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Übergriffe gegen FlüchtlingePolizei richtet Beschwerdestelle ein

In Hannover soll ein Bundespolizist Flüchtlinge gedemütigt und geschlagen haben. Eine Sonderbeschwerdestelle der Bundespolizei soll nun bei solchen Übergriffen einschreiten.

Bundespoliziepräsident Dieter Romann will, dass sich seine Beamten anonym beschweren können Bild: dpa

HANNOVER dpa | Die Bundespolizei will als Reaktion auf die Misshandlungsvorwürfe in Hannover das Melden von Vergehen in den eigenen Reihen vereinfachen. Präsident Dieter Romann kündigte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Einrichtung einer sogenannten Sonderbeschwerdestelle an. „Außerhalb des Dienstweges“ solle ein ihm direkt unterstellter Beamter Meldungen von Mitarbeitern entgegennehmen, denen Verdächtiges auffällt. Damit solle unter anderem verhindert werden, dass sich Kollegen erst lange nach Übergriffen an die Staatsanwaltschaft wenden.

In Hannover soll ein Bundespolizist auf der Wache im Hauptbahnhof zwei junge Flüchtlinge gedemütigt und geschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Es wurde auch der Vorwurf laut, der Polizist habe 2013 einen Kollegen in der Wache mit seiner Dienstwaffe bedroht. Anwesende Kollegen sollen über den Vorfall geschwiegen haben.

Romann will die Beschwerdestelle nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen, sondern als vorbeugende Maßnahme. „Konsequenzen ziehen wir erst, wenn der Sachverhalt restlos aufgeklärt ist.“

Nach den mutmaßlichen Übergriffen fordert die Gewerkschaft der Polizei eine Neuorientierung der Aus- und Fortbildung. Den Beamten müsse vermittelt werden, dass sie sich im Falle des Fehlverhaltens von Kollegen anonym an zuständige Stellen wenden könnten, sagte der Gewerkschafter Martin Schilff der Online-Ausgabe der Welt. Kollegen des gewalttätigen Polizisten müssten mit juristischen Konsequenzen rechnen, falls sie die Ausfälle intern länger verschwiegen hätten.

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1 Kommentar

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  • Hier wird eine effektive PR-Strategie gefahren, die gleichzeitig erfolgreich davon ablenkt, dass wir es mit keinem Einzeltäter und keiner Einzeltat zu tun haben. Dies wird belegt durch:

     

    (1) Der Politist sandte die Aufnahmen der Folterungen mit entsprechenden Texten an Kollegen. Er musste offenbar in keiner Weise Sanktionierungen befürchten. Dies wird nur nachvollziehbar, wenn bei der Bundespolizei in Hannover ein besonderes Klima herrschte ...

     

    (2) Auf einem Foto sind die Füße von mindestens zwei Beamten erkennbar.

     

    (3) Laut der Nachrichte des Beamten selbst habe sein Vorgesetzter ihm gesagt, dass er den Marokkaner haben "quieken hören wie ein Schwein". Der Vorgesetzte hörte also die Schmerzensschreie, er schritt nicht ein, sondern verwandte eine entmenschlichende Sprache.

     

    (4) Die Empfänger der Nachrichten haben nicht sofort Anzeige erstattet. Wie kann es sein, dass Polizisten Verbrechen nicht anzeigen? Dies drängt dern Verdacht einer Billigung auf.

     

    (5) Laut FR gibt es Aussagen von Polizisten, dass die Vorgänge bekannt gewesen seien und bei Schreien von Betroffenen einfach nur die Türen zugemacht worden seien, um nicht bei der Arbeit gestört zu werden.

     

    Insgesamt ist es nach meiner Einschätzung undenkbar (und dies ergibt sich bereits aus dem Menschenverstand), dass die Mitarbeiter der Bundespolizei Hannover nichts von der Misshandlung von Flüchtlingen mitbekommen hatten. Jetzt aber soll offenbar die Systematik der Gewalt bzw. Duldung von Gewalt gegen Flüchtlinge durch die Bundespolizei Hannover durch die öffentlichkeitswirksame Einrichtung einer Beschwerdestelle ohne jedes Schuldanerkenntnis aus dem öffentlichen und medialen Bewusstsein gedrängt werden.