Überwachung von Arbeitnehmern: Keylogger nur bei konkretem Verdacht
Tastatureingaben von Mitarbeitern dürfen nicht grundlos und heimlich aufgezeichnet werden. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein Keylogger ist eine Software, die jede Tastatureingabe an einem Computer registriert. Im konkreten Fall ging es um eine Medienagentur in Castrop-Rauxel, die Apps, Filme und Holographieanwendungen produziert.
Ein 32-Jähriger war dort seit 2011 als Webentwickler beschäftigt, wurde aber im Mai 2015 wegen „Arbeitszeitbetrugs“ fristlos gekündigt. Er habe in seiner Arbeitszeit für eine andere Firma gearbeitet und ein privates Raumschiff-Computerspiel programmiert.
Der Webentwickler räumte ein, dass er regelmäßig dem Logistikunternehmen seines Vaters bei der Auftragsverwaltung geholfen habe, allerdings nicht mehr als zehn Minuten am Tag. Am Computerspiel habe er nur in den Pausen programmiert oder wenn es Leerlauf bei seinen Aufgaben gab. Seinem Arbeitgeber sei dadurch jedenfalls kein Schaden entstanden.
Keyloggerdaten rechtlich nicht verwertbar
Die Medienagentur ließ das nicht gelten und rechnete ihm anhand der Keyloggerdaten vor, dass er an manchen Tagen fast nur mit dem Computerspiel beschäftigt war – wenn er nicht gerade Aufträge für seinen Vater erledigte.
Die gute Beweislage nutzte dem Unternehmen aber nichts, denn die Daten des Keyloggers sind rechtlich nicht verwertbar, wie nun das Bundesarbeitsgericht entschied. Die Beschäftigten eines Unternehmens dürften nicht einfach so mit Keyloggern überwacht werden.
Möglich sei ein solcher Einsatz nur, wenn es bereits einen „auf den Arbeitnehmer bezogenen, durch konkrete Tatsachen begründeten Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung“ gibt. Das BAG berief sich dabei auf eine Regelung im Bundesdatenschutzgesetz (§32).
Offener Einsatz nicht geklärt
Das Bundesarbeitsgericht wertete den Einsatz des Keyloggers als „verdeckte“ Überwachung. Zwar hatte die Firma nach Einführung eines neuen Highspeed-Internet-Netzwerkes angekündigt, dass nun der „gesamte Internet-Traffic“ und die Benutzung der Systeme „mitgeloggt“ werden. Dass dabei aber jede einzelne Tastatureingabe erfasst wird, sei nicht klar gewesen. Ob der offene Einsatz von Keyloggern erlaubt wäre, musste in diesem Verfahren nicht geklärt werden.
Der Webentwickler kann nun wieder für die Medienagentur arbeiten. Denn die von ihm eingeräumten Privattätigkeiten genügten nicht für eine fristlose Kündigung, so das BAG. Schließlich sei er zuvor nicht abgemahnt worden. (Az.: 2 AZR 681/16)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“