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Überlebens-MittelGenossen rufen um Hilfe

Die Sky-Supermärkte der Coop-Genossenschaft müssen saniert werden. Als Retter soll der zweitgrößte deutsche Lebensmittelhändler Rewe einspringen

Soll die Kasse aufmachen, um Coop zu retten: Supermarktkette Rewe Foto: dpa

KIEL taz | Nach Edeka und Tengelmann wollen nun auch Rewe und Coop fusionieren. Deutschlands größte Konsumgenossenschaft im Lebensmitteleinzelhandel Coop übt sich zwar noch in Geheimniskrämerei. Von einem „Joint Venture“ ist die Rede. Dabei rückt die faktische Übernahme der angeschlagenen Genossenschaft durch den Handelskonzern Rewe offensichtlich immer näher.

Coop betreibt rund 200 Sky-Märkte sowie mehrere Bau- und Gartencenter vor allem in Schleswig-Holstein und Hamburg, aber auch Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Brandenburg. Als Genossenschaft gehört die Coop ihren 68.802 Mitgliedern. Doch der einst etwas andere Supermarkt tat sich in den vergangenen Jahren schwer, seine Läden zu modernisieren, der sich ändernden Nachfrage etwa nach Bio-Produkten anzupassen und der erstarkenden Konkurrenz vornehmlich von Edeka zu trotzen.

Im März soll Coop vor dem Aus gestanden haben. Das geht aus Recherchen des NDR hervor. Ein Bankenkonsortium hatte demnach den Geldhahn zugedreht und für nötige Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro keine neuen Kredite mehr gewährt. Als Grund gilt der am vergangenen Mittwoch auf einer Pressekonferenz der Coop bestätigte Verlust von 7,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Im ersten Quartal 2016 hat sich die Lage weiter zugespitzt.

Rettung soll nun vom internationalen Handelskonzern Rewe kommen, der auch die Penny-Discounter und die Toom-Verbrauchermärkte betreibt. Bereits am vergangenen Sonnabend stimmten die Coop-Genossenschaftsvertreter in Kiel faktisch für ihre eigene Entmachtung.

Genossen genießen

Zwar sieht es so aus, dass die Coop die Macht im eigenen Haus verliert. Doch den meisten Genossenschaftsmitgliedern der Coop kann das ziemlich egal sein, denn sie genießen Vorteile beim Einkauf.

Im Sommer 2014 hatte die Genossenschaft eine „Vorteilskarte“ eingeführt. Mit der Karte sparen die fast 70.000 Mitglieder mindestens zwei Prozent bei jedem Einkauf „auf alle rabattfähigen Artikel“.

Mitglieder, die wöchentlich einen Einkaufswert von mindestens 50 Euro erreichen, erhalten zusätzlich einen Sonderbonus von einem Prozent. Dabei wird es auch in Zukunft bleiben, versichert Coop.

Allein im vergangenen Jahr traten 12.965 Mitglieder der Genossenschaft bei. „Aufgrund vieler Nachfragen“, so Coop, haben sich Vorstand und Aufsichtsrat in der vergangenen Woche dazu entschlossen, die sogenannte Anteilserwerbshöhe für interessierte Mitglieder auf bis zu 100 Anteile (bislang 55) zu erhöhen.

In der Kieler Zentrale hofft man, zukünftig wieder „eine attraktive Dividende“ an die Genossen auszahlen zu können.

Mit Rewe arbeiten die Kieler schon seit 2007 zusammen. Der nach Edeka zweitgrößte deutsche Lebensmittelhändler mit 3.300 Märkten hält auch eine bis vor Kurzem unbekannte „stille“ Beteiligung an der Kieler Genossenschaft, wie eine Sprecherin von Coop bestätigt. Zukünftig gehe es um eine „dauerhafte strategische Partnerschaft“.

Coop gründet dafür ein „Joint Venture“, eine neue Gesellschaft, in die sie ihr operatives Geschäft schiebt: den Betrieb der Supermärkte mit fast 10.000 Beschäftigten. Rewe zahlt in der Folge angeblich 140 Millionen Euro in die neue Gesellschaft ein und erwirbt damit 55 Prozent der Anteile an der neuen Coop. Mit dem Geld kann die Coop-Genossenschaft ihre Schulden bezahlen – und Rewe wird die nötigen Mittel für Investitionen und den Fortbestand des Unternehmens bereitstellen. Der Retter ist dann aber auch Herr im genossenschaftlichen Haus.

Einer solchen Übernahme müsste allerdings das Bundeskartellamt zustimmen. Präsident Andreas Mundt hatte im April aber bereits den Erwerb von rund 450 Kaiser’s- und Tengelmann-Filialen durch Edeka untersagt. Er warnt nun angesichts der geplanten Übernahme der Sky-Supermärkte durch den Branchenzweiten Rewe: „Der Markt ist hoch konzentriert.“ Die vier großen Ketten Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland teilten sich inzwischen mehr als 80 Prozent des bundesweiten Marktes. Dadurch seien sie auch regional sehr stark. Nun habe man mit Rewe/Coop bereits den nächsten Regio-Fall auf dem Tisch. Negativ könnte sich die Rewe-Übernahme zudem für die regionalen Zulieferer der Coop auswirken.

Für die Genossenschaftsidee ist das Coop-Desaster ein Rückschlag. Der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften in Hamburg bedauert auf Anfrage, dass Coop sein Geschäft an Rewe veräußert. „Damit beendet die größte deutsche Konsumgenossenschaft ihre operative Tätigkeit“, sagt Vorstandssprecher Mathias Fiedler der taz. Leider sei es aufgrund der scharfen Wettbewerbssituation nicht möglich, die Geschäfte eigenständig weiterzuführen. Erfreut zeigte sich der Genossenschaftsverband, dass die Coop ihren Mitgliedern auch weiterhin Einkaufsvorteile bieten will.

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