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Überflüssige GrenzkontrollenDie halbe Freiheit

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Europa hat durch Corona schon genug Schaden genommen. Reisen innerhalb der EU weiter zu begrenzen, ist falsch.

Bleibt für die meisten EuropäerInnen geschlossen: Grenze Deutschland-Österreich bei Neuhaus am Inn Foto: Sven Hoppe/dpa

D eutschland macht wieder auf! Doch die Nachricht über die baldige Öffnung von Biergärten, Hotels und Campingplätzen stimmt leider nur zur Hälfte. Tatsächlich wird diese Normalisierung nur innerhalb der Bundesrepublik erfolgen, und sie wird in den Ländern in Details unterschiedlich geregelt werden. Zugleich baut die Politik klugerweise eine automatische Bremse ein: Wenn die Zahl der Infizierten in einem Landkreis über die Maßen steigt, werden die Freiheiten wieder zurückgenommen – die erste Obergrenze, die tatsächlich sinnvoll ist.

Doch diese vorläufigen Freiheitsrechte gelten nur für in der Bundesrepublik lebende Menschen. Die Reisebeschränkungen an den Grenzen zu den EU-Partnern bleiben vorläufig be­stehen. Das ist falsch. Die aktuellen Infektionszahlen in Frankreich, Italien oder der Schweiz unterscheiden sich inzwischen nicht mehr sonderlich von denen In Deutschland, in Österreich sind sie sogar deutlich niedriger.

Die Politik nimmt also zugunsten von Freiheitsrechten in Kauf, dass künftig Schwaben in ihrem Urlaub Ostfriesen anstecken könnten. Das kann man machen, auch wenn damit ein Risiko verbunden ist. Sie verhindert aber den Besuch französischer Camper im Spreewald. Das geht gar nicht. Denn das entspricht nationalistischer Logik.

Europa hat als Modell für einen demokratisch verfassten Staatenbund seit Beginn der Coronakrise schon Schaden genug genommen. Die Pandemie hat einen Rückfall in ausschließlich nationale Katastrophenpläne ausgelöst, bei denen der Nachbar zum gefährlichen Infektionsherd mutiert, den es abzuwehren gilt. Jede Stunde, in der diese Logik länger aufrechterhalten wird, ­zerstört die europäische Idee noch weiter.

EU-Binnenmarktregelungen sind für das Gros der Menschen nicht unbedingt eine fassbare Kategorie. Die Reisefreiheit ohne lästige Kontrollen ist es. Wenn es keine Gründe für eine Einschränkung dieser Freiheit mehr gibt, dann gehören die Schlagbäume schleunigst geöffnet.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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6 Kommentare

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  • "Denn dasentspricht nationalistischer Logik."

    Auch die Steuer- und Finanzpolitik, die sozialen Sicherungssysteme etc.

  • Die Grenzschließungen waren übrigens auch von Anfang an nutzlos. Das zeigt diese sehr schön recherchierte Analyse der Tagesschau:



    www.tagesschau.de/...aenkungen-101.html

  • Was für ein schlechter nichts sagender Kommentar.

    • @Howan:

      Das sehe ich anders. Ich stimme dem Kommentar absolut zu. Die Reisefreiheit innerhalb Europas ist IMHO eine der wichtigsten Errungenschaften der EU, die auch wirklich unmittelbar spürbar ist und so schnell wie möglich wiederhergestellt werden sollte.

      • @1Mj3tI39F:

        War die Reisefreiheit innerhalb der EWG wirklich groß anders?

        • @Mzungu:

          Ja, sie war deutlich eingeschränkter und man durfte sich häufig staatdienerlicher Wilküre unterwerfen.



          Als jemand welcher nur 250 Meter von einer solchen Grenze entfernt lebt und bislang zum Einkaufen mitunter einen Kilometer durch ein Mitgliedsland mit dem Velo fuhr um im dritten Mitgliedland einzukaufen kann ich Ihnen sagen:



          Grenzsperrungen behindern unseren natürlichen Lebensraum.



          Aber schon Ihr Bezug auf die „EWG“ lässt ja ahnen, dass sie fern von Grenzen lieber in ihrer romantischen nationalen Suppe schwimmen.