Über 50-jähriger Fußballer aus Japan: König des Spiels wird abgesetzt
Kazuyoshi Miura kommt in Japan ein Sonderstatus zu. Nun sitzt der älteste Fußballprofi der Welt auf der Tribüne. Die Aufregung ist groß.
„Die Legende“, wie die Zeitung ausführte, „hat es nicht auf die Liste der 18 nominierten Spieler geschafft.“ Viele Medien waren außer sich. Direkt nach dem Spiel am Sonntag bedauerte das Daily Sports: „Die letzte Partie als 51-jähriger sieht Kazu nur von der Tribüne aus.“ Höchstens zweitrangig war, dass die Mannschaft von „Kazu“, der FC Yokohama, sein erstes Saisonspiel gegen V-Varen Nagasaki durch ein Gegentor in letzter Minute mit 0:1 verloren hatte.
Schließlich ging es hier nicht um irgendjemand. „King Kazu“, mit vollem Namen Kazuyoshi Miura, ist der ewige Star Japans, der Methusalem des Fußballs, der älteste Profi der Welt. Und wie es so ist mit lebenden Legenden, verschließt man vor den Zwängen der Zeit gern die Augen, was im Fall von Miura sowohl Medien als auch Trainern über Jahre immer wieder gelang. Am vergangenen Wochenende aber passierte es doch: der König des Spiels, der sonst zumindest auf der Ersatzbank einen Stammplatz hatte, ist mit 51 Jahren offiziell sportlich verzichtbar geworden.
Seit fast dreieinhalb Jahrzehnten verdient Kazuyoshi Miura sein Geld mit dem Fußballspielen. Als Japan im Jahr 1993 die J-League einführte, damals noch geprägt von ausländischen Altstars wie Zico, Gary Lineker oder Pierre Littbarski, sicherte sich Miura sensationell als Japaner die Torjägerkanone. In jenen Jahren wurde er zu „King Kazu“, schließlich kürte man ihn zum besten Fußballer Asiens. Fortan spielte Miura in ausländischen Ligen, unter anderem der italienischen Serie A. Miura war es auch, der Japan zur ersten WM-Teilnahme 1998 führte.
In Japan bekannt als „Fußballgott“
Außerdem hat dieser „King Kazu“ schon ganze Generationen inspiriert – auch mit Popkultur. Miuras Werdegang ist nämlich die Vorlage der weltweit erfolgreichen Mangas und Animes um „Captain Tsubasa“ (in Deutschland bekannt als „Die tollen Fußballstars“). Die Geschichte handelt von einem Jungen, der Japan als Teenager gen Brasilien verlässt, dort Profi wird und als Nationalspieler sein Land zu einer Größe macht. Diese jedenfalls in groben Umrissen wahre Story haben unter anderem Fernando Torres und Lionel Messi für den Fußball begeistert.
Schon länger nennt man in Japan Miura einen „Fußballgott“. Die damit einhergehende Rolle des Unsterblichen hat er im stark altershierarchisch organisierten Japan seit Jahren genossen. Bei der WM 2014 in Brasilien begleitete der damals 47-jährige das Nationalteam. Seine Anwesenheit sollte den jungen Spielern Mut machen, hieß es. Als vor zwei Jahren die J-League-Saison vermeintlich zufällig am 26. Februar begann, also Miuras 50. Geburtstag, verkündete der Altstar bei seiner eigenen Pressekonferenz nach dem Spiel hinter einer ihm von japanischen Medien geschenkten Torte, dass er noch nie ans Aufhören gedacht hatte.
In diesem Jahr verlängerte die Nummer 11 des FC Yokohama ihren Vertrag zum x-ten Mal. Wie schon so oft am 11. Januar, vormittags um elf Uhr und elf Minuten, verkündete „King Kazu“, noch genau ein weiteres Jahr dranzuhängen. Der öffentliche Rundfunk NHK zitierte Miura, dieser wolle „nicht eine einzige Minute und nicht eine einzige Sekunde“ seiner Karriere verschwenden. Angesichts seiner sportlichen Leistungen überraschen die steten Vertragsverlängerungen. 2017 machte Miura noch ein Saisontor. 2018 gelang ihm dies bei neun über das Jahr verteilten Kurzeinsätzen nicht mehr.
Beim Einsatz an seinem 50. Geburtstag vor zwei Jahren blieb der Applaus im Stadion während Miuras Ehrenrunde überraschend verhalten. Doch Kritik am Fußballgott ist nicht zu hören. Schon gar nicht jetzt, da Kazuyoshi Miura am 26. Februar seinen Geburtstag feiert. Was wiederum nach einem neuen Rekord schreit, ein Einsatz mit 52 Jahren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!