Überwachung per Drohne: Die Polizei guckt aus dem Himmel zu

Die Hamburger Polizei überwacht Fußballfans per Drohne. Eine gesetzliche Regelung gibt es dafür nicht. Der Senat findet das unproblematisch.

Eine Drohne der Polizei mit blauer und gelber Folie beklebt

Gut sichtbar: Drohne der Hamburger Polizei Foto: Jonas Walzberg/dpa

HAMBURG taz | Wer sich die Fußball-Europameisterschaft der Männer in Hamburg beim Public Viewing auf dem Heiligengeistfeld anguckt oder ins Stadion geht, wird dabei aus der Luft von der Polizei gefilmt. Die Hamburger Polizei ist mittlerweile im Besitz von 24 Drohnen, die sie nun auch zur Fußballfan-Überwachung einsetzt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei Fans filmt – schon Mitte Mai war eine Polizeidrohne beim Spiel des HSV gegen den 1. FC Nürnberg über den Tribünen gekreist. In Niedersachsen setzt die Polizei regelmäßig Drohnen ein, um die An- und Abreise von Fußballfans zu observieren.

Neu ist aber das Ausmaß und die Zielgruppe beim Einsatz der „unbemannten Luftfahrsysteme“, wie die Drohnen im Polizeijargon heißen. Bislang setzte die Hamburger Polizei sie eher bei Verkehrsunfällen, kriminalpolizeilich relevanten Tatorten oder bei Umweltdelikten wie der Verunreinigung von Gewässern ein. Für die Drohnenüberwachung von Menschenmengen hingegen gibt es noch keine gesetzliche Regelung.

Die hält der Hamburger Senat allerdings auch gar nicht für nötig. „Das Fertigen von Übersichtsbildern erfordert keine spezielle Rechtsgrundlage, da der Erhebungszweck ausdrücklich nicht auf die Erhebung von Daten gerichtet ist“, antwortet der Senat auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Gemeint ist damit, dass die Drohnen nicht gezielt Pas­san­t*in­nen oder Fußballfans ausspähen, um Informationen über sie zu sammeln, die dann in Datenbanken einfließen.

Linke kritisiert Drohnenüberwachung

Dass die Polizei die Aufnahmen aus der Luft nicht speichert, ist damit jedoch nicht gesagt. Der Senat schreibt in der Antwort auf die Linksfraktion: Sofern es Annahmen dafür gebe, dass Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen würden, könnten Aufzeichnungen von einzelnen Personen gemacht und gespeichert werden. Auf die Frage nach der Rechtsgrundlage verweist der Senat auf Paragraf 18 des Polizeigesetzes – der regelt allerdings nur Videoüberwachung im Allgemeinen.

„Drohnen sind ein Angriff auf die Persönlichkeitsrechte“, sagt Cansu Özdemir, die justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die Überwachung aus der Luft sei eben nicht das gleiche wie stationäre Videoüberwachung, weil sie oft unbemerkt ablaufe. Dadurch werde Betroffenen die Möglichkeit genommen, gezielt nachzufragen, ob ihre Daten der Polizei vorlägen, und gegebenenfalls deren Löschung zu veranlassen. Warum der Senat keine Notwendigkeit sehe, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären, sei absolut unverständlich. „Drohnen sind ein neues Einsatzmittel der Polizei, entsprechend muss es dafür eine rechtssichere Regelung geben“, fordert sie.

Das bayrische Polizeiaufgabengesetz etwa, das nicht gerade als Vorzeigegesetz für die Wahrung der Bürgerrechte gilt, regele in Artikel 47 den Einsatz „unbemannter Luftfahrsysteme“. Wichtig wäre aus Sicht Özdemirs, in einer entsprechenden Vorschrift den Einsatz von Drohnen bei politischen Versammlungen auszuschließen.

Auch Nils Zurawski, Professor für Kriminologie an der Polizeiakademie Hamburg, sieht viele Fragezeichen. „Wenn man mit einem Instrument der Crowd Control anfängt, kann das Begehrlichkeiten wecken“, gibt er zu Bedenken. Crowd Control meint das Überwachen und Lenken von Menschenansammlungen durch die Polizei oder das Militär.

Billiger und effizienter als ein Hubschrauber

„Wenn man heute Fußballfans per Drohne überwacht, sinkt die Hemmschwelle, demnächst den Jungfernstieg an einem Samstagabend abzufilmen.“ Der Jungfernstieg an der Alster hat sich in den vergangenen Jahren zum Abhäng-Ort für testosterongesteuerte Jugendliche entwickelt und wird oft als Brennpunkt bezeichnet.

Zwar versteht Zurawski aus polizeilicher Sicht das Bedürfnis nach effizienterer und billigerer Überwachung als etwa durch Hubschrauber. „Aber heimliche Überwachung ist immer problematisch“, sagt der Wissenschaftler. Nicht ohne Grund sei jede U-Bahn-Kamera per Schild gekennzeichnet. Selbst in Banken werde den Kun­d*in­nen per Hinweis Bescheid gesagt – also sogar im privaten Raum.

Der Hamburger Senat findet das alles unproblematisch. Über der Public-Viewing-Eventfläche oder dem Stadion kreisten die Drohnen schließlich „deutlich sichtbar mit der Aufschrift ‚Polizei‘ gekennzeichnet und in den Polizeifarben foliert“. Der Drohnenpilot steht außerdem in Sichtweite am Boden, natürlich ebenfalls in Polizeifarben erkenntlich und mit der Aufschrift „Drohneneinsatz“ versehen. Die Informationen über die Einsätze seien außerdem der überregionalen Presse zu ­entnehmen.

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