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US-Waffenlieferungen an die UkraineTrump überlässt Kyjiw sich selbst

Mit der Begründung, die eigenen Bestände gingen zur Neige, will die US-Regierung einige dringend benötigte Waffen nicht an die Ukraine liefern.

Setzt „amerikanische Interessen zuerst“ – das Pentagon in Washington Foto: Patrick Semansky/ap/dpa

Washington afp | Das Weiße Haus stoppt eigenen Angaben zufolge einige wichtige Waffenlieferungen an die Ukraine, welche dem Land unter der Regierung von Ex-Präsident Joe Biden versprochen worden waren. „Diese Entscheidung ist getroffen worden, um die Interessen Amerikas an erste Stelle zu setzen, nachdem das Verteidigungsministerium die militärische Unterstützung und Hilfe unseres Landes für andere Länder auf der ganzen Welt überprüft hat“, erklärte die Vize-Sprecherin des Weißen Hauses, Anna Kelly, in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AFP. Sie bestätigte damit zuvor veröffentlichte Medienberichte.

„Die Stärke der US-Streitkräfte bleibt unbestritten – es genügt, den Iran zu fragen“, fügte Kelly hinzu.

Nach Angaben von Politico und anderen US-Medien betrifft der Stopp der Lieferungen an Kyjiw Raketen für Flugabwehrsyteme vom Typ Patriot sowie Präzisionsartillerie und Granaten.

Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Washington angesichts eines Rückgangs seiner eigenen Munitionsbestände besorgt sei. Laut Politico erkläre ein US-Beamter, der anonym bleiben wollte, eine Überprüfung durch das Pentagon habe ergeben, dass die Bestände einiger der Ukraine zugesagter Waffen zu gering geworden seien und dass einige anstehende Lieferungen nun nicht verschickt würden.

Beim Nato-Gipfel gab es noch vage Aussagen aus den USA

Pentagon-Sprecher Sean Parnell teilte auf Anfrage von AFP mit, die „US-Armee war nie mehr bereit und kompetenter als unter Präsident Trump und (Verteidigungs-)Minister Pete Hegseth.“

Bislang hat die Regierung von US-Präsident Trump – trotz der zeitweise konfliktreichen Beziehung zur ukrainischen Regierung – die unter Biden eingeleitete Militärhilfe für die Ukraine zumindest in Teilen weiter fortgeführt. Während der Amtszeit Bidens hatten die USA der Ukraine militärische Ausrüstung im Wert von mehr als 60 Milliarden Dollar (rund 51 Milliarden Euro) geliefert.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Anfang Juni vor massiven Auswirkungen für sein Land gewarnt, falls die USA die Unterstützung für die Ukraine kürzen oder ganz einstellen sollten. Die USA, einst größter Unterstützer der Ukraine, hatten seit Januar keine neuen Hilfen mehr für die von Russland angegriffene Ukraine beschlossen.

Die Ankündigung des Stopps erfolgte nur wenige Tage nach einem Treffen zwischen Trump und Selenskyj beim Nato-Gipfel in Den Haag. Trump hatte dort Selenskyj gegenüber eine sehr vage Antwort auf die Frage nach einer Lieferung weiterer Patriot-Luftabwehrsysteme gegeben, welche sich die Ukraine für ihren Verteidigungskrieg dringend wünscht. „Wir werden sehen, ob wir welche zur Verfügung stellen können. Sie sind sehr schwer zu bekommen“, sagte Trump dazu.

Immer mehr russische Drohnenangriffe

Die Ukraine sieht sich derzeit verstärkten russischen Angriffen ausgesetzt. Die Anzahl der von Russland abgefeuerten Drohnen mit hoher Reichweite stieg im Juni im Monatsvergleich um 36,8 Prozent an, wie eine Analyse der AFP am Dienstag ergab. Die Angriffe stellen die Luftabwehr und die erschöpfte Zivilbevölkerung auf eine harte Probe, während die Gespräche zwischen Kiew und Moskau über eine Waffenruhe in dem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg stocken.

Derweil wurde bei einem russischen Drohnenangriff in der ukrainischen Region Charkiw am Mittwochmorgen mindestens ein Mensch getötet. Wie Regionalgouverneur Oleh Synehubow im Onlinedienst Telegram mitteilte, wurde zudem ein weiterer Mensch verletzt. Charkiws Bürgermeister Igor Terechow meldete seinerseits bei Telegram einen russischen Angriff auf den Stadtbezirk Nowobawarskyj.

Die ukrainische Armee erklärte unterdessen, sie habe eine Ölraffinerie in der westrussischen Region Saratow getroffen. Die Raffinerie werde von Moskau genutzt, um die russischen Einheiten im Kampf gegen die Ukraine mit Benzin und Schmierstoffen zu versorgen. Die russischen Behörden bestätigten den Angriff zunächst nicht.

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8 Kommentare

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  • Im Grunde soll das eine Arbeitsteilung werden. Trump hat der EU befohlen, 5% des BIP in Rüstung zu stecken und damit den Krieg gegen Russland weiterzuführen, damit die USA sich China zuwenden kann.

    Im Endeffekt werden dann beide Erzfeinde des Westens bekämpft und deren Rohstoffe friedlich ausgebeutet.

    Dann wird die Welt wieder gut.

    So ungefähr stellt es sich im Weltbild von Trump, Rutte und den führenden EU-Vertretern dar.

  • Ein Schurkenstück , wenn ich auch erwartbar. Die Ukraine kann sehen, wo sie bleibt , hier kann ja keine 2. Riviera oä. installiert werden. So geht's uns mit Sicherheit auch, wenn es Putin mal einfällt, in Mitteleuropa einzumarschieren!



    Das Schlimme: wir Europäer sind kaum besser! Ja ,wir liefern Waffen aber längst nicht genug.



    Und die Menschen leben weiter im Krieg , ständig in Angst. Verlieren Angehörige, werden selbst verletzt, verlieren ihr Hab und Gut, Ihre Häuser......



    Wie lange noch? Wieviel Jahre noch?

  • Warum auch Waffen liefern? Die USA haben ihren Rohstoffdeal und die Russen werden es ja wohl nicht wagen Rohstoffe anzutasten auf denen die USA die Hand hat. Trump und seine Genossen wollen schlichtweg nicht. Sie baden sich in ihrem Iran-Erfolg und glauben jetzt würden alle, inklusive Russland, auf ihre Linie einschwenken. Putin lacht sich kaputt. Trump als Präsident ist das beste was Putin seit Beginn des Krieges passiert ist.

  • Keine Ahnung für was die USA "Patriots" in den Staaten benötigen.



    Angriffe aus Mexico oder Canada?

    • @LeKikerikrit:

      Von "in den Staaten" steht da nichts. Schon im Vorfeld des Angriffs von Israel auf den Iran wurden ehemals für die Ukraine bestimmte Abwehrraketen zu den US-Stützpunkten im mittleren Osten umgelenkt.

    • @LeKikerikrit:

      Trumps Prioritäten haben sich anscheinend verändert. Die Patriots gehen nun wohl eher in den Nahen Osten und dort vermutlich auf die amerikanischen Militärbasen und nach Israel.

      • @Thomas Müller:

        Die Ukraine war nie Trumps Priorität. Er bewundert Putin. Einzig als sie ihm Kompromat in der Hunter Biden Geschichte liefern sollten war sie für ihn interessant.

    • @LeKikerikrit:

      Nach allem was man so hört und liest, sind Russen und Chinesen dabei alles und jeden anzugreifen.



      "Hegseth in Singapur – „Wir bereiten uns auf einen Krieg vor“



      Die USA seien bereit zu kämpfen und zu siegen, sagt US-Verteidigungsminister Pete Hegseth mit Blick auf China. Seine Rede in Singapur zeichnet ein düsteres Bild von dem, was Asien drohen könnte." Handelsblatt