USA und Sexualität: Sex, Handy, Fotos
In den USA werden zwei Jugendliche angeklagt. Der Grund: Sie haben Nacktbilder auf ihrem Smartphone gespeichert – von sich selbst.
Es ist Nacht, der Autofahrer braust vorzugsweise mit einem SUV auf Landstraßen durch wilde Wälder und ist mit seinen Gedanken doch ganz woanders, denn zwischen Gaspedal und Bremse sorgt seine Sektretärin für Fahrvergnügen der anderen Art.
In diesem Klischee des deutschen Fernsehkrimis folgt nun für gewöhnlich dies: Es rumpelt, die Powerkarre zermalmt aber keinen brünftigen Hirsch, sondern einen verirrten Mitmenschen. Dann allerlei Mühen, um diese Untat infolge sexueller Energien zu vertuschen, bevor schließlich die geile Wahrheit doch ans Licht kommt. Das passt zur restvitalen Sexualität im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – in den USA ist man aber natürlich schon drei Schritte weiter.
Jugendliche, die grundsätzlich mit offener Bluse und Hose Auto fahren, ihr Smartphone zwischen die Zähne klemmen und während der Fahrt Hunderte Nacktbilder an die ganze Welt versenden, sind bald keine Seltenheit mehr. Zumindest in der Wahrnehmung konservativer Pornopessimisten.
Darauf lässt der Fall eines jungen Pärchens schließen: Die 16-jährige Brianna Denson und der 17-jährige Cormega Copening wurden angeklagt, weil sie Nacktbilder auf ihren Smartphones gespeichert haben sollen. Die Krux: Auf den Bildern sind nur sie selbst zu sehen. Vier von fünf Anklagepunkten gegen den Jungen beziehen sich auf Nacktbilder von ihm. Das Mädchen hatte sogar ausschließlich Nacktbilder von sich selbst auf ihrem Gerät.
Enthaltsamkeit kann man nicht erzwingen
Konsequenterweise müsste man Jugendliche dann auch dafür bestrafen, sich selbst unter der Dusche nackt zu sehen oder sich durch Masturbation selbst sexuell zu belästigen.
Enthaltsamkeit kann man nicht erzwingen – zumal körperlicher Sex zwischen den beiden Teenagern sogar legal gewesen wäre. Nur für legale Sexbilder muss man über 18 Jahre alt sein.
Eine positive Auswirkung hat der Fall aber auch: Im Juli akzeptierte Brianna Denson einen Deal, der neben einem Jahr Bewährung und kleineren Auflagen, zum Beispiel für gemeinnützige Arbeiten, ein Jahr Handyverbot enthält. Nun willigte ihr Freund in ein ähnliches Angebot ein. Die technophilen Teenies müssen also fortan auf die Geräte ihrer Vorfahren ausweichen, wenn sie Spaß haben wollen: Kamera, Staubsauger, Backofen; RTL-Teletext, Flaschenpost, Staffelei, Akelei. Oder eben tatsächlich mal ihre Hintern in Bewegung setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste