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Überkonsum reduzierenSneaker Nummer 28 bitte ins Netz

Das Haus, der Zweitwagen und das 30. Paar Schuhe: So geht's nicht weiter. Was helfen könnte? Unsere Autorin hätte da eine Idee.

Sneaker nehmen im virtuellen Schuhregal weniger Platz weg als zu Hause im Flur Foto: Heiko Kueverling/imago

E in Luxus-Markensneaker für nur knappe 13 Euro? Das geht! Klingt nach einer Klickbait-Phrase, einem Köder, um Klicks einzusammeln, und ist es irgendwie auch, denn: Der Schuh, den eine bekannte Luxusmarke vor einigen Jahren auf den Markt gebracht hat, besteht nicht aus Stoff und Plastik, aus Nähten und Schnürsenkeln. Sondern eher aus Nullen und Einsen. Ein rein virtueller Sneaker, den man nur auf Fotos und Videos tragen kann – und dort, wo man eh nur virtuelle Gegenstände braucht, also im Metaverse, aber ist da eigentlich überhaupt jemand? Hallo?

Na gut, Metaverse hin oder her: Es gibt Menschen, die werden sich einigermaßen hereingelegt fühlen bei dem Gedanken, einen Schuh zu kaufen, der nie Asphalt oder Wanderwege berühren wird. Und der noch nicht einmal als wertsteigerndes Luxusobjekt zu Hause in einer Vitrine platziert und ein paar Jahre später für einen noch horrenderen Preis an ei­ne:n Samm­le­r:in weiterverkauft werden kann.

Aber: Wäre die Welt nicht eine viel bessere, wir würden einen Teil unseres überflüs­sigen Konsums einfach ins Virtuelle verlagern? Und uns im Analogen auf den Krams beschränken, der sowohl für uns als auch für unsere Mitmenschen als auch für die Umwelt zumindest nicht exorbitant schädlich ist?

Denn nur weil wir wissen, dass unser Verständnis von Wohlstand ziemlich zügig von „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ wegkommen muss, verschwindet die Dopaminausschüttung durch Konsum ja nicht einfach über Nacht. Es sei denn, jemand findet eine wirksame Therapie gegen Überkonsum. Aber das kann noch dauern und die Akzeptanz so einer Anti-Konsum-Pille wäre vermutlich auch nicht gerade umwerfend.

Virtuell cruisen

Also los: Autos von der Größe eines Zimmers und der optischen Anmutung einer Kreuzung aus Grill und Armeefahrzeug. Wer braucht so etwas? Praktisch niemand? Super, dann ab damit ins Internet. Selbst wer den ganzen Tag damit virtuell durch die Gegend fährt, kann gar nicht so viele Ressourcen verbrauchen wie mit einem 2,5-Tonner auf der Straße. Die Luxusyacht darf ebenso ins Virtuelle umziehen wie -uhr und -handtasche. Und ganz ehrlich: Sneaker Nummer 28 bis 36 nehmen im virtuellen Schuhregal auch weniger Platz weg als zu Hause im Flur.

Mit der Kreislaufwirtschaft ist es so auch einfacher: Was nicht mehr gefällt, lässt sich per Klick ausrangieren oder umdesignen. Kein ätzendes Verkaufen über Kleinanzeigenportale, bei denen erst einmal sieben Leute fragen, ob das Inserat noch aktuell ist, fünf schließlich kaufen wollen, sich die Verhandlungen zum Übergabetermin von Geld und Ware ähnlich lange ziehen wie die Verhandlungen bei Klimakonferenzen – nur ohne dass am Ende haufenweise Po­li­ti­ke­r:in­nen einen angeblich historischen Kompromiss loben.

Die Gefahr ist natürlich, den Absprung nicht zu kriegen. Ein Warnzeichen könnte es sein, wenn man anfängt, Bäume in einer App zu pflanzen. Das verbraucht zwar auch weniger Energie, als mit dem Auto in die Obstbaumschule zu fahren und dort einen Baum dieser tollen alten Apfelsorte zu kaufen. Aber dass auch virtuelle Äpfel schmecken und ihre Bäume Schatten spenden, das muss die Digitalisierung erst mal hinkriegen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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5 Kommentare

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  • Was für eine lustige Idee!



    ABER:



    Ein Sneaker für 13 Euro ist kein Statussymbol, und um die geht es beim Luxuskonsum. Die Verfasserin billigt den Luxuskonsumenten den Anspruch auf zig Paar Sneaker und SUVs, wenn auch virtuelle, zu. Als sei der Kaufrausch ein echter Rausch, wird hier das Fehlen einer Entzugsdroge als Argument hergenommen, um den armen Hascherln wenigstens den virtuellen Besitz von nutzlosem Plunder zu ermöglichen. Schon verbraucht die Cloud so einiges an Energie. Mit KI, Digitalisierung, Wasserstoff und Dekarbonisierung der Wirtschaft wird der Bedarf sich potenzieren. Da sollen jetzt obendrauf noch digitale Spielsachen für die Oberen 10.000 kommen? So nicht. Schickt die Reichlinge in den Wald auf einen Spaziergang. Das tut besser als jede Menge Pixel.

  • ... und wenn man den virtuellen Sneaker dann versteigert und in Bitcoin bezahlt bekommt, hätte man mit der für Mining der Bitcoins und den Betriebs des Metaverse verplemperten Ressourcen sicher auch ein paar schöne alltagstaugliche Sneaker aus Recyclingmaterial herstellen können.

  • "und die Akzeptanz so einer Anti-Konsum-Pille wäre vermutlich auch nicht gerade umwerfend."



    ... entweder das, oder die Leute werden süchtig danach.

  • Ich weiß weder, welche Erfahrungen die Autorin mit "Luxusjachten" hat, noch welche mit dem Metaverse. Mir persönlich fehlen die Erfahrungen mit dem Metaverse, nur kann ich mir kaum vorstellen, dass das Metaverse mit dem Reallife mithalten kann. Bis es soweit ist wird es wohl noch Luxusjachten geben.

  • Dann wird es langweilig. Es ist ja keine Erfindung der Neuzeit, dass Menschen sich unterscheiden wollen und Materialismus dabei eine Rolle spielt. Auch das Streben nach mehr, Anerkennung und innerer Zufriedenheit sind Bedürfnisse seit es Menschen gibt. In jeder Volkswirtschaft, auch in denen mit Mangel oder an der Schwelle, sehen wir dieselben Entwicklungen. Sagen sie denen Mal sie brauchen gar nicht über Konsum und Luxus nachdenken, wird abgeschafft....da wird Freude aufkommen.



    Und ich möchte mich auch nicht von meiner Uhrensammlerleidenschaft verabschieden und die Sammlung ins Netz stellen....