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USA und der Konflikt in SyrienEher Warnung als Ruf zu den Waffen

Der US-Generalstabschef Dempsey legt dar, wie die USA in dem Bürgerkriegsland militärisch eingreifen könnten. Fünf Optionen sieht er.

Hat nicht nur einen Plan: US-Generalstabschef Martin Dempsey. Bild: dpa

BERLIN taz | In die Debatte über eine stärkere Einmischung der USA in Syrien kommt Bewegung. In einem am Montag in Washington veröffentlichten Brief an den Senat erläutert US-Generalstabschef Martin Dempsey die militärischen Optionen der USA in Syrien, ihre Erfolgsaussichten, die Kosten und die Risiken. Dem vorausgegangen war eine Befragung Dempseys im Senat am vergangenen Donnerstag. Befürworter einer Intervention wie der republikanische Senator John McCain waren den General dabei hart angegangen.

Jetzt schreibt Dempsey, die Senatoren „verdienen meinen besten militärischen Rat zu der Frage, wie Gewalt angewandt werden könnte, um darüber zu entscheiden, ob sie angewandt werden sollte.“

Im Einzelnen beschreibt Dempsey fünf Möglichkeiten militärischen Eingreifens.

Erste Option: US-Militärs beraten und trainieren die syrische Opposition. Das erfordere „sichere Gebiete außerhalb Syriens und die Unterstützung unserer Partner in der Region“. Die Kosten schätzt der General auf rund 500 Millionen US-Dollar im ersten Jahr. Als Risiken sieht er, dass Extremisten davon profitieren könnten. Zudem fürchtet er Racheanschläge – und dass die USA möglicherweise mit Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht werden könnten, wenn man nicht genau weiß, wen man da ausbilde.

Zweite Option: Begrenzte Militärschläge gegen militärische Einrichtungen, Luftabwehr, Kommandozentralen und Nachschubwege der syrischen Armee. Dazu würden unter anderem „Hunderte Flugzeuge, Schiffe, U-Boote“ gebraucht. „Je nach Dauer würden die Kosten in die Milliarden gehen“, schreibt Dempsey. Risiken: Gegenschläge und Tote unter der Zivilbevölkerung.

Dritte Option: Einrichtung einer Flugverbotszone. Dazu wäre es nötig, die gesamte syrische Luftabwehr auszuschalten, die Flughäfen unbenutzbar zu machen, die Flugzeuge zu bombardieren. Die Kosten schätzt Dempsey auf rund eine Milliarde Dollar monatlich, es könnten auch US-Flugzeuge abgeschossen werden. Vor allem: Es sei nicht gesagt, dass die militärischen Fähigkeiten der syrischen Regierungsarmee dadurch ernsthaft getroffen würden, denn sie nutze größtenteils Mörser, Artillerie und Raketen.

Pufferzonen oder Kontrolle von Chemiewaffen?

Vierte Option: Die Einrichtung von Pufferzonen, vermutlich entlang der Grenzen zur Türkei und zu Jordanien. Diese Gebiete könnte die Opposition nutzen, um sich zu organisieren und auszubilden. Die Zonen müssten aber militärisch verteidigt werden, was sowohl den Einsatz von einigen Tausend US-Bodentruppen als auch die Einrichtung einer teilweisen Flugverbotszone erfordere. Das könne der Opposition helfen und den Flüchtlingsdruck auf Syriens Nachbarländer lindern. Allerdings seien die Kosten bei weit über einer Milliarde Dollar monatlich anzusiedeln, und die Pufferzonen böten das Risiko von noch mehr Toten, wenn sie syrischem Artillerie- oder Raketenbeschuss ausgesetzt seien.

Schließlich die fünfte Option: Kontrolle der syrischen Chemiewaffen, indem man sie entweder zerstört oder die wichtigsten Komponenten sicherstellt. Dazu wäre sowohl eine Flugverbotszone als auch der Einsatz Tausender Spezialeinsatzkräfte notwendig, und trotz der hohen Kosten, die eine Milliarde Dollar monatlich übersteigen, würde man nicht alle Chemiewaffen in seine Gewalt bringen können.

Der Brief zeigt: Das ist kein Aufruf zu den Waffen, eher eine Warnung. „Wenn wir eingreifen, müssen wir auf die nächsten Schritte vorbereitet sein.“ Es werde kaum zu vermeiden sein, tiefer in den Konflikt hineingezogen zu werden. Das sieht Dempsey als großes Risiko, „besonders in Zeiten von Haushaltskürzungen“.

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11 Kommentare

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  • VL
    vergessene Liebe

    Hmm? Es gibt auch eine sechste Option :

     

    (eine Option die leider dem General Dempsey aus USA patriotischen und Machtgründen verboten ist...)

     

    -----------

     

    Z.B. : Unterstützung für Syriens Assad- um den zivilen Staat Syriens zu reetablieren..

     

    -----------

     

    sowie: Ein Ende jeglicher Unterstützung für das Spektrum der Rebellen und deren Führern..

     

    -----------

     

    Denn: dieser `künstlich erzeugte´ Syrien-Krieg schreit zum Himmel!

     

    Ideologisch und religiös manipulierte junge Männer im Spektrum der Rebellen ruinieren und invalidieren ihre zivile LebensGlückPerspektive...

     

    -----------

     

    Für NICHTS ?

     

    -----------

     

    Na ja.. sie opfern sich für den MachtErhalt des Westens...

     

    Und für eigenes verbleiben in mittelalterlicher Dunkelheit...

     

    -----------

     

    Dempsey ist ein `militärischer Denker´ und leider kein aufklärerischer Humanist !

  • KS
    Kritische Stimme

    Die Empfehlung von US-Generalstabschef Martin Dempsey hat nichts mit Moral zu tun sondern ist nur eine technische Empfehlung fuer die USA-Politiker.Nach seiner Meinung kann die USA besser weitermachen wie bisher ueber Internet,Aufstaendische+deren Ausbildung von US-Spezialisten,Waffen+Finanzhilfe.USA war nie besorgt ueber Opfer und besonders nicht wenn es keine Amerikaner sind,nur das politische+Finanzresultat auf Dauer zaehlt

  • M
    Marcus

    Ich weiß Völkerecht ist momentan irgendwie out aber das erfüllt schon recht eindeutig den Tatbestand der Planung eines Angrifskrieges.

    • S
      SABIT
      @Marcus:

      Das Völkerrecht soll Menschen schützen. Zwingt es zum Nichtstun mit der Konsequenz, das Menschen zu Schaden kommen oder sogar sterben, ist es vollkommen sinnlos und sollte nicht beachtet werden. Den dann könnten Dikatoren und anderes Gesindel unter seinem Decknamen mit ihrer Bevölkerung tun, was immer ihnen angemessen erscheint... Und was dabei herauskommen kann, sollten gerade Deutsche immer im Blick haben und niemals vergessen.

  • S
    SABIT

    Die Aufforderung zum "kritischen Durchdenken liebgewonnener Denkmuster" kommt zumeist von denen,

     

    die mit ihren Denkmustern schon Jahrzehnte in einer strikt monogamen Ehe nach katholischstem

     

    Verständnis leben...

     

     

     

    Zum Thema "Imperialismus": Die meisten selbsternannten Moralapostel werfen diese Logik denen vor,

     

    die zumindest über verschiedene Handlungsoptionen - zu denen nun mal auch der Einsatz militärischer

     

    Gewalt gehört - nachdenken, während sie selbstgerecht glauben, durch strikten Pazifismus zu den

     

    "Guten" zu gehören und dabei stillschweigend noch mehr Todesopfer in Kauf nehmen.Und wenn ich an die

     

    Alternativen zu den USA denke - Russland und China, die Vorkämpfer für Menschenrechte - dann sind

     

    mir die USA trotz ihrer zahlreichen Fehler (Guantanamo, NSA, Irakkrieg - das könnte man endlos fortsetzen)

     

    immer noch lieber. Oder kennen sie eine auch praktisch anwendbare Alternative, die nicht nur in den

     

    theoretischen Utopien universitärer Selbstverliebheit und den Gedankenkonstrukten von Oberstudiendirektoren

     

    mit Germanistik- und Geschichtsstudium ohne Bezug zur Empirie existiert?

  • S
    SABIT

    Die Aufforderung zum "kritischen Durchdenken liebgewonnener Denkmuster" kommt zumeist von denen,

     

    die mit ihren Denkmustern schon Jahrzehnte in einer strikt monogamen Ehe nach katholischstem

     

    Verständnis leben...

     

     

     

    Zum Thema "Imperialismus": Die meisten selbsternannten Moralapostel werfen diese Logik denen vor,

     

    die zumindest über verschiedene Handlungsoptionen - zu denen nun mal auch der Einsatz militärischer

     

    Gewalt gehört - nachdenken, während sie selbstgerecht glauben, durch strikten Pazifismus zu den

     

    "Guten" zu gehören und dabei stillschweigend noch mehr Todesopfer in Kauf nehmen.Und wenn ich an die

     

    Alternativen zu den USA denke - Russland und China, die Vorkämpfer für Menschenrechte - dann sind

     

    mir die USA trotz ihrer zahlreichen Fehler (Guantanamo, NSA, Irakkrieg - das könnte man endlos fortsetzen)

     

    immer noch lieber. Oder kennen sie ein auch praktisch anwendbare Alternative, die nicht nur in den

     

    theoretischen Utopien universitärer Selbstverliebheit und den Gedankenkonstrukten von Oberstudiendirektoren

     

    mit Germanistik- und Geschichtsstudium ohne Bezug zur Empirie existiert?

  • @SABIT: Reden wir über den selben Artikel? Da lotet das US-Militär seine Chancen in einem Krieg gegen Syrien aus, und Sie reden von "Verschwörungstheorien", wenn es um imperialistische Machenschaften geht. Eine vernünftige Risikobewertung gehört nunmal zu einem Angriffskrieg dazu. Auch, wenn diese bisweilen negativ ausfällt und der Krieg leider verschoben werden muss.

     

     

     

    Ich weiss, die Interventionslogik der USA gilt vielen als heiliger Gral internationaler Politik. Aber versuchen Sie gelegentlich mal, tief durch zu atmen und liebgewonnene Denkmuster kritisch zu durchleuchten. Es gibt eine Menge zu entdecken da draussen!

  • M
    mustererkennung

    Soldaten wollen in der Regel keine Kriege, dabei kann man nämlich sterben, Politiker wollen Kriege, die sterben dabei nämlich in der Regel nicht, sondern wechseln danach in die Privatwirtschaft des Wiederaufbaus und werden reich. Jedenfalls in den USA.

  • HB
    Harald B.

    Die wichtigste und einzig richtige Option fehlt leider:

     

    HERAUSHALTEN aus diesem Konflikt.

     

    Das syrische volk steht mehrheitlich hinter Assad und will keinen Gottesstaat- Assad wird gewinnen. Leider stand Deutschland wiedereinmal auf der flachen Seite, zuviel Vasallentreue.

    • @Harald B.:

      Na klar man soll sich heraushallten aus diesem Konflikt es sollen ja noch mehr Menschen sterben. Die Bevölkerung steht hinter Assad? Stimmt das ergibt sinn! Deshalb hat er auch FREIDLICHE Proteste niedergeschossen. Und dann kritisiert mann die aufständischen die Waffen ergriffen zu haben. Bei allem Respekt ich möchte mal sehen was in DE los ist wenn die Bundeswehr ohne Anlass auf FRIEDLICHE Menschen schießt und dass die deutschen sich dann umdrehen, den Militärs, nach dem diese ihnen in den bauch geschossen haben, ihnen den rücken hinhalten. In deutschen Medien kann mann sich zwar nur schlecht über die arabische Revolution Informieren aber dass ... der kämpft Seite an Seite mit der Hisbollah und wirft denn aufständischen vor Terroristen zu sein. Und Sie glauben das auch noch?

  • S
    Sabit

    Wo sind die ganzen Verschwörungstheoretiker, die gerne etwas vom US-amerikanischem Imperialismus fasseln? Der höchste amerikanische General spricht sich de facto GEGEN einen militärischen Eingriff in Syrien aus. Aber das wird das Weltbild einiger Menschen auch nicht erschüttern können. Auf deren Erklärungsversuche sollte man gespannt sein...