piwik no script img

USA-Besuch von Itamar Ben-GvirEin Terrorist in Mar-a-Lago

Leon Holly
Kommentar von Leon Holly

Die Trump-Regierung macht Jagd auf „Terrorunterstützer“, die sie abschieben will. Wieso hofiert sie dann den israelischen Minister Itamar Ben-Gvir?

Itamar Ben-Gvir wird in Mar-a-Lago empfangen Foto: Screenshot X @itamarbengvir

S o kann das nicht weitergehen. Die Grenzen der USA sind offen für Kriminelle und Terrorunterstützer. Erst kürzlich wieder ist ein Terrorist aus dem Nahen Osten unbehelligt in die Staaten eingereist. Und dieser Terrorist durfte am Mittwoch sogar an der Yale University sprechen und wurde in Donald Trumps Anwesen in Mar-a-Lago empfangen. Die Rede ist von Itamar Ben-Gvir, seines Zeichens Rechtsextremist und Minister für Sicherheit im aktuellen israelischen Kabinett.

Ben-Gvir ist in Israel notorisch. Als 18-Jähriger war er selbst den israelischen Streitkräften zu extrem, die ihn vom Wehrdienst ausschlossen, 2007 verurteilte ihn ein Gericht wegen Terrorunterstützung und Anstachelung zum Rassismus.

Zu Besuch in den Goldenen Hallen Mar-a-Lagos traf Ben-Gvir zwar nicht den Präsidenten, wohl aber Geschäftsmänner aus Miami und Vertreter der Republikanischen Partei. „Sie unterstützten meine sehr klare Position, wie in Gaza zu verfahren ist, und dass die Lebensmittel- und Hilfsgüterdepots bombardiert werden sollten, um militärischen und politischen Druck zu erzeugen“, schrieb Ben-Gvir auf X.

Es fühlt sich fast ein wenig billig an, den Punkt so auszubreiten: Ja, der Terrorist ist eigentlich ein Minister jener israelischen Regierung, die von den USA und Deutschland mit Waffen gefüttert wird. Aber angesichts der politischen Stimmung dort wie hier muss das Offensichtliche benannt werden.

Besonders wenn man bedenkt, wer für die rechten und bürgerlichen Kräfte als Terrorunterstützer oder Extremist gilt. Das sind jene Studierenden, die gegen die Auslöschung des Gazastreifens demonstrieren, gegen das Aushungern der Zivilbevölkerung, gegen Angriffe auf Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, gegen die kaltblütige Hinrichtung von Rettungssanitätern. Unter dem Vorwand der Terrorunterstützung sollen sie aus den USA und aus Deutschland abgeschoben werden.

Selektive Sorge um jüdische Sicherheit

Um ihre Repression auf dem Campus zu rechtfertigen, leiht sich die Rechte die Sprache der „woken“ Linken. Man mache das alles, um jüdische Studierende zu schützen, um Diskriminierung und Antisemitismus zu bekämpfen. In Wahrheit bekämpft sie aber eine Studentenbewegung, die selbst überproportional jüdisch ist. Doch wenn linke Jüdinnen und Juden von Polizisten verprügelt werden, wie etwa bei der HU-Besetzung im Mai 2024, hört die Sorge um jüdische Sicherheit plötzlich auf.

Um ihre Repression zu rechtfertigen, leiht sich die Rechte die Sprache der woken Linken

Auch Ben Gvirs politisches Vorbild, Rabbi Meir Kahane, begann seine kriminelle Kar­rie­re in den USA als vermeintlicher Verteidiger der Juden vor Antisemitismus. Das war die Raison d’être für seine 1968 gegründete Jewish Defense League. Kahanes Gruppe aber griff die sowjetische Vertretung bei den Vereinten Nationen an, wollte Diplomaten entführen und die irakische Botschaft in Washington sprengen.

Nach einer Verurteilung in den USA begann Kahane seinen Feldzug in Israel, wo er die Versklavung oder Vertreibung aller Palästinenser forderte. Das Wahlkomitee schloss seine Kach-Partei deshalb von den Parlamentswahlen 1988 aus.

Kahane starb zwei Jahre später. Doch seine Ideologie lebt weiter, in der Regierungspartei Jüdische Stärke. Ihr Vorsitzender, ein gewisser Itamar Ben-Gvir, ist bekannt dafür, dass früher ein Porträt des Massenmörders Baruch Goldstein in seinem Wohnzimmer hing. 1994 hatte Goldstein mit einer AK-47 die Grotte der Patriarchen in Hebron betreten und 29 betende Palästinenser erschossen.

Wer unterstützt hier Terror?

Im Gazakrieg hört man von der Bundesregierung gelegentlich matte Worte zum Völkerrecht, genau wie zuvor noch von der Biden-Regierung. Doch die sind nur der hübsche Wattebausch für die gelieferten Bomben und die Panzermunition, mit denen das israelische Militär den Gaza­strei­fen plattmacht, also in etwa den Krieg führt, den sich Ben-Gvir wünscht. So sieht es dann aus: Die Terroristen sprechen an der Yale University, und die Terrorunterstützer sitzen in Washington und Berlin.

Die Terroristen auf der einen Seite leben bekanntlich von den Terroristen auf der anderen. Wieso sonst half Israel in den 1980ern, die islamistische Hamas in Gaza als Gegengewicht zur säkularen PLO aufzubauen? Wieso sonst schickte Netanjahu der Hamas Geld, mit dem Ziel, sie stark zu halten und einen palästinensischen Staat zu verunmöglichen? Es hat nichts mit Terrorunterstützung zu tun, darauf hinzuweisen, dass das so nicht weitergehen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Leon Holly
Jahrgang 1996, studierte Politik und Nordamerikastudien in Berlin und Paris. Von 2023 bis 2024 Volontär der taz Panter Stiftung. Schreibt über internationale Politik, Kultur, und was ihn sonst so interessiert.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!