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Über romantische BeziehungenDating? Gibt Wichtigeres

Flirten, Daten und romantische Beziehungen können wunderschön sein. Doch ein Leben ohne kann genauso erfüllend sein. Es ist Zeit, das anzuerkennen.

Die romantische Liebe ist nicht immer schön Foto: Westend61/imago

Z um Abschluss dieser Dating-Kolumne möchte ich gern noch einmal sagen: Lasst uns Dating weniger wichtig nehmen. Flirten, verliebt sein, romantische Beziehungen – all das kann wunderschön sein. Aber der Stellenwert, den es in unserer Gesellschaft einnimmt, steht in keinem Verhältnis. Ich wünsche mir eine Welt, in der romantische Beziehungen nicht mehr als die Nummer-eins-Voraussetzung für ein erfülltes Leben gelten.

Single sein wird als bemitleidenswerter Zustand angesehen, der so schnell wie möglich überwunden werden muss. Mit diesem Narrativ verdient der ständig wachsende Markt der Dating-Apps eine Menge Geld. Doch was soll das überhaupt heißen: Single? Der Begriff suggeriert, Menschen ohne romantische Partnerschaft seien ganz allein im Universum. Klar, dass diese Vorstellung Angst macht. Gerade jungen Mädchen wird von klein auf eingebläut, der Sinn ihrer Existenz bestünde darin, ihren Traumprinzen zu finden. Singlemänner können sich mit zunehmendem Alter immer noch als freiheitsliebend und abenteuerliebend verkaufen. Doch je älter Frauen ohne romantische Partnerschaft werden, desto mehr gelten sie als gescheitert.

Das löst enormen Druck aus. Er kann dazu führen, dass wir unsere Erwartungen an Partnerschaft bis in die Kanalisation herunterschrauben und in unbefriedigenden Beziehungen verharren. Wir lernen, dass all das besser ist, als keine Beziehung zu haben. In „Radikale Zärtlichkeit“ nennt Şeyda Kurt das „toxische Romantik“: Alles wird dem Ideal der romantischen Liebe untergeordnet. Es reicht, sich einmal im Freun­d:in­nen­kreis umzuhören, um all diese Erzählungen zu widerlegen. Die meisten verpartnerten Menschen, die ich kenne, sind manchmal verliebt und glücklich, manchmal aber auch todunglücklich. Romantische Beziehungen bringen fast immer auch Konflikte mit sich. Wer in ih­rer:­s­ei­ner Partnerschaft gerade zufrieden ist, ist das außerdem nicht automatisch auch in allen anderen Lebensbereichen.

Ich wünsche mir eine Welt, in der wir romantische Beziehungen als eine von vielen möglichen Beziehungsformen sehen. In der romantische Liebe oder Sex nicht mehr ist, als eine von vielen Möglichkeiten, Glück, Euphorie oder Verbundenheit zu empfinden. Neben: Tanzen, sich von einem Bergpanorama überwältigen lassen, ein tiefes Gespräch führen. Und natürlich: Freund:innenschaften.

Der:­die Poe­t:in und Per­for­me­r:in Alok Vaid-Menon postet jedes Jahr zum Valentinstag ein Gedicht, das mich sehr berührt. Darin steht unter anderem: „Ich möchte eine Welt, in der wir die Namen all unserer besten Freun­d:in­nen auflisten können, wenn wir gefragt werden, ob wir mit jemandem zusammen sind, und niemand mit der Wimper zuckt.“ Eine solche Welt wäre nicht nur für sogenannte Singles ein wertschätzenderer Ort. Auch Menschen in Partnerschaften könnte es mehr Unabhängigkeit verschaffen, zu wissen: Es gibt viele lebens­werte Alternativen.

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Lou Zucker
Lou Zucker ist Journalistin und Autorin. Als Redakteurin arbeitete sie für neues deutschland, Supernova, bento und Der Spiegel, derzeit ist sie Chefin vom Dienst bei taz nord in Hamburg. Ihr Buch „Clara Zetkin. Eine rote Feministin“ erschien in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.
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3 Kommentare

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  • Korrekt - alles hat ein Ende & dieser Wust hat auch nur ein!



    “Na & biste wieder am Parshippern?“



    &



    „Da“ - fällt eine meiner Verflossenen ein - “Biste halt nicht so allein!“



    & Däh - zu sojet wend ich doch glatt ein:



    Das Geseires einer Aftermieterin =>



    Meine Stellung hatte ich verloren,



    Weil ich meinem Chef zu häßlich bin.



    Und nun habe ich ein Mädchen geboren,



    Wo keinen Vater hat, und kein Kinn.

    Als mein Vormund sich erhängte,



    Besaß ich noch das Kreppdischingewand,



    Was ich später der Anni schenkte.



    Die war Masseuse in Helgoland.

    Aber der bin ich nun böse.



    Denn die ließ mich im Stich.



    Und die ist gar keine Masseuse,



    Sondern geht auf den -.

    Mir ist nichts nachzusagen.



    Ich habe mit einem Zahnarzt verkehrt.



    Der hat mich auf Händen getragen.



    Doch ich habe mir selber mein Glück zerstört.

    Das war im Englischen Garten.



    Da gab mir's der Teufel ein,



    Daß ich - um auf Gustav zu warten -



    In der Nase bohrte, ich Schwein.

    Gustav hat alles gesehn.



    Er sagte: das sei kein Benehmen.



    Was hilft es nun, mich zu schämen.



    Ich möchte manchmal ins Wasser gehn.



    Joachim Ringelnatz (deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler)



    gedichte.jobaloha....ner.aftermieterin/

    kurz - “Das Huhn setzt ihm den Leichenstein.



    Dem verschieden taz-Kolumnelein.“



    Wir aber singen 🎶 “Wer wird denn weinen - wennse tut von hinnen gehn!



    Tut an der nächsten Ecke doch schon - Oh Schreck - glatt die nächste stehn • “



    Denn von ollen Röhl-Nöhl - is bekannt!



    Wurd sojet ungenant - einst Randgruppenjournalismus durchaus treffend einst benannt!



    & Däh ganz ohne Flennen -



    Fein bemerkt selbstkritischunbeschwert



    “Es ist Zeit, das anzuerkennen“



    Das ist dich doch echt “nen Asbach-Uralt wert •

    Na 🥃 - besser is das! Gelle.

  • ...und dann gibt es Menschen die eine Art starke soziale Ader haben. Die aus psychologischer Sicht stark vereinsamen, wenn es niemanden an der Seite gibt, der diesen Menschen wertschätzt. Bergpanoramas können Euphorie auslösen, ja. Aber Berührungen kann dir nur ein Mensch geben, der die nahe steht, und diese Nähe auch selbstlos unterstützt. Und so sehr wir uns bemühen, Alternativen zu suchen: Der menschliche Körper braucht Nähe. Regelmäßig.

    Ich habe es persönlich erlebt. Alternativen gesucht, gefunden und sie erfüllten mich nicht oder man lies es nicht zu, dass sie sich bei mir erfüllen. Oder ich habe vermeintlich eine Alternative gefunden, bis es hieß, es ersetze nur scheinbar die Einsamkeit. Doch ich werde weiterhin diese Alternativen aufsuchen müssen, selbst wenn es bedeutet, niemals im Leben Nähe zu erfahren.

  • Ja, etwas mehr Entspannung in Bezug auf romantische und/oder sexuelle Beziehungen wäre befreiend. Wir haben heutzutage doch recht viel Glück damit, dass wir unsere Partner:Innen recht frei wählen können (im Vergleich zu früher). Das sollte aber nicht heißen, dass der Druck zum Finden von Mr/Mrs/Mx Right bis in den Himmel geschraubt werden muss. Das ist gefühlt nämlich passiert, leider.