auch der Einsatz von V-Leuten. In Niedersachsen würden solche Methoden aber nicht bei Parlamentariern eingesetzt, betonte Wargel. "Wir führen keine personenbezogenen Akten über Abgeordnete."

"Quer durch alle Strömungen und Lager"

Eine Sprecherin des niedersächsischen Landesamtes hatte der taz zuvor allerdings gesagt, das Amt behalte sich "im begründeten Einzelfall das gesamte Instrumentarium von Observation bis Aussetzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses vor". Dazu zähle im Zweifel auch der Einsatz von V-Leuten im Umfeld der Fraktionen. Geheimdienstliche Mittel seien dann gerechtfertigt, wenn die Person verfassungsfeindliche Bestrebungen zeige.

Dorothee Menzner, energiepolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, ist eine der niedersächsischen Abgeordneten, die vom Landesamt beobachtet wurden, und zwar schon als Landesvorsitzende der niedersächsischen Linken zu Zeiten der Bundestagswahl 2005, so sagte sie der taz. Damals hatte das niedersächsische Landesamt laut Menzner die ganze Landesliste ihrer Partei unter Beobachtung gestellt.

Menzner liegt eine 330 Seiten starke Verfassungsschutzakte, in der sie immer wiederauftaucht, aus den Jahren 2001 bis 2005 vor. Auf einer darin aufgeführten Landesliste, so erzählt sie, sei jedem der 46 Kandidaten handschriftlich eine Nummer zugeordnet worden.

Auch 40 Mitglieder von niedersächsischen Kreisverbänden seien vermerkt worden. Betroffen gewesen seien Personen "quer durch alle Strömungen und Lager der Partei", von der neu eingetretenen Studentin bis hin zum Ex-DKP-Mitglied. "Hier konnten wir erstmals sehen, dass es sich um eine flächendeckende Beobachtung handelt", sagte Menzner.

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9 Kommentare

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  • KJ
    Kim Jong Dutschke

    Wann wird man endlich aufhören Staatsdiktatorischen Sozialismus (siehe D-eutsche D-emokratische R-epublik) und demokratischem Sozialismus (siehe D-eutsche Demokratische R-epublik) wie ihn die in "Linkspartei" umbenannte und um Westkollaborateure verstärkte SED wieder fordert zu "unterscheiden" und mit Demokratie und Freiheit in die gleiche Schale zu legen!

    Das ist Populismus! Die Toten mahnen uns es nicht wieder zuzulassen.

  • H
    Humansozialist

    @Kim Jong Dutschke

     

    Wann wird man endlich aufhören grausamen Staatsdiktatorischen Sozialismus (siehe Nordkorea) und demokratischem Sozialismus (wie ihn die Linkspartei fordert) in die gleiche Schale zu legen!

     

    Das ist Populismus!

  • J
    Jason

    Hmm, wenn wir solche Mitteilung aus anderen Länder lesen würden, würde man sich an den Kopf fassen "das ist doch keine Demokratie, das aus spionieren der Opposition. Gut das wir keine Stasi Methoden anwenden"

     

    Aber in Deutschland, da wo der Alte Klassen Feind (wo auch immer er sein mag, meist in den Köpfen der anderen) der Kommunist, noch eine Bedrohung ist, da kommt es einfach drauf an welche Brille man aufsetzt bevor man die Zeitung liest...

     

    Das ist ein Akt gegen den Verfassung, haben wir nicht das recht an das zu Glauben was wir wollen und die Welt so sehen wie wir es wollen. Ist das nicht sogar im Grundgesetzt. Wenn ein Teil von Deutschland die Linke wählt und die auf Demokratischen Weg an die macht kommt (also in den Bundestag kommt) dann ist das Legitim.

    Das ist Demokratie.

     

    ...jetzt mal ehrlich... wenn das Volk den Kommunismus möchte und die Mehrheit das entscheidet.. ist das eine Demokratische Entscheidung.

     

    Das sind Stasi Methoden und das ist nicht zu tolerieren. Bei Politiker ist Bestechung, das Arbeiten mit Lobbys mehr Wert hat als mit dem Eigenenvolk zu arbeiten, also gegen das eigene Volk oder den Hang mal nach rechts Abzugdriften, solche Leute sollte man überwachen, aber dann würde ja jeder überwacht werden um raus zu finden ob man Freund oder Feind ist, BundesBürger war gestern....

     

    Kommt mir langsam vor das Demokratie eine Modeerscheinung ist.

     

    Wir sollten eine BürgerVerein gründen der nur ausschließlich den Verfassungsschutz und Politik beobachtet und Kontrolliert... Und weil WIR das VOLK sind und es UNSERE Stimmen sind die Gewicht haben, wird es wohl, wenn wir in einer "Demokratie" leben, möglich sein BürgerVerein Legitimität zu verschaffen.

     

    Vielen Dank

    ...und ein dreifaches Hoch auf den Verfassungsschutz hoch...hoch... ganztief...

    ......mfG

    Jason

  • G
    Gnarv

    Warum ist eigentlich nur Niedersachsen würdig genug, um hier genannt zu werden? Welche sind die anderen sechs? Fakten, Fakten, Fakten, bitte! ;)

  • KJ
    Kim Jong Dutschke

    Spitzel waren die IMs der Stasi, des Machtrerhaltungs-Werkzeuges der "Linkspartei". Der Verfassungschutz beschützt die Verfassung. Das gefällt internationalen Sozialisten genauso wenig wie nationalen Sozialisten. Deshalb nehmen sie das Wort "Spitzel" gerne in den Mund. Da die taz keine Verbindungen und keine Vergangenheit im Bereich des nationalen Sozialismus hat (wenn man vom Genossen und Ströbele-Schilly-Kumpel Mahler mal absieht) wird bei der Auswahl warum sie von Spitzeln dröhnt die Auswahl doch ziemlich eng. "Spitzel" stören. Die zigtausenden Toten der "Linkspartei" stören genausowenig wie die 180 000 000 Ermordeten des Sozialismus-Experiments. Die KZs in Nordkorea halten ja die täglich massiv in der taz inserierende SED so wenig von Grüßen an die dortigen Genossen ab, wie sie die taz nicht stören. Ist ja "für die gute Sache".

  • J
    juhela

    Zitat aus einem Artikel der taz: Der Stuss, den der niedersächsische Verfassungsschutz zusammengeschrieben hat, findet sich getreulich in dem Ablehnungsbescheid wieder. (zur Einbürgerung von Frau Jannine Menger-Hamilton, http://www.taz.de/!48816/). Leider habe ich das Gefühl, der VS in den Ländern produziert nur Stuss. In Hessen werden nicht nur sämtliche Mitglieder der Linkspartei beobachtet - wie auch immer das gehen soll, sondern auch alle Mitglieder der dazugehörigen Jugendorganisation "Linksjugend solid". dafür wird im Verfassungsschutzbericht eine Begründung geliefert, die abenteuerlich ist. Doch nicht nur der VS wird von den regierenden Parteien instrumentalisiert. Warum werden eigentlich nur die Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei in den Ländern wegen einer angeblichen Blockade des Naziaufmarsches in Dresden 2011, juristisch verfolgt. Selbstanzeigen einzelner SPD Mitglieder, die ebenfalls in Dresden auf der Straße saßen, interessiert die Justiz nicht. Der VS gefährdet unsre Demokratie.

  • W
    waldzwerg

    finster diese überwachung ,da kommen ja erinnerungen an die stasi auf !

  • H
    herbert

    Für den Verfassungsschutz eine schöne ABM,

    die LINKE trägt das Prädikat seit zwanzig Jahren ergebnislos beobachtet zu werden, unter den selben Augen konnten hingegen Rechtsextreme schwerste Straftaten verüben.

     

    Die Beobachtung der Linken ist seit Jahren eine unzulässige politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes. Mit dieser Praxis werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, so wird Diffamierung und gleichzeitig Ablenkung betieben.

     

    Stattdessen sollte die NPD endlich verboten und die Unionsparteien unter Beobachtung gestellt werden, die im braunen Spektrum auf Stimmenfang gehen und wiederholt verfassungswidrige Gesetze verabschiedet haben.

  • DF
    der finner sein kater

    Ob auch die Abgeordneten der großen "Volks"-Parteien bespitzelt werden? Schließlich sind sie es ja, deren Gesetze schon des öfteren vom Verfassungsgericht einkassiert wurden...